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Die Mischung macht's – vom Acker bis zum Brotkorb!

Insgesamt 27 Praxisbetriebe arbeiten für drei Jahre gemeinsam mit der Universität Kassel, dem Berufsverband Die Freien Bäcker e. V. und der Bildungsgesellschaft Atelier Ernährungswende gUG im Projekt "VORWERTS" an zukunftsfähigen Lösungen für eine regionale Ernährungssicherung in Zeiten des Klimawandels. Elf Handwerksbäckereien verarbeiten nun erstmals Weizen, der in Mischkultur mit Körnererbsen angebaut wurde. Die ersten Backwaren aus Mischkultur werden seit dem 3. Februar 2025 in den beteiligten Bäckereien angeboten

Wintererbse und Weizen in Mischkultur. Klick führt zu Großansicht.

Wintererbse und Weizen in Mischkultur. Foto: Torsten Siegmeier

"Der Klimawandel betrifft nicht nur die Landwirtschaft. Wenn wir weiterhin regional gutes Mehl beziehen wollen, dann müssen wir alle gemeinsam an Lösungen arbeiten", so Laura Schendzielorzvon Köhlers Vollkornbäckerei in Würzburg. Die Bio-Bäckerei, sowie weitere 26 Betriebe, sind Teil eines Forschungsprojektes der Universität Kassel, das in ganz Deutschland den Anbau, die Ernte, Verarbeitung und Vermarktung von Weizen aus Mischkultur testet.

Der Ansatz, Innovationen direkt in der Praxis und unter realen Bedingungen zu erforschen und weiterzuentwickeln, ist zukunftsweisend. Denn der gängige Weg aus der Wissenschaft bis zur Anwendung ist lang und kostet viel Zeit – Zeit, die in Hinblick auf die Klimakrise sehr knapp ist.

Bereits jetzt sind Betriebe vor Ort ganz konkret mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert. So hängt beispielsweise die Backqualität des Getreides von vielen Faktoren ab: von den Niederschlägen, Temperaturen und Bodenbedingungen auf dem Feld, dem Krankheitsdruck während der Anbausaison und der Witterung zur Erntezeit. Diese und andere Faktoren werden direkt vom Klimawandel beeinflusst. Starkregen, Trockenheit oder Hitzeperioden aber auch neue Pflanzenkrankheiten machen die Erzeugung von gutem Backgetreide mancherorts und in manchen Jahren immer schwieriger. Die Anbaurisiken werden dadurch immer größer.

Vielfalt schafft Stabilität bei Backqualität und Erntemenge

Eine wichtige Strategie, um Risiken abzupuffern, Ertragsausfälle zu vermeiden und die Backqualität zu sichern, ist mehr Vielfalt auf dem Acker, zum Beispiel durch Mischkultur. So bezeichnet man den Anbau von zwei oder mehr Pflanzenarten zur gleichen Zeit auf demselben Feld.

Verschiedene Pflanzenarten auf dem Acker erschweren die Ausbreitung von Krankheitserregern, unterdrücken unerwünschtes Unkraut, und ergänzen sich in vielerlei Hinsicht in Ihren Ansprüchen und Bedürfnissen. Unterschiedliche Wurzelsysteme beispielsweise führen zu weniger Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe. Und wenn das Wetter dem einen Mischungspartner übel mitspielt, dann kann die andere Pflanzenart die Lücken füllen und Ausfälle kompensieren. Wenn man auch noch Erbsen, die Stickstoff aus der Luft aufnehmen können, als Mischungspartner mit Weizen anbaut, dann lassen sich so zuverlässiger bessere Backqualitäten erzeugen – und das ohne zusätzlichen Dünger.

In Zeiten von Flächenknappheit und wachsender Weltbevölkerung ist Mischkultur damit ein Ansatz zur sogenannten ökologischen Intensivierung, das heißt der Ertragssteigerung ohne höhere Mengen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Komplexe Lösungen für komplexe Probleme

Mischkultur birgt neben vielen Vorteilen aber auch Herausforderungen, insbesondere wenn die Ernte nicht als Tierfutter sondern für die Lebensmittelverarbeitung genutzt wird. Fragen gibt es zum Beispiel bezüglich des richtigen Erntezeitpunktes oder der Trennung von Weizen- und Erbsenkörnern nach der Ernte. Dafür braucht es Forschung und mutige Praxispartnerinnen und -partner entlang der Wertschöpfungskette, die den gesamten Prozess bei sich im Betrieb testen.

Genau da setzt das durchs Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte Forschungsprojekt "VORWERTS" an (Verwendung Oekologischer Rohstoffe in regionalen Wertschöpfungsketten als Reallabor).

Vielfalt schmeckt!

Seit 3. Februar gibt es nun erstmals "Mischkulturbrot" in den teilnehmenden Bäckereien zu kaufen. Dabei unterscheiden sich Brot und Gebäck aus Mischkulturweizen laut Bäckermeister Christian Lecht, Inhaber des Bio-Backwerk in Hannover, sensorisch nicht von anderen handwerklich erzeugten Backwaren.

Die Gebäcke werden wie gewohnt mit der gleichen Sorgfalt und Zeit sowie ohne Zusatz-und Verarbeitungshilfsstoffe hergestellt. Die Bäckereien testen in diesem Zuge auch verschiedene Marketingmaterialien, um die Kundschaft möglichst spielerisch auf das Thema aufmerksam zu machen. Denn Backwaren aus Mischkulturweizen bieten einen hohen Zusatznutzen: für unser Klima, die Artenvielfalt, die Ackerböden, den Schutz des Grundwassers, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und für die Sicherung unserer Ernährung sowie die regionale Landwirtschaft. Mit diesem Wissen schmecken Brot und Gebäck aus Mischkulturen vielleicht doch etwas anders – und besser.

Weitere Informationen:

Quelle: Pressemitteilung VORWERTS, Universität Kassel

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