Dies bestätigen auch andere mikrobiologische Analysen von supergekühltem Schweinefleisch und Fisch. Danach verlief das Wachstum von anaeroben Bakterien an den supergekühlten Produkten deutlich langsamer als bei normal gekühlten.
Nach Einschätzung der Forscherinnen und Forscher lässt sich das Superchilling auch in bestehenden Produktionsanlagen leicht umsetzen. Wer das Verfahren neu einführt, könne wegen der deutlich kürzeren Prozesszeit die bereits vorhandenen Produktionsanlagen effektiver auslasten. Lediglich ein kontinuierlich arbeitender Schockfroster müsse installiert werden. Allerdings sei es für die Lagerung erforderlich, die bestehenden Lager- und Kühlsysteme neu zu gestalten, erläutert Michael Bantle: "Die Einführung des neuen Prozesses erfordert Geräte, die eine stabile Temperatur von 2,5 Grad Celsius liefern können. Das stellt keine technologische Herausforderung dar, erfordert jedoch modifizierte Kälteanlagen und die Bereitschaft, ein neues Konzept in den Kühlketten umzusetzen."
Vorteile durch höhere Steifigkeit
Hinzu kommt die erhöhte Produktausbeute, aufgrund der höheren Festigkeit der Fische vor dem Enthäuten. Generell ist eine höhere Steifigkeit bei Superchilling-Produkten zu verzeichnen, was das Produkthandling erleichtert, zum Beispiel beim Filetieren, Schneiden oder automatisierten Verpacken. Auch hinsichtlich der Fleischqualität zeigten sich keine Unterschiede zwischen normal gekühltem und supergekühltem Schweinefleisch, bis auf einen leicht erhöhten Wasserverlust von bis zu zwei Prozent. Als vereinfachtes Beispiel: von 103 Gramm Fleisch bleiben circa 100 Gramm Fleisch in der normalen Kühlkette übrig und 98 Gramm in der supergechillten Kühlkette. Grund dafür ist eine leichte Gefrierschädigung des Fleischgewebes, verursacht durch das teilweise Einfrieren.
Der größte Vorteil ist die längere Haltbarkeit von Superchilling-Produkten im Vergleich zu herkömmlichen Kühlprodukten. Supergekühlte Lebensmittel lassen sich deshalb innerhalb eines längeren Zeitraums frisch verkaufen. Das ermöglicht es, Schwankungen in der Produktion und Nachfrage besser aufzufangen. Auch aus Umweltsicht bringt das Verfahren große Vorteile: Bei Transport und Lagerung kann auf das Auf-Eis-Legen der Fischprodukte verzichtet werden. Dadurch reduzieren sich Transportgewicht und -volumen um 25 bis 30 Prozent. Konkret bedeutet dies: Statt vier Lkw-Ladungen mit Eiskühlung braucht man nur drei Lkw-Ladungen mit supergekühltem Fisch für den Transport der gleichen Warenmenge. Dies senkt die Energiekosten und verbessert somit den CO2-Fußabdruck der Wertschöpfungskette. Innerhalb der Wertschöpfungskette von Bio-Lachs reduziert das Superchillingverfahren die Transportkosten um etwa 33 Prozent, wie aus einer Umweltverträglichkeitsanalyse hervorgeht.
Das vorgestellte Forschungsprojekt ist Teil des europäischen Verbundprojektes "SusOrganic", das unter anderem durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert wurde. Dabei entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachhaltigere Trocknungs-, Kühl- und Gefrierverfahren für Bio-Produkte. Ziel war es, objektive Produktqualitätskriterien für Bio-Produkte zu schaffen, Prozesse zu optimieren sowie Umweltverträglichkeits- und Wirtschaftlichkeitsanalysen durchzuführen. Als Produktgruppen wurden Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse sowie Hopfen und Kräuter untersucht.