Handel – Vorteile regionaler Wertschöpfungsketten

Regionale Wertschöpfungsketten – Vorteile für den Handel

Der qualitätsorientierte Handel kann ein geeigneter Partner sein, um Bio-Produkte aus der Region zu vermarkten. Die regionale Belieferung des Handels setzt jedoch auch entsprechende Strategien und Planungen voraus. Das Schloss Gut Obbach beliefert den Handel über eine eigene Marke, die für die Auslobung der regionalen Erzeugung am Point of Sale maßgeblich ist. Händlerinnen und Händler berichten von ihren Erfahrungen mit der Regionalvermarktung.

Eine enge Vernetzung von Erzeugung und Handel steigert die Wertschöpfung in der Region. Im Schloss Gut Obbach wird regionale Vermarktung daher großgeschrieben. Das Betriebsleiterehepaar Petra Sandjohann und Bernhard Schreyer legt großen Wert darauf, die hofeigenen Erzeugnisse nicht anonym über eine Erzeugergemeinschaft zu verkaufen, sondern aktiv nach Wegen zu suchen, die Lebensmittel im Betriebsumfeld zu vermarkten.

Seit 2005 führt das Schloss Gut Obbach eine eigene Marke. Knapp 30 verschiedene Produkte tragen das Logo: Kartoffeln, Apfelsaft und Bier, Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten sowie Sonnenblumen- und Leinöl. Alle Produkte werden regional in einem Radius von etwa 50 Kilometern vermarktet.

Die Produkte stehen im eigenen sowie in benachbarten Hofläden, in Bio-Märkten sowie bei Rewe und Edeka in der Region. Betriebsleiterin Petra Sandjohann beschreibt, dass bewusst verschiedene Vertriebswege gewählt wurden, um so möglichst vielfältig aufgestellt zu sein. Die Kundinnen und Kunden schätzen das. Das Hof Gut Obbach ist lokal sehr gut vernetzt, arbeitet gut mit der heimischen Presse zusammen und unterstützt beispielsweise Gemeindefeste oder andere Aktivitäten im Ort.

Wichtigstes Standbein für die Vermarktung ist der eigene Hofladen, gefolgt von den Edeka- und Rewe-Märkten. Im Hofladen gibt es neben den verpackten Produkten auch einen Unverpackt-Bereich, in dem zum Beispiel Flocken oder Kürbiskerne angeboten werden. Hinzu kommen Obst und Gemüse von benachbarten Betrieben sowie Milch- und Molkereiprodukte vom Ökoring, einem regionalen Naturkostgroßhändler in Bayern. Neu ist die Zusammenarbeit mit einem Schweinehaltungsbetrieb in der Nähe, von dem Fleisch- und Wurstwaren bezogen werden. Ungefähr 40 Prozent des Umsatzes entfallen auf die eigenen Produkte.

Auf die Frage, was sie anderen Betrieben zur Eröffnung eines eigenen Hofladens raten würde, antwortet Petra Sandjohann: „Man sollte vorher gut überlegen. Wer nur nebenbei einen Hofladen eröffnen will, sollte lieber die Finger davonlassen. Ein gut gehender Hofladen ist schlimmer als eine Milchkuhherde.“ Der Laden müsse immer gut bestückt sein. "Man muss für den Laden brennen, viel Engagement zeigen und auf jeden Wunsch reagieren – auch wenn man nicht jeden erfüllen kann", so Sandjohann weiter. Wichtig sei auch das Engagement der Angestellten, die auch entsprechend vergütet werden müssen.

Fünf Fragen an Simone Münsterer und Marius Höchner

Die Produkte vom Schloss Gut Obbach stehen unter anderem in vier Rewe und fünf Edeka-Märkten der Region. Simone Münsterer, zuständig für Regionalität und Lokalität für die Region Süd bei der Rewe Group, und Marius Höchner vom regionalen Edeka Center Höchner berichten von ihren Erfahrungen im Handel mit regionalen Betrieben wie dem Schloss Gut.

Wir können mittlerweile in fast allen Warengruppen regionale Bio-Produkte anbieten.

Oekolandbau.de: Welche Produkte vermarkten Sie vom Schloss Gut Obbach? Wie lange schon?

Münsterer: Seit Oktober 2019 vermarkten wir in Euerbach ein breites Sortiment des Lieferanten. Je nach saisonaler Verfügbarkeit werden etwa 25 Artikel von Kartoffeln über Apfelsaft und Bier bis zu Getreidekörnern, Hülsenfrüchten, Sonnenblumenkernen und Öl aus dem Anbau des Schloss Gut Obbach angeboten.

Höchner: Vom Schloss Gut Obbach vermarkten wir seit 2019 Kartoffeln und verschiedene Trockenprodukte. Die Produkte werden sehr gut angenommen.

Oekolandbau.de: Wie sind diese im Laden platziert?

Höchner: Das Trockensortiment ist in der jeweiligen Warengruppe einsortiert, aber durch die Marke gut als regionales Produkt sichtbar. Für die Kartoffeln haben wir einen separaten Aufbau im Laden. Die Platzierung im Laden ist enorm wichtig. Wir haben zum Beispiel auch einen regionalen Nudellieferanten, dessen Produkte sehr prominent in einen kompletten Gondelkopf (Anmerkung der Redaktion: die Kopfseite eines Supermarktregals) platziert sind. Andere Lieferanten haben eigene Aufbauten oder Aufsteller.

Münsterer: Für die ungekühlten, haltbaren Produkte hat der REWE-Markt in Euerbach, wie die meisten anderen REWE Märkte, ein spezielles Regionalitäts-Möbel. Die Produkte des Schloss Gut Obbach sind hier prominent und sehr gut sichtbar auf einer gesamten Längsseite des Regals platziert. Die Kartoffeln sind in der Obst- und Gemüseabteilung platziert. Zum Saisonstart der neuen Ernte 2020 wurden die Kartoffeln zudem mit anderem Saisongemüse im Eingangsbereich präsentiert.

Oekolandbau.de: Vermarkten Sie weitere regionale Bio-Produkte?

Münsterer: Der Anteil regionaler Produkte aus ökologischer Erzeugung nimmt in den letzten Jahren stetig zu. Einige unserer Erzeuger haben ihre Produktion nachfrageorientiert angepasst und eine Bio-Schiene miteingeführt oder komplett auf Bio umgestellt. Wir können mittlerweile in fast allen Warengruppen regionale Bio-Produkte anbieten.

Höchner: Wir bieten zum Beispiel außerdem regionales Bio-Frankenmehl an. Außerdem fränkische Liköre, Mehle, Biere. Wir bewerben neue Produkte gern auf den Handzettelrückseiten. Allerdings ist regional nicht gleich regional. Da wir keine Obstbauregion sind, sind beispielsweise Äpfel vom Bodensee für uns auch regional.

Oekolandbau.de: Wie groß ist der Bio-Umsatzanteil insgesamt in Ihren Läden?

Höchner: Der Bio-Anteil in unseren Läden wächst stetig. Lag er vor einigen Jahren noch bei drei Prozent, erzielen wir inzwischen zehn bis zwölf Prozent des Umsatzes mit Bio-Lebensmitteln. Und der Anteil aus der Region steigt dabei genauso stetig.

Münsterer: 2019 waren über 600 REWE Bio-Artikel im Sortiment (Durchschnitt im Gesamtjahresverlauf). Daraus ergibt sich ein Anteil von REWE Bio-Produkten am Verkaufswert der REWE-Eigenmarken von rund 15 Prozent im Jahr 2019. Insgesamt hat REWE weit mehr als 2.000 verschiedene Artikel mit einem Bio-Siegel gelistet. Der Umsatz mit Bio-Produkten macht bei REWE aktuell bereits rund 6 Prozent des Gesamtumsatzes mit Lebensmitteln aus.

Oekolandbau.de: Was machen Sie als Händlerin und Händler, um regionale Hersteller wie Schloss Gut Obbach zu unterstützen?

Münsterer: Unser Ziel ist es, diese Partnerschaften mit regionalen Erzeugern verstärkt auszubauen. Die Regeln für eine faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe sind in der REWE-Lokalpartnerschaft festgelegt. Wir Lokalitätsbeauftragten der Region Süd sind die ersten Ansprechpartner für Erzeuger und Direktvermarkter, die ihre Produkte in den REWE-Märkten in ihrer Umgebung vermarkten möchten. Wir beraten und unterstützen die Lieferanten dabei, alle notwendigen Anforderungen für eine Listung als regionaler Streckenlieferant zu erfüllen. Im REWE-Markt erhält der Lieferant Unterstützung bei der Vermarktung seiner Produkte durch die Platzierung seiner Produkte am Point-of-Sale im speziell dafür vorgesehenen Regionalitäts-Möbel sowie durch die werbliche Herausstellung der lokalen Produkte.

Höchner: Mit allen Produzenten besprechen wir Liefermengen und Lieferzeiten. Wir legen Flyer aus oder führen Verkostungen durch. Verkostungen sind enorm wichtig – jetzt in Corona-Zeiten gerade schwierig – aber sonst ein sehr gutes Mittel, um vom Geschmack zu überzeugen. Wichtig ist auch eine ansehnliche und hochwertige Verpackung. Einfachheit bei der Verpackung oder bei den Inhaltsstoffen ist oft am besten.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Besonders für kleinere landwirtschaftliche Betriebe ist es oft nicht einfach, ihre Erzeugnisse über den Lebensmitteleinzelhandel zu vermarkten. Am Beispiel von Schloss Gut Obbach wird eine erfolgreiche Lieferbeziehung zum LEH deutlich, an deren Erfolg auch die Entwicklung einer eigenen Marke maßgeblich war. Für den Handel bedeutet Regionalvermarktung den Aufbau von langfristigen Partnerschaften und enge Absprache mit den Lieferantinnen und Lieferanten.


Letzte Aktualisierung 02.12.2020

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