Lebensmittelsicherheit und Hygiene

Lebensmittelsicherheit und Hygiene bei Fleischwaren

Bei der Fleischgewinnung und Fleischverarbeitung ist die Beherrschung gesundheitsgefährdender Krankheitserreger besonders wichtig, um die hohe Qualität daes Fleisches zu erhalten und Verbraucherinnen und Verbraucher nicht zu gefährden.

1. Was fordert der Gesetzgeber?

Bei der Fleischgewinnung und Fleischverarbeitung ist die Beherrschung gesundheitsgefährdender Gefahren ("Hazards") besonders wichtig, denn

  • bestimmte Krankheitserreger können von Schlachttieren auf den Menschen übertragen werden
  • auch in und auf gesunden Schlachttieren können Erreger von Lebensmittelvergiftungen vorkommen
  • bei der Schlachtung besteht die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern auf das Fleisch
  • Fleisch bietet vielen Krankheitserregern gute Vermehrungsmöglichkeiten

Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber für die Fleischgewinnung und -verarbeitung Vorschriften erlassen, die über die allgemeinen Anforderungen hinausgehen. Zentrale Vorschrift ist die EU-Verordnung 853/2004, in Deutschland präzisiert durch die Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung - Tier-LMHV vom 08.08.2007.

Weitere Maßnahmen zur Gewährleistung der Produktsicherheit bei der Fleischerzeugung, Fleischgewinnung und Fleischverarbeitung finden sich in der Baden-Württembergischen Leitlinie für eine gute Hygiene-Praxis in Schlachtbetrieben, Zerlegungsbetrieben und Fleischverarbeitungsbetrieben und in den Leitfäden des QS-Systems Deutschland. Darüber hinaus hat der Deutsche Fleischerverband eine Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygiene-Praxis im Anwendungsbereich der LMHV (Verkaufsbereich) in Fleischereibetrieben erarbeitet und amtlich prüfen und notifizieren lassen.

2. Gibt es spezielle hygienische Probleme bei der Verarbeitung von Öko-Fleisch?

Bei einem Verzicht auf den Einsatz von Nitritpökelsalz sind Verarbeitungsprozesse entsprechend anzupassen. Wegen der mikrobiologischen Problematik gilt dies besonders bei der Herstellung von Brühwurstkonserven als "Kesselkonserven" oder "Dreiviertelkonserven" (intensivere Hitzebehandlung oder Absenkung der Wasseraktivität notwendig) und Rohwurst (Anpassung der Reifebedingungen notwendig). Lesen Sie hierzu auch das Thema Pökelstoffe.

3. Gefahren, die bei der Herstellung von Fleischwaren zu  beherrschen sind

Es gibt biologische, chemische und physikalische Gefahren, die beim Verzehr von Fleischwaren aus nicht beherrschten Prozessen die Gesundheit schädigen können.

Die Lebensmittelsicherheit muss durch richtige Prozesslenkung in der gesamten Kette "vom Stall bis zum Teller" gewährleistet werden. Vorbeugende Maßnahmen im Mastbetrieb und im Schlachthof sind entscheidend zur Beherrschung der gesundheitsgefährdenden Ursachen ("Hazards"). Folgende mögliche Ursachen sind zu berücksichtigen

  • BSE-Erreger
  • tierpathogene Erreger und Parasiten (zum Beispiel Trichinen)
  • Verunreinigung der Umwelt (zum Beispiel Cadmium, chlorierte Kohlenwasserstoffe)
  • Rückstände (Tierarzneimittel).

Bei der Be- und Verarbeitung von Fleisch sind vor allem folgende Gefahren zu beherrschen:

Arten der Gefahren
HazardGefährdete ProdukteWichtige Maßnahmen zur Beherrschung der Gefahr
Art der Gefahr: Biologisch
Salmonellen, Campylobacter, pathogene E. coli, YersiniaHackfleisch; GeflügelfleischDurchgaren
Salmonellen; Staphylococcus aureus-ToxinRohwurstRezeptur (Salz, Pökelstoffe, Zucker, Starter); Reifebedingungen
Clostridium perfringensgegarte Fleisch-erzeugnisseSchnelles Abkühlen
Staphylococcus aureus-Toxinbelegte BrotePersönliche Hygiene; Kühlen
Listeria monocytogenes BrühwurstaufschnittRekontamination nach dem Brühen vermeiden
Botulinum-ToxinRohschinkenRichtige Temperatur und Zeit für das Salzen
Fleisch- und WurstkonservenRichtiges Erhitzen
Art der Gefahr: Chemisch
NitritPökelfleisch-erzeugnisseRichtiges Dosieren von Nitritpökelsalz
Reinigungsmittel_Richtiges Nachspülen
Polycyclische AromatenRohschinkenRichtiges Räuchern
Art der Gefahr: Physikalisch
GlassplitterKonserven im GlasAusblasen der leeren Gläser; optische Kontrolle
Scharfe Metallteilealle WurstwarenKontrolle der Kuttermesser; Metalldetektor

Darüber hinaus ist eine "nachteilige Beeinflussung" der Fleischware auch dann zu vermeiden, wenn sie nicht zu einem gesundheitlichen Risiko für den Verbraucher führt. Solche nachteiligen Beeinflussungen sind insbesondere

  • Vermehrung von Erregern, die zum vorzeitigen Verderb der Ware führt, zum Beispiel schmierige Beläge und Geruchsabweichungen bei Frischfleisch, (leicht erkennbarer) Schimmel auf Wurstwaren, auf Joghurt oder Käseoberfläche
  • ekelerregende Fremdstoffe

4. Wie beherrscht man diese Gefahren, und wie vermeidet man andere nachteilige Einflüsse auf Fleischwaren?

  • Umfeld- und Gerätehygiene:
    Schaffen der räumlichen und technischen Voraussetzungen für ein hygienisch einwandfreies Arbeiten.
  • Säubern und Sauberhalten:
    Planmäßige Reinigung und Desinfektion, Abfall- und Abwasserbeseitigung, Schädlingsbekämpfung.
  • Personalhygiene:
    Sicherstellen, dass so wenig Krankheitserreger wie möglich vom oder über das Personal auf das Fleisch gelangen.
  • Produktionshygiene:
    Sicherstellen, dass die hygienisch wichtigen Schritte bei der Fleischverarbeitung beherrscht werden.
    • Allgemeine Grundsätze ("Gute Hygiene-Praxis"): Maßnahmen, die produkt- und prozessübergreifend zu organisieren und zu treffen sind
    • Produkt- und prozessspezifische Maßnahmen zur Sicherung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit nach dem HACCP-Konzept

5. Wie dokumentiert man die betriebseigenen Maßnahmen und Kontrollen?

Im "Falle eines Falles" muss der Betrieb nachweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Dazu braucht er ein sachgerecht gestaltetes Hygiene-Handbuch, bestehend aus Vorgabedokumenten (Plänen, Fließdiagrammen, Verfahrensanweisungen, Arbeitsanweisungen und Prüfanweisungen, Formulare für Protokolle) und Nachweisdokumenten (Prüfprotokoll und Überwachungsprotokolle, festgestellte Abweichungen und Korrekturmaßnahmen, Nachweise über Personalschulung).

Wichtig: So viel wie nötig, aber so wenig, so knapp, so klar, so übersichtlich wie möglich dokumentieren - sonst verstaubt das Hygienehandbuch im Regal. Je besser qualifiziert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, desto weniger Dokumentation ist nötig!


Letzte Aktualisierung 19.04.2022

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