"fit & fröhlich"

"fit & fröhlich": Vegan-vegetarisches Catering aus der Region

Tim Rühle bietet mit der fit & fröhlich GmbH ein regionales und vegan-vegetarisches Catering im Großraum Stuttgart an. Bereits zweimal hat er sich für Veranstaltungen bio-zertifizieren lassen, zuletzt nach der neuen Bio-AHV-Verordnung. Im Interview berichtet er von den Chancen und Herausforderungen der Bio-Zertifizierung, der Idee hinter fit & fröhlich und von seinen Ideen, wie eine nachhaltige Ernährung in der Gesellschaft etabliert werden kann.

Tim Rühle

Tim Rühle ist Gründer und Geschäftsführer der fit & fröhlich GmbH. Als Ernährungsberater und ehemaliger Leistungssportler war es sein Wunsch, Menschen mit gesundem Essen zu überzeugen, das nicht nur lecker schmeckt und saisonal ist, sondern auch möglichst von lokalen Erzeugerinnen und Erzeugern stammt. Mit fit und fröhlich hat er seine Idee verwirklichen können und bietet mit sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Catering für Privat- und Geschäftskundinnen und -kunden im Großraum Stuttgart an.

Vor einer dauerhaften Bio-Zertifizierung habe ich mich bisher gescheut, weil ich den Mehraufwand sehr hoch eingeschätzt habe. Tatsächlich denken wir aber verstärkt über eine dauerhafte Bio-Zertifizierung nach. Und wenn, dann in der Gold-Kategorie.

Oekolandbau.de: Die fit & fröhlich GmbH ist ein junges Unternehmen. Wie kam es zur Gründung?

Rühle: Im Sommer 2020 hatten wir für vier Wochen einen Pop-up-Store in unserer Heimatstadt Herrenberg. In dieser Zeit wollten wir testen, wie unser Konzept, ausschließlich vegetarisches bis veganes und regionales Essen anzubieten, in einer Kleinstadt mit 35.000 Einwohnern ankommt. Das kam so gut an, dass klar war: Das machen wir weiter! Corona hat uns zwar einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht, aber wir sind trotzdem drangeblieben und haben dann Ende 2021 die fit und fröhlich GmbH gegründet. Seit Anfang 2022 sind wir als Cateringunternehmen im Großraum Stuttgart unterwegs. Und das mit wachsendem Erfolg und ganz tollem Feedback unserer Kundschaft.

Oekolandbau.de: Wer zählt zu Ihrer Kundschaft?

Rühle: Unser Fokus liegt auf speziellen Events, zum Beispiel für Unternehmen, die großen Wert auf das Thema Gesundheit und Nachhaltigkeit legen, wie Fitnessstudios und Krankenkassen, oft im Rahmen von Veranstaltungen wie den Gesundheitstagen. Aber auch Privatpersonen, die selbst vegan oder vegetarisch leben und sich für ihre Hochzeiten, Geburtstage oder andere Familienfeiern ein entsprechendes Catering wünschen. Ab 10 bis 15 Personen bieten wir ein Catering an, wenn es sich von der Entfernung her lohnt. In der Stadt fahren wir das Essen mit dem Lastenrad aus. Das ist natürlich auch ein kleiner Marketingvorteil, denn mit dem bedruckten Lastenrad machen wir zusätzlich auf uns aufmerksam.

Oekolandbau.de: Wie setzen Sie das Thema Regionalität um?

Rühle: Wir arbeiten mit vielen lokalen Erzeugerinnen und Erzeugern zusammen. Wir versuchen immer, lokale Produkte in unser Angebot zu integrieren. Das fällt uns auch relativ leicht, da die Vielfalt in und um Herrenberg sehr groß ist. Quinoa beziehen wir sogar aus Herrenberg. Und auch Linsen, Kartoffeln und jetzt gerade die Wintergemüsevielfalt bekommen wir von regionalen Betrieben. Das Thema Regionalität wird auch von unseren Kundinnen und Kunden sehr geschätzt.

Oekolandbau.de: Sie zählen zu den ersten Unternehmen, das für ein Event nach der neuen AHVV nach dem Gold-Standard zertifiziert wurde. Wie kam es dazu?  

Rühle: Eine Kundin hatte angefragt, ob wir für ihre Geburtstagsfeier mit circa 60 Gästen ein Bio-Catering anbieten könnten. Die Kundin war durch die Öko-Feldtage auf uns aufmerksam geworden. Für die Öko-Feldtage hatten wir uns bereits für eine Veranstaltung bio-zertifizieren lassen. Das Verfahren war uns deshalb bereits bekannt. Ich habe zwar mitbekommen, dass in der Zwischenzeit eine neue AHVV eingeführt wurde, konnte im Verfahren jetzt aber keine Unterschiede zu damals feststellen. Für uns war klar, wenn wir Bio anbieten, dann mit der Gold Kategorie.

Oekolandbau.de: Wie aufwendig war die Event-Zertifizierung für Sie?

Rühle: Ich will nicht verhehlen, dass es viel Arbeit ist, aber es war viel weniger Aufwand, als ich ursprünglich gedacht hatte. Schließlich muss man in einem Antrag beschreiben, was man genau machen bzw. anbieten möchte. Im Vorfeld muss das Angebot so detailliert wie möglich ausgearbeitet werden, um sicherzustellen, dass man die Zutaten für das angebotene Menü auch in Bio-Qualität bekommt. Das erfordert einiges an Recherchearbeit im Vorfeld. Wir haben das Glück, dass es bei uns in Herrenberg drei Bio-Läden gibt und wir dort auch lokale Produkte in Bio-Qualität einkaufen konnten.

Wir haben alle Belege an unsere Kontrollstelle, die Gesellschaft für Ressourcenschutz, geschickt und dann war eigentlich schon das meiste erledigt. Auch die getrennte Lagerung von konventioneller und biologischer Ware war für eine einzelne Veranstaltung kein Problem. Wir würden das auf jeden Fall wieder machen.

Oekolandbau.de: Könnten Sie sich vorstellen, Ihr Unternehmen dauerhaft bio-zertifizieren zu lassen? 

Rühle: Vor einer dauerhaften Bio-Zertifizierung habe ich mich bisher gescheut, weil ich den Mehraufwand sehr hoch eingeschätzt habe. Tatsächlich denken wir aber verstärkt über eine dauerhafte Bio-Zertifizierung nach. Und wenn, dann in der Gold-Kategorie.

Da wir großen Wert auf saisonale Produkte legen, und das ist Gott sei Dank auch in den Bio-Läden oft der Fall, haben wir festgestellt, dass die Verfügbarkeit von Obst und Gemüse, die wir für die letzten bio-zertifizierten Veranstaltungen eingeplant hatten, eigentlich immer gegeben war. Unser regulärer Gewürzhändler ist auch bio-zertifiziert und im Bereich der Trockenprodukte wie Nudeln und Hülsenfrüchte verwenden wir schon einen relativ hohen Bio-Anteil. 

Aber auch wenn ich selbst von Bio überzeugt bin, muss ich auch unternehmerisch denken. Und da stelle ich mir natürlich auch die Fragen: Wie groß ist der Markt? Und wie entwickelt sich das Thema Bio in der AHV? Schafft man einen Mehrwert für die Kundschaft? Bisher ist es so, dass die wenigsten Kundinnen und Kunden von sich aus ein Bio-Catering anfragen. Eventuell schaffe ich mit Bio eine zusätzliche Hürde, denn der Preis würde natürlich entsprechend steigen. Das ist für uns als kleiner Betrieb eine Existenzfrage. Denn dadurch, dass wir mit dem Thema vegan und vegetarisch schon eine Nische besetzen, haben wir bereits eine erste Hürde geschaffen und bereits potentielle Kundschaft verloren.

Oekolandbau.de: Um wie viel würde der Preis Ihrer Gerichte nach einer Bio-Zertifizierung steigen?

Rühle: Ich rechne mit einer Kostensteigerung von 10 bis maximal 20 Prozent. Die gute Nachricht ist, dass wir bei Obst und Gemüse nicht so weit über den Preisen für konventionelle Produkte liegen. Milchprodukte und Eier sind im Schnitt 15 bis 20 Prozent teurer. Hier ist es natürlich ein Vorteil, dass wir kein Fleisch und keinen Fisch anbieten, wo die Preisunterschiede besonders krass sind.  

Oekolandbau.de: Haben Sie schon erste Ideen, wie Sie die Bio-Zertifizierung bei potentiellen Kundinnen und Kunden bewerben könnten?

Rühle: Das ist natürlich erklärungsbedürftig. So müsste man wahrscheinlich auf seiner Homepage erklären, inwiefern sich Gold von Silber oder Bronze unterscheidet. Ich sehe hier aber tatsächlich durch die Verwendung des bekannten Schemas von "Gold, Silber, Bronze" tatsächlich weniger Schwierigkeiten. Auf dem Zertifikat steht dann auch noch einmal, wofür Gold steht, also 90 bis 100 Prozent Bio-Anteil. Ich glaube, dass das auch ganz gut zu kommunizieren wäre. Da sehe ich eigentlich wenig Hürden.

Oekolandbau.de: Wie schätzen Sie die Haltung anderer AHV-Betriebe zum Thema Bio-Zertifizierung ein? 

Rühle: Über das Thema Bio wird noch relativ wenig gesprochen. Letztendlich stehen wir alle vor der gleichen Frage: Wie wird das Bio-Angebot von den Kundinnen und Kunden angenommen und können wir die höheren Preise, die wir dann verlangen müssen, an die Kundschaft weitergeben? Gerade vor dem Hintergrund, dass die Preise in den letzten zwei Jahren schon massiv gestiegen sind, frage ich mich, ob man diese Mehrbelastung den Menschen zumuten kann. Hier sehe ich vor allem im Geschäftskundenbereich noch Potenziale, aber die muss man sich auch erst einmal erschließen und aktiv Vertrieb machen. 

Oekolandbau.de: Was müsste man tun, um Menschen für saisonale und regionale Produkte mehr zu begeistern?

Rühle: Man müsste definitiv sehr früh ansetzen, schon in der Schule. Vielleicht sollte das Thema Ernährung sogar in den Bildungsplan aufgenommen werden – auch im Hinblick auf die Aufklärung über die gesundheitlichen Einflüsse der Ernährung. Denn das Thema Ernährung ist sehr stark von Gewohnheiten und kulturellen Hintergründen geprägt. Und bei den Erwachsenen, die wir heute erreichen wollen, sind Veränderungen im Ernährungsverhalten sehr schwer umzusetzen.


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