Regionale Bio-Lebensmittel in Hessen

Marktpotenzial regionaler Bio-Lebensmittel in Hessen

Mit zunehmendem Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche steigt der Bedarf an regionalen Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen. Am Beispiel Hessen hat eine Marktstudie unterschiedliche Kooperationen bei Bio-Lebensmitteln aufgezeigt, die in den regionalen Lebensmitteleinzelhandel führen.

Eine klimafreundliche und nachhaltige Ernährung steht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland laut "Trendreport Ernährung 2022" hoch im Kurs. Aspekte wie Regionalität und Nachhaltigkeit werden dabei sogar noch höher von den Konsumierenden bewertet als das Thema Gesundheit. Entsprechend spielt das Thema Regionalität auch beim Einkauf eine große Rolle. In Hessen sieht der vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) herausgegebene Ökoaktionsplan vor, dass ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche bis 2025 nach den Kriterien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden soll. Die Bundesregierung sieht in ihrem politischen Ziel bis 2030 sogar einen Bio-Flächenanteil von 30 Prozent in Deutschland vor. Entsprechend nimmt der Bedarf an regionalen Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen in den kommenden Jahren zu.

Vor diesem Hintergrund hat das Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing der Universität Kassel (UK) gemeinsam mit der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) eine Marktstudie zu regionalen Bio-Lebensmitteln in Hessen durchgeführt. Die Marketing Gesellschaft Gutes aus Hessen (MGH) hat die Studie in Auftrag gegeben. Im Fokus standen dabei Bio-Kartoffeln, Bio-Fleisch und Bio-Sonderkulturen. Die Studie gibt Einblicke in die Situation der landwirtschaftlichen Erzeugung, der Verarbeitung und des Handels auf Landesebene. Über Interviews mit Expertinnen und Experten wird am Beispiel von ausgewählten Wertschöpfungsketten untersucht, wo Schwächen und Stärken liegen können, und welche Chancen und Herausforderungen sich daraus für die regionale Produktion, die Verarbeitung und den Handel ergeben.

Per se scheint die Bio-Affinität bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Hessen hoch, was als Vorteil für die Vermarktung von bio-regionalen Lebensmitteln gesehen werden kann. Bei Blick auf die Paneldaten der GfK liegt der Anteil der Verbraucherausgaben für frische Bio-Lebensmittel nur im Stadtstaat Hamburg höher als im Flächenstaat Hessen. Während der Bio-Anteil an den Verbraucherausgaben für frische Lebensmitteln in Deutschland bei neun Prozent liegt, liegt er in Hessen mit 13 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das Rhein-Main-Gebiet verfügt über ein starkes Wirtschaftszentrum und entsprechend über eine hohe Kaufkraft. Dies wirkt sich positiv auf den Kauf von (vergleichsweise hochpreisigen) Bio-Lebensmitteln aus.

Zudem ist in Hessen der Anteil der Vollsortimenter im Lebensmitteleinzelhandel an den Bio-Umsätzen überdurchschnittlich hoch, während der Anteil der Discounter hingegen unterdurchschnittlich ist. Dafür ist vor allem der Vollsortimenter Tegut mit Hauptsitz in Fulda verantwortlich, der ein großes Bio-Sortiment vor allem bei frischem Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst, Käse, Milch- und Molkereiprodukten sowie Brot und Backwaren führt. Laut Firmenangaben umfasst das Bio-Sortiment über 4.600 Produkte. Edeka und Rewe sind in Hessen zusammen für knapp 60 Prozent der Bio-Ausgaben bei den Vollsortimentern verantwortlich.

Regionalität als Definitionsfrage

In der Marktstudie hat sich gezeigt, dass die befragten Handelsvertreterinnen und -vertreter sehr unterschiedliche Auffassungen zum Begriff Regionalität haben. Dieser lässt sich nicht unbedingt in Kilometern definieren. Auch Ware aus Deutschland kann als regional verstanden werden. Einzelne Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels bestimmen die regionale Herkunft ihrer Produkte dadurch, dass zuliefernde Erzeugerbetriebe in einem bestimmten Radius (meist bis zu 50 Kilometer) um den jeweiligen Markt lokalisiert sind. Oftmals verlassen sich die Befragten beim regionalen Warenbezug auf persönliche, langjährige Beziehungen, die durch einen vertrauensvollen Umgang auf Augenhöhe gekennzeichnet sind.

Regionale Bio-Kennzeichen in Hessen

Dr. Hans-Christoph Behr, Bereichsleiter Öko-Landbau bei der AMI GmbH, und Dr. Katrin Zander, Fachgebietsleiterin Agrar- und Lebensmittelmarketing an der Uni Kassel, ziehen folgende Erkenntnisse aus der Marktstudie:

Dr. Behr: "Das Interesse an regionalen Lieferunternehmen von Seiten des Lebensmitteleinzelhandels ist groß, vor allem, wenn Produzentinnen und Produzenten beziehungsweise Verarbeitungsunternehmen auch größere Mengen liefern können. Kleinere Lieferunternehmen werden bei der Beschaffung eher kritisch gesehen, da sich die Logistik schließlich für beide Partner lohnen sollte. Die Händlerinnen und Händler wurden in der Studie nach ihrem bio-regionalen Sortiment befragt. In allen Fällen gibt es ein bio-regionales Angebot an Eiern, Saisongemüse, Brot und Backwaren und Fleisch."

Dr. Zander: "Die Untersuchungen zu hessischen Bio-Wertschöpfungsketten für Bio-Kartoffeln, Bio-Fleisch und Bio-Sonderkulturen haben deutlich gemacht, dass jeweils ein erhebliches Potenzial besteht. Die Paneldaten der GfK zeigen auch den deutschlandweit höchsten Bio-Anteil im Handel im Bundesland. Die Kaufkraft ist also da, das Verständnis von Region ist aber sehr verschieden."


Letzte Aktualisierung 23.01.2023

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