Die Bruderkalb-Initiative Hohenlohe

Begründung der Jury für die Vergabe des "Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau" 2021

Bewerbungsbereich: Erzeugung und Verarbeitung und/oder Vermarktung

Die Bruderkalbinitiative Hohenlohe zeichnet sich im Bewerbungsbereich "Erzeugung und Verarbeitung und/oder Vermarktung" durch folgende Leistungen als besonders preiswürdig aus:

  • Pioniergeist und Multiplikator für eine verbandsübergreifende regionale Initiative von landwirtschaftlichen Betrieben zur gemeinsamen kostendeckenden Vermarktung für männliche und weibliche Kälber aus der Bio-Milchviehhaltung
  • Aufbau einer regionalen Verarbeitungs- und Vermarktungsstruktur für Biokalbfleisch aus kuhgebundener Aufzucht in der gesamten Wertschöpfungskette Landwirtschaft – Verarbeitung – Handel – Verbraucherinnen und Verbraucher
  • Öffnung der Initiative und Beratung für weitere interessierte landwirtschaftliche Milchbetriebe aus der Region
  • Erarbeitung eigener Erzeugerrichtlinien mit einem hohen ethischen Anspruch und Etablierung einer eigenen Marke für die Mutter- und Ammengebundene Kälberaufzucht (MAK) als besonders artgerechte Haltungsform
  • Aufbau vielfältiger Vermarktungswege über Metzgerei, Gastronomie und Lebensmitteleinzehandel (LEH) zur wirtschaftlichen Stabilisierung der teilnehmenden Milchviehbetriebe

Ziel der Bruderkalb-Initiative ist die artgerechte Kälberaufzucht und Mast aller auf dem Milchviehbetrieb geborenen Kälber sowie eine anschließende regionale Bio-Kalbfleisch Vermarktung. Damit leistet die Initiative Pionierarbeit in einem Marktsegment, welches im Biobereich bisher noch auf wenigen Betrieben und in wenigen Regionen entwickelt ist. Der Weg ist dabei der Aufbau und die Etablierung einer regionalen Wertschöpfungskette für Kalbfleisch aus der Mutter- und Ammengebundenen Kälberaufzucht (MAK).

Die MAK ist in der Milchwirtschaft bislang noch nicht weit verbreitet. Diese Haltungsform ermöglicht Milchkühen und Kälbern ihr natürliches Verhalten auszuleben. Die Kälber wachsen im Herdenverband auf, trinken am Euter, fressen frühzeitig Gras und Heu und haben viel Bewegung und Sozialkontakte zu Artgenossen.  Sie werden frühestens nach drei Monaten abgesetzt. Das Ergebnis sind gesunde Tiere und ein qualitativ hochwertiges Fleisch mit kräftiger Farbe und intensivem Geschmack.

Mit Pioniergeist wurden Erzeugerrichtlinien zur MAK mit hohem Standard erarbeitet, welche Tierwohlparameter über alle gesetzlichen und Bio-Standards hinaus enthalten. Das Bruderkalb-Logo welches durch die Initiative entwickelt und vergeben wird, tragen nur Produkte, die diese Standards einhalten. Die Richtlinien sind offen zugänglich für alle Interessierte und auf der Homepage unter www.bruderkalb.bio einzusehen. Zusätzlich stellen sich teilnehmende Betriebe auf der Homepage vor.

Die Initiative ist offen für neue Mitglieder welche die MAK-Erzeugerrichtlinien auf ihren Höfen umsetzen möchten. Damit gilt die Initiative als Multiplikator und Motor für eine hohe Ethik in der Tierhaltung und für eine wirtschaftlich sinnvolle Regionalentwicklung in einem Marktsegment, der Bio-Milchproduktion. Milchviehbetriebe können sich ein weiteres wirtschaftliches Standbein mit der Kälberaufzucht und Vermarktung aufbauen und damit ihre wirtschaftliche Lage stabilisieren. Durch die regionale Wertschöpfung werden lange Transportwege vermieden. Das kommt sowohl dem Tierwohl zu Gute, entlastet aber auch den Verkehr und vermindert unnötigen CO2-Ausstoß.

Im Vermarktungsbereich arbeitet die Initiative eng mit der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall zusammen. Aber auch die direkte Zusammenarbeit mit weiteren regionalen Verarbeitungsunternehmen wie Metzgereien und Gastronomie bis hin zum LEH wird bereits praktiziert und weiter ausgebaut. Ziel ist es generell das ganze Tier zu vermarkten. In Preisverhandlungen, Gestaltung von Produktverpackungen und -auslobung ist die Bruderkalbinitiative stets involviert.

Für den Aufbau der Wertschöpfungskette gilt es neben der Entwicklung vielfältiger Absatzwege auch Betriebe zu finden, welche bereit sind, Bruderkälber aufzuziehen. Die Initiative bietet daher ehrenamtlich Erstberatungen zur kuhgebundenen Aufzucht für interessierte Landwirtinnen und Landwirte an und tritt regelmäßig auf Fachveranstaltungen und Praxisseminaren auf. Damit erreicht die Initiative auch überregionale Aufmerksamkeit. Ein Ergebnis ist zum Beispiel das Forschungsprojekt "WertKalb" welches in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und weiteren Interessensgruppen angestoßen werden konnte.

Für die breite Masse der Bio-Kälber von Milchviehbetrieben gibt es derzeit keine zuverlässige Möglichkeit, die Kälber auch biologisch zu vermarkten. Da es bisher keinen Markt für abgesetzte Bio-Kälber gibt werden diese früh am konventionellen Markt weit unter Wert verkauft. Die Bruderkalbinitiative zeigt Alternativen und Lösungsansätze welche in vielen Regionen von Bäuerinnen und Bauern aufgegriffen und – regional angepasst – umgesetzt werden können. Voraussetzung ist dabei die Bereitschaft verbindlich in der gesamten Wertschöpfungskette zusammen zu arbeiten, in die Kälberhaltung zu investieren und auf MAK umzustellen.

Die Jury besuchte die antragstellenden 4 landwirtschaftlichen Betriebe und einen Verarbeiter vor Ort und konnte sich von der Idee und Umsetzung des Konzeptes, dem hohen Pioniergeist, der vorbildlichen Zusammenarbeit in der Region und der Offenheit für eine Zusammenarbeit mit weiteren Betrieben überzeugen und schlägt die Bruderkalbinitiative Hohenlohe deshalb für den Bundeswettbewerb ökologischer Landbau 2021 als Preisträger vor.

Die Bruderkalbinitiative Hohenlohe

74420 Oberrot
Baden-Württemberg
www.bruderkalb.bio

Verbund von vier landwirtschaftlichen Betrieben:


Letzte Aktualisierung 18.01.2021

Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau

Cover des Flyers zum Bundeswettbewerb

Alle Informationen zum Bundeswettbewerb auf einen Blick im Flyer

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