Ökologische Landwirtschaft an der Uni Kassel studieren

Wir stellen vor: Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel

Gleich mehrere Alleinstellungsmerkmale kennzeichnen das Landwirtschaftsstudium im Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel: eine lange Tradition in der Beschäftigung mit Umweltthemen, die internationale Ausrichtung und die Art und Weise, wie verschiedene wissenschaftliche Disziplinen zu einem vernetzten Denken und Handeln zusammengeführt werden.

Vielfältige Studiengänge mit ökologischer Ausrichtung

Bereits im Jahr 1973, als Klimawandel und Umweltzerstörung noch weit weg schienen, wurde am Fachbereich Agrarwissenschaften der erst zwei Jahre zuvor gegründeten Universität Kassel einen Ergänzungsstudiengang Ökologische Umweltsicherung eingeführt. Die Einrichtung der deutschlandweit ersten Professur für Methoden des alternativen Landbaus 1981 und der Start des sogar weltweit ersten universitären Studiengangs für ökologische Landwirtschaft 1995 sind weitere Meilensteine in der Geschichte des Fachbereichs, der seit 2002 offiziell den Namen "Ökologische Agrarwissenschaften" trägt.

Als einziger von insgesamt elf Fachbereichen der Universität hat er seinen Standort nicht in Kassel, sondern in der rund 30 Kilometer weiter östlich in Richtung Göttingen gelegenen Kleinstadt Witzenhausen im Werratal. "Der Campus ist inmitten einer sehr schönen Landschaft gelegen", berichtet Andreas Kleinlein, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften. Die geografische Lage in der Mitte Deutschlands sei auch insofern ideal, als die Studierenden aus der gesamten Bundesrepublik und darüber hinaus hierherkommen. Das hat seinen Grund: Mit seiner 100-prozentigen Fokussierung auf den ökologischen Landbau, der Verknüpfung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen in der Beschäftigung mit ökologischen Fragestellungen und der Art und Weise, wie er auf universitärer Ebene Lehre und Forschung miteinander verbindet, gilt der Fachbereich europaweit als einzigartig.

Im Wintersemester 2022/2023 haben laut Universitätsstatistik insgesamt rund 1.100 Menschen (55 Prozent weiblich) hier studiert. Zu etwa 30 Prozent handelte es sich um internationale Studierende. Aus welchen Ländern kommen diese internationalen Studierenden überwiegend? "Das wechselt immer ziemlich stark", antwortet Andreas Kleinlein. "Zurzeit haben wir gerade einen Indien-Schwerpunkt. Es kommen aber auch viele Studierende aus Südamerika, Afrika und Mittelasien hierher." In Witzenhausen gibt es zwei Studierenden-Wohnheime. "Auch sonst kann man hier erschwinglichen Wohnraum finden", beschreibt Andreas Kleinlein einen der Vorteile der eher ländlich geprägten Region.

Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen studieren

Zwei Bachelor- und vier Master-Studiengänge bietet der Fachbereich mit seinen insgesamt 21 Fachgebieten und den 250 Mitarbeitenden an. Ziel des sechssemestrigen Bachelor-Studiengangs "Ökologische Landwirtschaft" ist es, Generalisten im Öko-Landbau auszubilden und  darüber hinaus ein breites Spektrum an Kenntnissen und Kompetenzen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu vermitteln. Dies geschieht mithilfe verschiedenster Module aus den Bereichen Boden-, Pflanzen-, Nutztier-, Wirtschafts-, Sozial- und Lebensmittelwissenschaften sowie Agrartechnik.

Dabei kommen nicht nur klassische Vorlesungen und Seminare zum Zug: Auch Projektarbeiten zu selbstgewählten Themen, Exkursionen, studentische Referate und Tutorien sowie Konferenzen mit Gastreferentinnen und -referenten zählen zu den Lehr- und Lernformen. Zulassungsvoraussetzung für diesen Studiengang ist unter anderem ein mindestens 13-wöchiges Vorpraktikum auf einem anerkannten landwirtschaftlichen Ausbildungsbetrieb. Während des Studiums ist ein 16-wöchiges Praktikum in einer landwirtschaftlichen Institution zu absolvieren. "Da der Bachelor Ökologische Landwirtschaft sehr breit aufgestellt ist, muss man bei Studienbeginn noch nicht unbedingt wissen, was man drei Jahre später beruflich machen möchte", sagt Andreas Kleinlein. Schwerpunkte liegen aber auf der Arbeit bei Bioverbänden, Öko-Kontrollstellen oder in der landwirtschaftlichen Beratung.

Ebenfalls zum Abschluss "Bachelor of Science Ökologische Landwirtschaft" führt das Duale Studium Landwirtschaft, das vom Fachbereich in Kooperation mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) nicht nur für Landwirtinnen und Landwirte, sondern auch für Gärtnerinnen und Gärtner angeboten wird und die Verkürzung der Gesamtausbildungsdauer von fünf auf viereinhalb Jahre ermöglicht. Dabei wechseln Phasen der berufspraktischen und akademischen Ausbildung einander ab. In der Regel zum 1. August startet die erste, zwölf bis 14 Monate umfassende Phase der landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Berufsausbildung, die mit der Zwischenprüfung abschließt. Im Wintersemester des nächsten und Sommersemester des übernächsten Jahres startet in Witzenhausen das Studium Ökologische Landwirtschaft, bevor sich die zweite, zehn bis zwölf Monate dauernde Phase der Berufsausbildung mit dem Abschluss als Landwirt/-in oder Gärtner/-in anschließt. Es folgen drei weitere Semester an der Uni und der Abschluss als Bachelor.

Wer "Master of Science Ökologische Landwirtschaft" werden möchte, braucht im Vorfeld einen berufsqualifizierenden Abschluss eines mindestens dreijährigen landwirtschaftlichen oder fachlich verwandten Studiengangs, beispielsweise der Gartenbau-, Veterinär-, Forst-, Geo-, Bio- oder Umweltwissenschaften. Bewerberinnen und Bewerber ohne landwirtschaftliches Studium müssen zudem ein Motivationsschreiben einreichen. In insgesamt vier Semestern vertieft und erweitert dieser Studiengang die Inhalte des Bachelor-Studiums Ökologische Landwirtschaft, wobei die Absolventinnen und Absolventen aus den angebotenen Modulen heraus ein auf ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen zugeschnittenes Studienprofil entwickeln.

Das Ziel des Master-Studiums besteht in erster Linie darin, die Studierenden auf die Übernahme von Führungspositionen und Leitungsaufgaben vorzubereiten – in der ökologischen Landwirtschaft, aber beispielsweise auch im Natur- und Umweltschutz oder in der Lebensmittelverarbeitung, -kontrolle oder -zertifizierung. Der Studiengang dreht sich in erster Linie um ökologische Agrarwissenschaften in gemäßigtem Klima, wie es in Europa gegeben ist – erwähnenswert, da auch die tropische Landwirtschaft eine lange Tradition am Fachbereich hat.

Englischsprachige Studienangebote der Uni Kassel

Während die Unterrichtssprache beim "Master of Science Ökologische Landwirtschaft" Deutsch ist, sollten Studierende für die drei anderen in Witzenhausen angebotenen Master-Studiengänge der englischen Sprache mächtig sein. Dazu gehört unter anderem der in Kooperation mit der Universität Göttingen durchgeführte Studiengang „Sustainable International Agriculture“ (Nachhaltige Internationale Landwirtschaft), bei dem zwischen drei inhaltlichen Schwerpunkten gewählt werden kann: "International Agribusiness and Rural Development Economics" (Internationales Agrobusiness und Ökonomie der ländlichen Entwicklung), "International Organic Agriculture" (Internationaler Ökologischer Landbau) und "Tropical Agricultural and Agroecosystem Sciences" (Tropische Landwirtschaft und landwirtschaftliche Ökosysteme). Je nach gewähltem Schwerpunkt finden die Lehrveranstaltungen in Witzenhausen oder in Göttingen statt. Viele der Absolventinnen und Absolventen arbeiten später in leitender Funktion in internationalen Landwirtschaftsorganisationen, in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit oder im Welthandel.

Welche wissenschaftlichen, sozialen und politischen Gesichtspunkte sind auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft zu berücksichtigen, und wie lassen sich diese nutzbringend miteinander verknüpfen? Auf diese Fragestellungen richtet der Master-Studiengang "Agriculture, Ecology and Societies" (Landwirtschaft, Ökologie und Gesellschaft) sein Augenmerk. Er kombiniert Studieninhalte aus vier anderen Fachbereichen der Uni Kassel (Geistes- und Kulturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften, Architektur/Stadtplanung/Landschaftsplanung und Wirtschaftswissenschaften) miteinander. Ziel ist ein interdisziplinäres, kritisches und projektbasiertes Lernen. An den internationalen Partneruniversitäten der Uni Kassel haben die Studierenden die Möglichkeiten, sich unter anderem in den Bereichen Agrarökologie, ländliche Entwicklung und Umweltmanagement weiter zu spezialisieren.

Beim ebenfalls englischsprachige Master-Studiengang "International Food Business and Consumer Studies" (Internationale Lebensmittelwirtschaft und Verbraucherverhalten), der in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Ökotrophologie der Hochschule Fulda angeboten wird, dreht sich alles um das Thema Nachhaltige Ernährung. Dazu erwerben die Absolventinnen und Absolventen unter anderem Kenntnisse und Kompetenzen rund um Produktentwicklung und -innovation, Qualitätsmanagement, aber auch Marketing und Konsumentenverhalten. Der Master "Food Business and Consumer Studies" befähigt zum Beispiel dazu, Leitungsaufgaben in nationalen und internationalen Unternehmen der Lebensmittelbranche zu übernehmen.

Forschungskarriere im Bereich ökologische Agrarwissenschaften

Am Fachbereich wird intensiv geforscht, sodass den Masterabsolventinnen und -absolventen vor Ort auch eine wissenschaftliche Karriere offensteht. Dabei ist die Forschung sowohl international als auch interdisziplinär ausgerichtet und befasst sich in erster Linie mit drei zentralen Themenkomplexen:

  1. Verbesserung ökologischer Anbau- und Tierhaltungsverfahren sowie Optimierung von Nährstoffkreisläufen,
  2. Analyse und Bewertung gesellschaftlicher Ansprüche wie Umwelt- und Tierschutz, Gesundheit und Gemeinwohl sowie
  3. Entwicklung nachhaltiger Lebensmittelsysteme vom Acker bis zum Teller.

Von der Ausstattung, die diese Forschung ermöglicht, profitieren logischerweise alle Studierenden: Ihnen stehen mit der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen ein 350 Hektar großer, ökologisch bewirtschaftete Lehr- und Versuchsbetrieb mit Milchvieh und Legehennen, moderne Labore und ein Tropengewächshaus mit einer, wie es auf der Homepage der Uni Kassel heißt, einmaligen Sammlung von über 450 Nutzpflanzen zur Verfügung.

Kontakt

Universität Kassel
Fachbereich 11
Ökologische Agrarwissenschaften
Steinstr. 19
37213 Witzenhausen

Telefon: +49 5542 98-1211
E-Mail: dekfb11@uni-kassel.de

Internet: www.uni-kassel.de/fb11agrar



B&B Agrar - Fachzeitschrift für Bildung und Beratung

Dieser Artikel ist erschienen in der B&B Agrar - Fachzeitschrift für Bildung und Beratung, Ausgabe 3-2023, September 2023 mit dem Fokusthema "Neue Konzepte für die Ausbildungspraxis: Digitale Lernwelten".

Erfahren Sie hier mehr über die Inhalte der Ausgabe 3-2023 und laden Sie sich Ihr digitales Exemplar kostenlos herunter:

www.bub-agrar.de


Letzte Aktualisierung 21.09.2023

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