Warenrückverfolgung in der Praxis

Umsetzung in der Praxis

Um die Rückverfolgbarkeit über alle Stufen sicherstellen zu können, muss jedes Unternehmen der Produktkette definierte Abläufe und Systeme besitzen, die eine lückenlose Verfolgung seiner Produkte gewährleisten.

Dabei muss sich ein Lebensmittelunternehmen vor dem Hintergrund der neuen europäischen Gesetzgebung mit folgenden Grundanforderungen auseinandersetzen:

  • Lieferantinnen und Lieferanten von Ware müssen jederzeit feststellbar sein.
  • Kundinnen und Kunden oder Dienstleistungsunternehmen, welche die Ware abnehmen, müssen ermittelbar sein.
  • Im Rahmen eines präventiven und umfassenden Qualitätsmanagements sind Systeme und Verfahren einzurichten, welche die systematische Verfolgbarkeit und Rückverfolgbarkeit der Produkte im Tagesgeschäft gewährleisten. In der Produktion erfordert dies die durchgängige Kennzeichnung von Losen und Chargen und deren saubere Trennung. Vom Wareneingang bis zum Versand, vom Auftrag bis zur Lieferung müssen alle Produkte und Materialien (bei Dienstleistungen in der Regel die zugehörigen Unterlagen) lückenlos gekennzeichnet sein, damit die Produkte eindeutig identifizierbar sind und Verwechslungen vermieden werden. Außerdem muss eine eindeutige Zuordnung zu den zugehörigen Unterlagen gewährleistet sein. Solche Prozesse lassen sich vorteilhaft mit EDV-Programmen abbilden.
  • Waren sind ausreichend zu kennzeichnen, um ihre Rückverfolgbarkeit zu erleichtern. Die Kennzeichnung kann am Produkt direkt oder am Transportbehälter bzw. der Verpackung erfolgen (durch Warenbegleitpapiere, Anhänger, Markierungen, Nummerierungen, Barcodes, Stempelungen, Etiketten, Prüfprotokolle).
  • Ein Archivierungssystem muss in der Lage sein, die Daten zur Rückverfolgbarkeit auch über einen längeren Zeitraum bereitzustellen.
  • Im Verdachtsfall müssen unverzüglich Maßnahmen eingeleitet werden, um ein vom Unternehmen hergestelltes, weiterverarbeitetes oder distribuiertes Produkt vom Markt nehmen zu können. Alle relevanten Informationen, wie Art, Herkunft und Beanstandung des Produktes sowie genaue Angaben zu Menge und Vermarktungswegen müssen den zuständigen Behörden umgehend zur Verfügung gestellt werden können. Dies setzt ein entsprechendes Risikomanagement voraus, wie es in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom Gesetzgeber gefordert wird.

Probleme bei der Umsetzung

Die vage Ausgestaltung der EG-Verordnung 178/2002 hat Vor- und Nachteile. Als Vorteil ist zu werten, dass die Unternehmen zunächst frei sind in der Entscheidung, wie sie die Anforderungen zu erfüllen haben. Das ermöglicht, entsprechend der Größe und Produktionsausrichtung des Unternehmens angemessene Systeme einzuführen, beziehungsweise bereits vorhandene Systeme weiterhin nutzen zu können. Dies bringt jedoch auch den Nachteil mit sich, dass sich in der Umsetzung der Anforderungen in Unternehmen erhebliche Qualitätsunterschiede zeigen, welche häufig stark an Wille und Vorbild der Unternehmensführung hängen.

Als insgesamt problematisch ist zu werten, dass den zum Teil verunsicherten Unternehmen von Seiten einiger Systemanbieter unter Berufung auf den Artikel 18 der Verordnung (EG) 178/2002 aufwändige und teure EDV-Lösungen zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit angeboten werden. Die Gefahr, die darin liegt, ist, dass die Systemanbieter die Vorgaben nach dem für sie maximalen Gewinn definieren und den Unternehmen mehr anbieten als diese eigentlich brauchen.

Entscheidend für oder wider ein System ist letztlich neben dem Aspekt der Schnelligkeit der Rückverfolgung, die Höhe des Risikos im Unternehmen und der benötigte Informationsbedarf zur Vorsorge von Krisen. Anfallende laufende Kosten des Systems sollten daher mit den Kosten verglichen werden, die im Schadensfall ohne ein solches System anfallen würden.

Letzte Aktualisierung 14.12.2021

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