Oekolandbau.de: Wie groß ist aktuell der Anteil des Öko-Landbaus im Gartenbaustudium an der FH Erfurt?
Prof. Dr. Birgit Wilhelm: Es gibt mehrere Module, die den ökologischen Pflanzenbau direkt betreffen. Zum Beispiel haben wir im zweiten Semester das Fach Agrarökologie. Der Fokus liegt hier vor allem auf ökologischen, also agrarökologischen Grundlagen. Dabei geht es gar nicht so sehr um den Öko-Landbau selbst, sondern vielmehr um Biodiversität, Ökosysteme, Vernetzung von Biotopen und was das eigentlich alles bedeutet.
Im praktischen Teil bekommen die Studierenden dann ein Feld mit circa zehn Quadratmetern zugeteilt, das sie zu zweit eine Saison lang bewirtschaften. Ihre Aufgabe ist es, mindestens fünf Kulturen anzubauen. Die Auswahl ist ihnen dabei völlig freigestellt. Am Ende des praktischen Teils steht eine Hausarbeit, in der sie dokumentieren, was sie in der Zeit erlebt haben und welche Erfahrungen sie sammeln konnten. Ich kann mich erinnern, dass es im ersten Jahr echt Überzeugungsarbeit war, die Studierenden an das Projekt heranzuführen. Aber inzwischen sind wirklich alle total dabei und die meisten versuchen ihr Feld so divers wie möglich zu gestalten. Es macht richtig Spaß zuzusehen, was da passiert.
Im dritten Semester müssen alle Studierende das Modul "Ökologischer Pflanzenbau" und im fünften Semester das Modul "Klimaanpassung/Klimaschutz" verpflichtend belegen. Klimaanpassung und Klimaschutz ist jetzt nicht speziell auf den Öko-Landbau fokussiert, aber dennoch sehr wichtig im Gesamtkontext. Wer sich im weiteren Verlauf noch stärker auf den Öko-Landbau spezialisieren möchte, kann das im Praxissemester tun und zum Beispiel auf einem ökologischen Betrieb ein Praktikum machen oder sich ein entsprechendes Thema für die Bachelorarbeit auswählen.
Im fünften und sechsten Semester gibt es außerdem das Pflanzenbauliche Seminar. Dort arbeiten die Studierenden in Kleingruppen über zwei Semester an einem pflanzenbaulichen Projekt. Start ist das Wintersemester, wo es in erster Linie um die Kulturplanung geht, sodass im Sommer das Projekt in der Praxis auf den Flächen des angrenzenden Lehr- und Versuchsbetriebs stattfinden kann. Für mich ist das wirklich das Herzstück des Bachelorstudiums, weil dort alles, was in den ersten drei Semestern theoretisch gelernt wurde, in die Praxis umgesetzt wird.
Im Bereich ökologischer Pflanzenbau haben wir Projekte, die sich zum Beispiel mit Market Gardening oder mit der Testung verschiedener Freilandtomatensorten beschäftigen. Auf einer etwas größeren Fläche wird der Mischkulturanbau von Mais, Kürbis und Bohne unter die Lupe genommen oder es geht ganz klassisch um die Etablierung und Umsetzung einer Fruchtfolge im ökologischen Gemüsebau. Es ist wirklich sehr spannend zu sehen, wie sich die Projekte entwickeln und welche Dynamiken dabei in den Teams entstehen.
Wer nach dem Bachelor noch mehr möchte, der hat die Möglichkeit, bei uns den Master "Nachhaltiger Pflanzenbau in Forschung und Praxis" dranzuhängen. Da liegt, wie der Name es schon verrät, der Fokus deutlich mehr auf nachhaltigen Wirtschaftsweisen in der Agrarbranche.