Bio-Baumwolle fruchtet

Bio-Baumwolle fruchtet

Der ökologische Anbau von Bio-Baumwolle hält den Boden fruchtbar und hilft den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Süden. Die stellen ihre Dünger und Pflanzenschutzmittel selbst her. Das macht sie unabhängig vom Markt und manchmal auch glücklich, wie der indische Kleinbauer Anirudhda Halve im Interview berichtet.

Obwohl auf nur 2,5 Prozent der weltweiten Agrarflächen Baumwolle angebaut wird, gehen 16 Prozent aller Insektizide auf ihr Konto, so das Pestizid-Aktions-Netzwerk Großbritannien. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) hat gemeinsam mit der Schweizer Handels- und Entwicklungsorganisation bioRe die Vor- und Nachteile des ökologischen Baumwollanbaus in einem Langzeitversuch in Indien untersucht. Im Projektgebiet lagen die Erträge im Bio-Baumwollanbau um knapp 30 Prozent unter denen im konventionellen Anbau. Dafür sparen die Bio-Farmerinnen und Bio-Farmer die hohen Kosten für chemisch-synthetische Dünger- oder Pflanzenschutzmittel. Eine Umfrage unter 90 indischen Bäuerinnen und Bauern ergab: Wer konventionell arbeitet, möchte ohne großen Aufwand eine hohe Produktivität erreichen. Die befragten Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern möchten ihre eigene Gesundheit und die der Umwelt sowie die Bodenfruchtbarkeit bewahren.

Das macht Bio-Baumwolle besonders

Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern haben keine Baumwoll-Monokulturen. Stattdessen setzen sie auf Mischkulturen und vielfältige Fruchtfolgen. Beispielsweise bauen sie in Indien abwechselnd Baumwolle, Sojabohnen oder Linsen an. Die Vielfalt an Kulturen hilft aber auch, Pflanzenkrankheiten und Schädlinge im Zaum zu halten.

Als Dünger verwenden sie Kompost und den Dung von ihren eigenen Tieren. Pflanzenschutzmittel stellen sie ebenfalls selbst her. Zum Beispiel Präparate mit Knoblauch, Zwiebeln, Chilli und Neembaumextrakt. Statt gentechnisch verändertes Saatgut zu kaufen, können sie ihr Saatgut auch selbst gewinnen. Das macht zwar alles Arbeit, aber unabhängig vom Markt. Außerdem können sich die Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern mit Linsen, Soja und Co. sowie ihren Tieren selbst versorgen.

Ernten und verarbeiten

Bio-Baumwolle wird einmal jährlich von Hand geerntet. Chemische Entlaubungsmittel, die die maschinelle Ernte im konventionellen Anbau erleichtern, sind natürlich verboten. Die geernteten Baumwollkapseln bestehen zu zwei Dritteln aus Samen und einem Drittel aus Fasern. Die Fasern werden von den Samen getrennt und lassen sich dann wie Wolle spinnen und weben. Ein T-Shirt benötigt etwas 300 Gramm Baumwollfasern. Das entspricht der Jahresernte von dreißig Pflanzen, die dafür etwa 6000 Liter Wasser verbrauchen. Laut dem Münchner Umweltinstitut bewahren wir mit dem Kauf eines einzigen Shirts aus biologischer Baumwolle rund sieben Quadratmeter Anbaufläche vor chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Düngern.

"Ich bin glücklich, wenn mein Land gesund ist"

Was heißt es für die Menschen in fernen Ländern Bio-Baumwolle anzubauen? Warum machen sie das und wie sieht ihr Alltag aus? Oekolandbau.de hat einen von den 160.000 indischen Bio-Baumwollbauern per Zoom befragt. Anirudhda Halve bewirtschaftet 2,8 Hektar Land im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh.

Oekolandbau.de: Warum bauen Sie Ihre Baumwolle ökologisch an?

Anirudhda Halve: Mein Vater hat 1995 auf Bio umgestellt, als die Organisation BioRe India Association hier gestartet hat. Er hatte gemerkt, dass sein Boden nicht mehr fruchtbar war. Er wollte wieder einen lebendigen Boden haben. Außerdem haben wir beobachtet, dass die Krebsrate bei den Baumwoll-Farmern gestiegen ist. Dazu gibt es jedoch keine offiziellen Studien. Sicher ist aber, dass durch das Ausbringen der Pestizide viele konventionelle Farmer unter Hautproblemen leiden. Andere mussten ihr Land verlassen, weil ihr Boden nicht mehr fruchtbar ist und die Kosten für Pflanzenschutzmittel und mineralischen Dünger immer mehr steigen.

Oekolandbau.de: Was hat sich durch die Umstellung auf ökologischen Anbau für Sie geändert?

Anirudhda Halve: Unser Boden ist lockerer geworden und lässt sich viel leichter bearbeiten. Da unser Lehmboden hier sehr schwer ist, muss ich einen Traktor mieten, um das Feld zu pflügen. Früher habe ich 20 Stunden gebraucht, um zu pflügen, heute brauche ich nur noch 15 Stunden. Außerdem speichert der Boden mehr Wasser als früher. So muss ich meine Felder jetzt im Schnitt nur noch alle 25 Tage bewässern statt wie früher alle 15 Tage. Und ich habe jetzt viel weniger Kosten, da ich meine Pflanzenschutzmittel selbst herstellen kann.

Oekolandbau.de: Das hört sich nach viel Arbeit an, wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

Anirudhda Halve: Es sind lange Tage. Ich beginne um 5 Uhr morgens mit der Versorgung meiner Tiere. Ich habe drei Kühe und fünf Büffel mit ihren Kälbern und zwei Bullen. Nach zwei Stunden gehe ich auf meine Felder. Neben sieben Acres (1 Acre entspricht 4.046 Quadratmetern) Baumwolle bewirtschafte ich fünf Acres Sojabohnen und drei Acres Linsen. Zwei Acres Land brauche ich fürs Vieh. Wenn ich mit der Feldarbeit fertig bin, kümmere ich mich wieder um die Tiere. Das dauert bis 9 Uhr abends. Ich arbeite meist allein. Nur das Pflücken machen Arbeiter. Die bezahle ich nach Kilogramm. Manchmal muss ich auch nachts noch meine Felder bewässern.

Oekolandbau.de: Was bringt die Bio-Baumwolle ein?

Anirudhda Halve: Letztes Jahr war schlecht. Da habe ich insgesamt nur tausend Kilogramm Baumwolle geerntet. Meine beste Ernte lag bei zweitausend Kilogramm. Die Preise für Baumwolle schwanken stark. Ich warte mit dem Verkauf, bis die Preise gut sind. Derzeit bekomme ich für ein Kilogramm Bio-Baumwolle 75 Rupien (86 Cent). Der Aufschlag für Bio-Qualität liegt bei 10 Rupien (11,5 Cent).

Oekolandbau.de: Reicht das denn zum Leben?

Anirudhda Halve: Was genug ist, hängt von der Person ab. Ich bin zufrieden. Ich kann meine Familie ernähren. Für ein Auto oder Essen im Restaurant reicht es nicht. Aber ich bin glücklich, wenn mein Land gesund ist. Die Organisation hilft uns mit Beratung zum Anbau und zu Präparaten. Es ist gut, von ihr zu lernen und mit ihr verbunden zu sein.

Oekolandbau.de: Wie können die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland Ihnen helfen?

Anirudhda Halve: Kauft Bio-Baumwolle und erzählt anderen Menschen von ihren Vorteilen für uns. Verbreitet die Botschaft überall und überzeugt auch Eure Politiker davon.


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Letzte Aktualisierung 24.04.2023

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