Bio aus der Region für Kitas und Schulen

Bio aus der Region für Kitas und Schulen

Mehr regionale Bio-Produkte in der Kita- und Schulverpflegung in Mecklenburg-Vorpommern – das ist das Ziel von Anna Hope, Wertschöpfungskettenmanagerin des Projekthofs Karnitz. Nach der Analyse von Best-Practice-Küchen, die bereits einen hohen Bio-Regionalanteil bei der Verwendung ihrer Produkte aufweisen, möchte sie weitere Frischküchenstandorte etablieren, die mit lokalen Bio-Landwirtinnen und -Landwirte kooperieren und auch überregional überwiegend Bio-Produkte verarbeiten.

Oekolandbau.de: Um was geht es bei dem Projekt? 

Anna Hope: Kitas und Schulen wünschen sich ein frisch zubereitetes, regionales Essen für ihre Kinder und die Teams. Fehlende Frischkostangebote und Defizite in der Ernährungsbildung führen zu gesundheitlichen Problemen wie Übergewicht bereits im Kindesalter. Deshalb wollen wir in Mecklenburg-Vorpommern ein bio-regionales Netzwerk für die Kita- und Schulverpflegung aufbauen. Neben dem Angebot von frisch zubereiteten Speisen soll das Thema Ernährungsbildung mit sinnvollem Praxisbezug einen größeren Stellenwert in Kitas und Schulen erhalten. 

Anna Hope

Anna Hope studierte Kulturarbeit in Potsdam, entwickelte zahlreiche Bildungsprojekte und ist Gründerin der Campus Cantina gGmbH (in Vorbereitung, i. V.), die Kitas und Schulen beim Aufbau von Ernährungsbildungsprojekten begleiten soll. Was sie antreibt: kreativ an gemeinsamen Zielen zu arbeiten, sich von ungeahnten positiven Nebeneffekten überraschen zu lassen und die Transformation hin zu einem besseren Klima nicht als Verzicht auf Gewohntes zu erleben, sondern als Knistern der Synapsen und Gefühl der Bereicherung.

Oekolandbau.de: Welche Ziele sollen erreicht werden? 

Anna Hope: Mit dem Projekt wollen wir erreichen, dass mehr regionale Bio-Produkte in der Kita- und Schulverpflegung in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt werden. Dabei konzentrieren wir uns auf zwei Zielgruppen: Zum einen die großen Zentralküchen, die vorverarbeitete Produkte, wie Schnittgemüse oder geschälte Kartoffeln benötigen. Zum anderen kleine Küchen, die unverarbeitetes Gemüse direkt von regionalen Betrieben beziehen könnten, dies aber bisher nicht tun, weil der Bezug zum Kochhandwerk fehlt und das pädagogische Potenzial einer kleinen Küche vor Ort nicht gesehen wird. 

Oekolandbau.de: Was sind die besonderen Herausforderungen in diesem Projekt? 

Anna Hope: Die Großküchen haben bisher zu wenig Interesse, ihren Bio-Anteil zu erhöhen, da von den Auftraggebern bisher keine oder kaum Anreize, zum Beispiel durch Qualitätskriterien in den Ausschreibungen, gesetzt werden. In ganz Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur zwei Catering-Unternehmen, die sich auf Kitas und Schulen spezialisiert haben und mit 100 Prozent Bio-Produkten arbeiten. Eine zusätzliche Herausforderung ist, dass es nur sehr wenige Kitas und Schulen gibt, die über voll ausgestattete Küchen verfügen, in denen vor Ort frisch gekocht werden kann.  

Oekolandbau.de: Was ist Ihre Aufgabe in dem Projekt? 

Anna Hope: Zunächst war es wichtig, eine Bestandsaufnahme all jener Best-Practice-Küchen zu machen, die einen hohen Bio-Regionalanteil bei der Verwendung ihrer Produkte aufweisen. Folgende Fragen waren bei der Analyse wichtig: Wie sehen deren Speisepläne aus? Von wem werden die Best-Practice-Küchen beliefert? Und wie sehen die Preisstrukturen und Abrechnungsmodelle aus? Ich habe festgestellt, dass es in Küchen, in denen vor Ort frisch gekocht wird, leichter ist, Personal zu finden, als in den großen Zentralküchen, die ein immenses Personalproblem haben. Das liegt unter anderem daran, dass die Köchinnen und Köche den Kontakt mit den Kindern sehr schätzen. Außerdem haben sie mehr Gestaltungsspielraum und können viel kreativer arbeiten. 

Best-Practice-Beispiele

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einbindung der Verpflegung in pädagogische Gesamtkonzepte. Wenn sich die Küchenfachkräfte als wertgeschätzte Mitglieder der Kita- und Schulteams erleben, sind sie viel motivierter, etwas zu verändern und zum Beispiel in mehr Bio-Qualität zu investieren oder auch gute Ideen für praktische Angebote für die Kinder zu entwickeln. 

Im Sinne der Nachhaltigkeit sehe ich es als meine Aufgabe darin, die politischen und strukturellen Rahmenbedingungen zu definieren, die notwendig sind, damit das, was die Best-Practice-Küchen in Eigeninitiative leisten, flächendeckend angeboten werden kann. 

Oekolandbau.de: Welche Projektpartner sind mit im Boot? Was tragen diese Betriebe zum Projekt bei? 

Anna Hope: Die Universitätsstadt Greifswald hat mich beauftragt, eine Erhebung zur Nachhaltigkeit der Kita- und Schulverpflegung durchzuführen. Das Umweltamt hat mich bei der Kontaktaufnahme zu den relevanten Akteuren sehr gut unterstützt.

Der kommunale Eigenbetrieb Hanse-Kinder in Greifswald gehört mit seinen mittlerweile 6 Frischeküchen zu den Best-Practice-Beispielen. Sie verarbeiten circa 30 Prozent Bio-Produkte aus der Region. Die Küchenleitungen unterstützen mich bei der Beratung anderer Kitas und Schulen, zum Beispiel wenn es darum geht, den Aufwand für die Einrichtung von Frischeküchen abzuschätzen. 

Der Biohof Garvsmühlen in Rerik ist ein klassischer Getreideanbaubetrieb mit 200 Hektar, der in enger Zusammenarbeit mit Großküchen auch Gemüse für die Region produzieren möchte. Bei entsprechender Nachfrage ist er bereit, in entsprechende Ausstattung, wie zum Beispiel einem Gewächshaus zu investieren. Der Miteigentümer Ulrich Kotzbauer ist ein verlässlicher Kooperationspartner, der die mit seinen Kontakten die Projektentwicklung sehr gut unterstützt hat. 

Ein weiterer wichtiger Bio-Produzent ist David Reinartz aus Stäbelow bei Rostock, der unter anderem Bio-Kartoffeln produziert und großes Interesse an Kooperationen mit der Außer-Haus-Verpflegung hat. Im Hinblick auf eine perspektivische Belieferung des kommunalen Eigenbetriebes "Mittagsmatrosen" in Rostock habe ich Exkursionen zum Kartoffelschälbetrieb in Templin organisiert.

Ein weiterer Projektpartner ist die Diakonie Westmecklenburg, die ich bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für die unternehmenseigenen Verpflegungsstandorte in Schulen und Kitas berate. Aktuell geht es hier zum Beispiel um den Aufbau einer Frischeküche für die Montessori-Schule in Schwerin.

Die Biogärtnerei Watzkendorf ist ebenfalls ein wichtiger Partner. Gemeinsam mit Sabine Kabath vom Bundesvorstand des Bioland e.V. und den Bio-Verbänden Demeter, Biokreis, Naturland und Biopark konnte im Mai 2023 die Gründung des Bio-Dachverbands BIO in MV e.V. auf den Weg gebracht werden. Ich werde zukünftig Teil der Geschäftsführung sein und im Rahmen des Dachverbands weitere Projekte zur Förderung im Bereich der Kita- und Schulverpflegung entwickeln und umsetzen.

Oekolandbau.de: Was sind die nächsten Schritte? 

Anna Hope: Aus dem Projekt heraus ist das Projekt Campus Cantina entstanden. Unter dem Dach von BIO in MV e.V. soll ein eigener Verein bzw. eine gGmbH gegründet werden, die Kitas und Schulen bei der Einrichtung von Frischküchen mit integrierten Lehrküchen in Kooperation mit Cateringunternehmen berät.

Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Evaluation wird voraussichtlich im Mai stattfinden. Durch Vorgespräche mit relevanten Akteurinnen und Akteuren konnte bereits der Beschluss eines parteiübergreifenden Prüfauftrags auf den Weg gebracht werden. Im Rahmen des Prüfauftrags soll eine Bestandsaufnahme und Kostenschätzung für die Umstellung auf Frischeküchen und die Erhöhung auf 50 Prozent Bio-Anteil erstellt werden. Diese Bestandsaufnahme soll durch eine zusätzliche Personalstelle, für die die Stadt Greifswald Fördermittel beantragt hat, durchgeführt werden. 

Im Rahmen des Projektes konnte ein Netzwerk mit den Kommunen Greifswald, Stralsund und der Hochschule Neubrandenburg aufgebaut werden, mit dem wir einen Beitrag zum Modellregionenwettbewerb eingereicht haben. Wenn wir eine Zusage erhalten, können wir auf den bisherigen Projektergebnisse gut aufbauen und weitere Frischeküchenstandorte etablieren, die mit lokalen Bio-Anbaubetrieben kooperieren und auch überregional vorwiegend Bio-Produkte verarbeiten.

Projektinfos

Weitere Informationen rund um das Projekt finden Sie im Projektsteckbrief.

Das Projekt wird über die Förderrichtlinie RIWERT gefördert. Die Richtlinie ist eine Maßnahme des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, initiiert und finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.


Letzte Aktualisierung 15.04.2024

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