Bio-Außer-Haus-Verpflegung in Österreich

Bio-Außer-Haus-Verpflegung in Österreich

Wie steht es um die Bio-AHV in unserem Nachbarland Österreich? Werden die ambitionierten Ziele eines Aktionsplanes zur öffentlichen Beschaffung umgesetzt? Was wünschen sich Schülerinnen und Schüler und welche Leuchtturmprojekte gibt es?

Mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler in Österreich interessieren sich dafür, wie sich Essen und Ernährung auf die Umwelt auswirken. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer im Frühjahr 2024 landesweit an österreichischen Schulen durchgeführten Umfrage unter mehr als 5.000 Schülerinnen und Schülern.

Danach wünschen sich 25 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler Bio-Lebensmittel – wenn sie sich aussuchen könnten, welches Essen an ihrer Schule angeboten wird. Das entspricht genau dem Bio-Anteil, den die Republik Österreich bei der öffentlichen Beschaffung in der Theorie aktuell vorsieht.

Ziele im naBe-Aktionsplan

Bereits mit dem 2021 beschlossenen Aktionsplan "Nachhaltige Beschaffung" (naBe) hat sich Österreich bei der Beschaffung von Lebensmitteln in Einrichtungen des Bundes ambitionierte Ziele gesetzt: Demnach sollten bis 2023 bereits 25 Prozent der Lebensmittel in Bio-Qualität eingekauft werden. Bis 2025 soll dieser Bio-Anteil auf 30 Prozent steigen, bis 2030 auf 55 Prozent. Der naBe-Aktionsplan verpflichtet zwar formal nur die Einrichtungen des Bundes, aber einige Bundesländer übernehmen diese Regeln. Soweit die Theorie – doch zwischen Zielen und Umsetzung klafft offenbar eine Lücke.

Mangelnde Umsetzung

Die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage brachte im Frühjahr 2024 ans Licht, dass die von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen Bio-Ziele bei der öffentlichen Beschaffung so nicht umgesetzt werden. "Die naBe Bio-Quoten sind noch nicht erreicht", sagt Barbara Holzer-Rappoldt vom Verein Enkeltaugliches Österreich. Sie sieht hier "noch sehr großes Verbesserungspotential". Und die österreichische Tageszeitung "Der Standard" schrieb im Sommer 2024: "Über Jahre wurde der magere Anteil von biologischen und regionalen Produkten in öffentlichen Einrichtungen unter den Tisch gekehrt". Sie kritisierte, dass nationale Aktionspläne mit verbindlichen Bio-Quoten rege Aktivität vortäuschten.

Doch seit Herbst 2024 scheint Bewegung in diese Angelegenheit zu kommen. "Das Justizministerium hat seine Stellen angewiesen, die Bio-Quoten innerhalb der nächsten Monate umzusetzen", berichtet Barbara Holzer-Rappoldt.  Vereine wie BIO AUSTRIA und das Enkeltaugliche Österreich fordern die strikte Einhaltung der Bio-Quoten und eine lückenlose Umsetzung des Aktionsplans nachhaltige Beschaffung. Denn in Österreich werden täglich über zwei Millionen Mahlzeiten außer Haus konsumiert. Viele sehen in der Gemeinschaftsverpflegung eine wichtige Stellschraube für die Förderung der Bio-Landwirtschaft und den Aufbau von bio-regionalen Wertschöpfungsketten in der Alpenrepublik.

Leuchtturmprojekte in Wien und auf dem Land

Bei aller Kritik und den Mühen der Umsetzung: In Österreich haben Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung nach Angaben der Agrarmarkt Austria Marketing (AMA) inzwischen einen Anteil von rund 8 Prozent am Bio-Markt. Tatsächlich könnte der AHV-Anteil eher noch etwas höher sein, denn bei diesen Zahlen werden nur die Einkäufe der Küchen beim Gastronomie-Großhandel berücksichtigt. Direkte Einkäufe bei Bio-Höfen oder verarbeitenden Betrieben sind hier nicht erfasst. 

"Einige Best-Practice-Beispiele aus Österreich zeigen, dass Bio in die Gemeinschaftsverpflegung kommt, wenn die Politik dafür den Weg ebnet und mit relevanten Akteurinnen und Akteuren aus Küchen, Produktion, Handel und Zivilgesellschaft zusammenarbeitet“, sagt Johanna Hohensinner. Sie ist beim Verein BIO AUSTRIA für die Gemeinschaftsverpflegung zuständig. Wichtig sei, dass alle an einen Tisch geholt werden, auf Augenhöhe kommunizieren und die Betriebe gut in diesem Prozess begleitet werden. "Nur so wird dann an einem Strang gezogen und mehr Bio eingekauft."

Wie sich Bio-Produkte erfolgreich in der Verpflegung außer Haus einsetzen lassen, zeigen beispielsweise die Stadt Wien und das Burgenland. Mit dem Programm ÖkoKauf Wien setzt die Landeshauptstadt seit den 1990er Jahren hohe Standards für ein nachhaltiges Beschaffungswesen.

Ein wesentliches Element sind dabei wertmäßig festgelegte Bio-Quoten, die entsprechend den politischen Vorgaben angepasst werden. In Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Pflege- und Pensionisten-Wohnheimen der Stadt Wien gilt seit 1998 ein verpflichtender Anteil an biologischen Lebensmitteln von mindestens 30 Prozent, der 2026 auf mindestens 40 Prozent und 2030 auf mindestens 55 Prozent erhöht werden soll. In den Schulen der Stadt Wien beträgt der Bio-Anteil schon jetzt freiwillig 50 Prozent, in den städtischen Kindergärten sogar 60 Prozent.

Darüber hinaus gibt es neben Mindestkriterien für Tierwohl und Vorgaben zur Abfallreduktion noch eine Reihe von produktspezifischen Bio-Quoten. So werden beispielsweise bei Milch und Milchprodukten sowie bei Eiern 100 Prozent Bio gefordert. Seit 2018 unterstützt die Stadt Wien mit dem Beratungsprogramm "Natürlich gut essen" zudem die ganze Bandbreite gastronomischer Betriebe dabei, ihr Verpflegungsangebot nachhaltiger auszurichten.

Bio-Burgenland

Auch das Burgenland macht sich seit Jahren stark für den Öko-Landbau und den Einsatz von Bio-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung. Inzwischen werden in der Schul- und Kindergartenverpflegung im Durchschnitt bereits 55 Prozent Bio-Produkte eingesetzt. Auch die Landes- und landesnahen Küchen kochen bereits mit einer sehr hohen Bio-Quote. Dies gilt beispielsweise für große landesnahe Betriebe wie die Gesundheit Burgenland (73 Prozent Bio-Anteil), die Burgenland Energie (95 Prozent) oder die Fußballakademie (80 Prozent). Burgenländische Schulen und Kindergärten sowie die sie beliefernden Catering-Unternehmen können das Zertifikat "besser essen" beantragen, wenn sie eine Bio-Quote von mindestens 70 Prozent erreichen und die Lebensmittel weitere Kriterien wie Regionalität, Saisonalität und Frische erfüllen.

Um den AHV-Betrieben ein breites und stark regionales Bio-Angebot bieten zu können, wurde die Biogenossenschaft Burgenland eGen ins Leben gerufen. Sie soll möglichst direkte Wertschöpfungsketten zwischen Küche und Landwirtschaft befördern. Ein kürzlich im Burgenland aufgesetztes Bildungsangebot für Küchen soll den Verantwortlichen helfen, die Schritte in Richtung Bio so einfach wie möglich umzusetzen. Um den Einsatz von Bio-Produkten in der österreichischen Gemeinschaftsverpflegung landesweit voranzubringen, hat BIO AUSTRIA gemeinsam mit dem Verein ZUKUNFT ESSEN das Projekt "Bio in der GV – das geht!" aufgesetzt. Es soll vor allem Küchen der Schul- und Kita-Verpflegung bei der stufenweisen Steigerung des Bio-Anteils unterstützen.

Text: Andreas Greiner, Ökonsult


Letzte Aktualisierung 02.10.2024

Nach oben
Nach oben