Mühlenhof in Halle (Westfalen)

Mühlenhof in Halle (Westfalen)

Begründung der Jury für die Auszeichnung mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau 2023 für die Kategorie Pflanzenbau / Pflanzenzüchtung 

Laudatio von Jurymitglied Anton Schreiber

Die durch den Klimawandel verursachten Veränderungen im Wettergeschehen, der allgemeine Verlust der Biodiversität und die weitläufig zu beobachtende Abnahme des Humusgehalts im Boden stellt die Landwirtschaft bei der Lösung dieser Probleme vor große Herausforderungen. Lang bewährte Anbaumethoden und Sicherheit bei der Sortenwahl von Saat- und Pflanzgut gelangen immer mehr an ihre Grenzen. So liegen beispielsweise, bedingt durch die immer häufiger auftretenden längeren Trocken- und Dürreperioden vermehrt nach der Getreideernte im Sommer große Flächen in der Hitze brach. Staubtrockene Böden lassen eine Aussaat von Zwischenfrüchten entweder nicht zu, oder verzögern deren Keimung mit nachfolgend lückigem Aufgang. Kleegras als Unter- oder Direktsaat kann, vornehmlich auf leichteren Standorten, nicht vernünftig etabliert werden. Damit gehen die Zeiträume möglicher höchster Photosynthese Leistung verloren, was unbedingt wegen mangelnder Humus- und CO2 – Bindung verhindert werden sollte.

Der Mühlenhof in Halle (Westfalen) als diesjähriger Preisträger des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbaus zeigt einen möglichen Weg bei der Lösung dieser Probleme. Der Hof ist im Eigentum der Familie Künsemöller mit Christa und Hermann als Altenteiler und deren Tochter Rieke Künsemöller, die im Zuge der familiären Hofübergabe zum 1. Juli 2021 den Betrieb übernommen hat. Der Mühlenhof ist ein viehloser Ackerbaubetrieb mit 93 Hektar Acker und 29 Hektar Grünland, Wald und Gewässer und wird seit 1981 biologisch bewirtschaftet.

Hermann Künsemöller hat in langjähriger Arbeit ein ausgeklügeltes Anbausystem entwickelt, das nicht nur eine mögliche Hilfe bei der Lösung klimabedingter Probleme sein kann, sondern sich generell als Alternative im biologischen Ackerbau versteht.

Im herkömmlichen Anbausystem werden Haupt- und Zwischenfrucht absätzig, also nacheinander, gesät oder gepflanzt. Freie Zwischenräume werden von nicht gewünschtem Beikraut mit mechanischen Maßnahmen freigehalten, bis die Hauptkultur genug konkurrenzstark ist. Nach deren Ernte wird dann eine mögliche Zwischenfrucht eingebracht. Vom System her macht der konventionelle Landbau das gleiche, nur dass er den unliebsamen Aufwuchs chemisch entfernt.

Der Mühlenhof verfolgt einen anderen, einen wie er es sagt, ökologischen Ansatz. Sein Prinzip: Freiräume aktiv besetzen, statt Beikräuter zu bekämpfen.

Hierzu werden statt einer Kultur mehrere Kulturen gleichzeitig in verschiedenen Reihen angebaut. Dazu wurde die vorhandene Drilltechnik mit eigenen Ideen und viel Eigenarbeit umgebaut. Ein zweiter Saattank ermöglicht zeitgleiches Aussäen verschiedener Saaten. Beispielsweise wird Raps als Mischkultur so angelegt, dass immer zwei Reihen Raps und zwei Reihen Sommerwicke mit Rohrschwingelgras gleichzeitig gesät werden. Falls die Sommerwicke zu mächtig wird, kann sie, da in Reihe, herunter gewalzt werden. Frost im Winter lässt sie abfrieren und als Mulchschicht liegen. Außerdem steuert sie als Leguminose im Frühjahr dem Raps noch Stickstoff bei, den er meistens noch gut gebrauchen kann. Nach der Rapsernte gibt es außer Mulchen der Rapsstengel bis zur nächsten Folgefrucht keine Bodenbearbeitung mehr. Der zurückbleibende Rohrschwingel Bestand dient als Habitat für ein aktives Bodenleben, nimmt freiwerdende Nähstoffe auf und verhindert so deren Auswaschung ins Grundwasser.

Dieses Anbausystem mildert auch die mittlerweile immer häufiger auftretenden Starkregen Ereignisse durch verlängerte Begrünung wesentlich ab, verhindert Erosion, erhöht die Biodiversität in der ganzen Fläche (nicht nur am Rand in Blühstreifen), bietet Bodenorganismen ein durchgehendes Nahrungsangebot und verbessert damit die Schädlingsregulierung.

Die Jury hält das Anbausystem mit ökologischem Ansatz nach Künsemöller für ein Zukunftweisendes, innovatives und Energie sparendes Konzept, gerade auch im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft und gratuliert dem Mühlenhof in Halle-Westfalen zum Bundespreis Ökologischer Landbau 2023.

Mühlenhof

Christa und Hermann Künsemöller und Rieke Künsemöller
Mühlenhof 11
 33790 Halle (Westfalen)



Letzte Aktualisierung 14.06.2023

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