Auf der Suche nach alternativen Proteinquellen gibt es in Deutschland einige Unternehmen, die Insekten konventionell züchten und verarbeiten. Immer mehr Produkte auch für die menschliche Ernährung finden sich im Handel. So gibt es Insektennudeln, wo beispielsweise das Weizenmehl durch Insektenmehl ersetzt wird. Seit 2019 gibt es auch bei der Drogeriemarktkette dm Insektennudeln – allerdings nur im Online-Shop. Hergestellt wird die Pasta vom Unternehmen "Plumento Foods", das neben Nudeln auch Kekse, Granola und Croutons aus Insektenmehl produziert. Die Buffalowürmer für die dm-Insektenpasta werden in den Niederlanden gezüchtet.
Auch Insektenburger sind keine Unbekannten mehr und haben zum Beispiel über die Burgergrillkette Hans im Glück deutschlandweit eine Verbreitung gefunden. Nur besteht der Burger nicht aus Bio-Insekten. Der Hersteller Bugfoundation liefert den Bratling an die Burgerkette und berichtet zunehmend von einer Kundennachfrage, die die Burgereinlage auch in Bioqualität wünschen.
Einheitliche Regelungen fehlen: Interview mit Florian Berendt
Ein Experte für die Verwendung von Insekten als alternative Proteinquelle ist der selbstständige Unternehmer Florian Berendt von EntoSus. Er vermutet in Deutschland auch für die ökologische Insektenverarbeitung ein großes Potenzial. Nach seiner Einschätzung dürften die Insekten überwiegend in der Tierernährung als Proteinquelle ein Wachstumsmarkt sein. Gerade die ökologische Verarbeitung von Bio-Insekten ist seiner Meinung nach ideal, um den Kreislaufgedanken konsequent umzusetzen. Oekolandbau.de hat ein Interview mit Berendt geführt.
Oekolandbau.de: Welche Gründe sprechen für die Verwendung von Insekten?
Berendt: Es gibt viele Gründe, die für eine Verwendung von Insekten sowohl in der Tierernährung als auch in der Humanernährung sprechen. In der Tierernährung spielt vor allem die Versorgung mit hochwertigen Proteinen eine wichtige Rolle. Insekten können unabhängig von landwirtschaftlichen Nutzflächen produziert werden. Sie bieten in der Tierernährung eine sehr gute Alternative zu Soja und Fischmehl, beides weitestgehend keine Futtermittel, die mit Nachhaltigkeit glänzen.
In der Tierernährung bieten sich Möglichkeiten, endlich auf konventionell produzierte Aminosäuren zu verzichten. Des Weiteren können Insekten für die Fütterung auf organischen Nebenprodukten aus der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft wie Mist oder Absortierungen von Obst und Gemüse gezüchtet werden. Davon fallen allein in Deutschland jährlich insgesamt 92 Millionen Tonnen an.
Aber auch in der Humanernährung werden Insekten zukünftig eine immer größere Rolle spielen. Was in anderen Kulturen völlig normal ist, gewinnt nun auch, vor allem aus dem Aspekt der Nachhaltigkeit, in unserer westlichen Gesellschaft wieder mehr an Bedeutung. Auch hier als Proteinlieferant oder als Ersatzprodukt zu "normalen" Fleischprodukten. So können durch den direkten Verzehr zum Beispiel eines Burgers aus Grillen anstatt aus Rindfleisch große Mengen an CO2, Wasser, Futtermitteln und Land eingespart werden.
Oekolandbau.de: Warum gibt es in Deutschland keine Bio-Verarbeiter von Insekten für den tierischen und menschlichen Speiseplan? Welche Bedingungen müssten erfüllt sein, damit sich Verarbeitungsunternehmen auf dieses neue Terrain auch im Bio-Bereich wagen?
Berendt: Das größte Problem ist, dass es noch keine einheitliche Regelung zur ökologischen Erzeugung und Verarbeitung von Insekten gibt. Die Europäische Kommission hat Anfang des Jahres 2019 angefangen, erste Regelungen zu entwerfen und diese auch mit den entsprechenden Interessensverbänden zu teilen und zu besprechen. Leider ist diese Regelung nun erst einmal wieder vom Tisch, da die EU-Verordnung für den Ökolandbau keine Vorschriften zur Insektenverarbeitung kennt.
Naturland hat 2019 eigene Standards entwickelt, um eine Verwendung in der nachhaltigen Fütterung für die Aquakultur zu ermöglichen. Inwieweit dies aber bio-zertifizierten Unternehmen nützt, ist fraglich, da es kein offiziell im Bio-Anbau zugelassenes Futtermittel ist. Jedoch wird erkennbar, dass hier viel passiert. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es einheitliche Regelungen zur Fütterung gibt und dann wird auch einer Aufnahme der Insektenproduktion und Verarbeitung in die Öko-Verordnung nichts mehr im Wege stehen.
Oekolandbau.de: Sind Lebensmittel aus Bio-Insekten ein wachsender Markt oder tun sich die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher schwer damit, Insekten zu essen? Wo sehen Sie die größten Potenziale für die Bio-Verarbeitung von Insekten?
Berendt: Ich persönlich sehe vor allem kurz- und mittelfristig das größte Potenzial in der Produktion als Futtermittel. Aber auch beim menschlichen Verzehr sieht man immer mehr, dass ein Umdenken stattfindet. Und so denke ich, dass es für nachfolgende Generationen völlig normal sein wird, Insektenprodukte zu verzehren. Das beste Beispiel, für einen solchen Wandel in der Akzeptanz, ist Sushi. Vor einigen Jahren konnte sich kaum einer vorstellen, rohen Fisch zu essen, heute völlig normal.
Insekten als Nahrung bieten viel Potenzial
Einige Länder haben schon Wege aufgezeigt, wie die Bio-Verarbeitung von Insekten erfolgreich funktionieren kann. Gemeinsam ist den Unternehmensgründerinnen und -gründern der Innovationsgeist und die Freude an dem Rohstoff Insekten. Voraussetzung zur Umsetzung und der kompletten Bio-Erzeugung von der Zucht über die Verarbeitung bis hin zum Endprodukt im Land sind aber klare EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau.