Ein über viele Jahre entwickeltes System von Vertragsanbau ist die Zusammenarbeit der Öko-Bauernhöfe Sachsen (ÖBS) mit dem Tiefkühlgemüsehersteller Frosta. Die ÖBS fungiert als Liefergemeinschaft von circa 20 Landwirtschaftsbetrieben, die Gemüseerbsen, Bohnen, Möhren und andere Gemüsearten für Frostereien und die Herstellung von Babynahrung anbauen. Bis zum Jahreswechsel werden der Anbauumfang sowie die Anbaukonditionen für die Aussaat im folgenden Frühjahr zwischen dem Verarbeitungsunternehmen und der Erzeugergruppe fest vereinbart. Da das Erntefenster aufgrund der geforderten Qualität sehr klein ist, ist eine enge Abstimmung von Verarbeitung und Landwirtschaftsbetrieb sehr wichtig. Für Frosta bedeutet die langjährige Zusammenarbeit Versorgungssicherheit mit lokaler Ware, überwiegend von Verbandsbetrieben, die auch entsprechend gelabelt verkauft werden kann.
Ein anderes Beispiel ist der Tofuhersteller Taifun im Breisgau. Mehr als 20 Jahre arbeitet Taifun inzwischen mit verschiedenen Landwirtinnen und Landwirten in Deutschland, Frankreich und Österreich zusammen. Das Unternehmen ist in der Saatgutvermehrung genauso aktiv wie in der Erfassung, Trocknung und Reinigung der Sojabohnen. Mit Jahrespreisen, die deutlich über denen von Futtersoja liegen, bietet es den Landwirtschaftsbetrieben faire Konditionen. Sie haben damit nicht nur den Sojaanbau in nördliche Regionen gebracht, sie sichern sich damit auch Ware von heimischen Landwirtschaftsbetrieben. Taifun lädt einmal im Jahr alle Vertragslandwirtinnen und -landwirte ein, um Einblicke in die wichtigsten Märkte und neue Produkte zu geben. An diesem Tag findet auch die Übergabe der Sojaernte an Taifun statt. Ein Ritual, welches nach Auskunft von Taifun die besondere Wertschätzung für die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte zum Ausdruck bringt. Auf der Webseite des Deutschen Sojaförderrings e.V. findet sich eine Broschüre zum Vertragsanbau von Sojabohnen.
Auch der Sauerkonservenhersteller Alfred Paulsen mit seinen Marken "Marschland-Naturkost" für den Naturkosthandel und "bio fit" für den Lebensmitteleinzelhandel kann seine Produktvielfalt von Obst- und Gemüsekonserven nur deshalb anbieten, weil er eine Vielzahl von Vertragslandwirtinnen und -landwirten hinter sich hat. Da der Verarbeiter Mitglied von Demeter, Bioland und Naturland ist und auf den Produkten unterschiedliche Verbandslabel stehen, braucht das Unternehmen auch Landwirtschaftsbetriebe aus den verschiedenen Verbänden als Vertragspartner. Im Vertragsanbau werden Einlegegurken, Weißkohl für Sauerkraut, Rote Bete, Rotkohl, Sellerie und Kürbis in Niedersachsen und Schleswig-Holstein produziert. "Die Rohwarensituation ist so eng, dass wir unsere Ware direkt bei der Aussaat auf dem Feld sichern müssen. Nach Ausverkauf der Ware haben wir keine Chance", meint Eigentümer Alfred Paulsen.
Vertragsanbau als Motor für Innovation
Vertragsanbau gilt als Motor für Produktentwicklungen, insbesondere dann, wenn die Rohstoffe noch nicht in den gewünschten Mengen, Qualitäten oder Herkünften verfügbar sind. So wäre die Wiedereinführung der Hirse in Deutschland ohne Vertragslandwirtinnen und -landwirte bei der Spreewälder Hirsemühle nicht möglich gewesen. Auch die Herstellung von Leindotteröl oder Senföl bei der Ölmühle Moog hätte ohne Vertragsanbau nicht erfolgen können. Immer wenn es um Innovationen geht, wie zum Beispiel dem Anbau neuer Fruchtarten, gibt es gute Gründe, landwirtschaftliche Rohstoffe aus Vertragsanbau zu beziehen. Durch Vertragsanbau haben Verarbeitungsunternehmen verschiedene Möglichkeiten, sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu differenzieren. Denn die Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden jeden Tag neu, welche Produkte sie kaufen.