Herstellung von Bio-Leder

Herstellung von Bio-Leder

Als erster und bisher einziger Bio-Verband hat Biokreis Richtlinien für die Herstellung von Bio-Leder: Das Leder muss von Bio-Tieren stammen und wird mit pflanzlichen Extrakten aus Rinden und Früchten gegerbt. Die Bio-Lederherstellung steckt bei uns noch in den Kinderschuhen. Es fehlt an Bio-Häuten und verarbeitenden Betrieben.

Anders als bei Bio-Lebensmitteln ist die Vorsilbe "Bio" bei Leder und anderen Textilien kein rechtlich geschützter Begriff. Die neue EU-Öko-Verordnung hat ihn ihren Geltungsbereich rohe Häute und unbehandelte Felle aufgenommen. Richtlinien zur Verarbeitung von Leder fehlen bislang. Stattdessen firmieren unter Bio-Leder, Ecoleder oder Ökoleder viele Produkte aus pflanzlich gegerbtem Leder oder aus pflanzlichen Materialien wie Ananas, Apfel, Papier usw. Für diese veganen Leder muss garantiert kein Tier leiden oder sterben. Allerdings enthält veganes Leder häufig Kunststoffe. Synthetisches Leder besteht sogar komplett aus erdölbasierten Kunststoffen wie Polyurethan (PU). Eine genaue Deklaration der Inhaltsstoffe von Lederwaren ist nicht vorgeschrieben.

Biokreis-Leder nur vom Bio-Tier

Als erster und bisher einziger Bio-Verband hat Biokreis bereits 2014 Richtlinien für die Herstellung von Bio-Leder erarbeitet. "Wir möchten das ganze Bio-Tier – also auch die Tierhäute – sinnvoll verwerten und haben dafür eine regionale Wertschöpfungskette aufgebaut", erläutert Stephanie Lehmann von Biokreis.

Entsprechend muss Biokreis-Leder von Tieren aus ökologischer Haltung stammen. Ansonsten beruhen die Biokreis-Lederrichtlinien auf dem einzigen bisher existierenden Standard für nachhaltige und gesunde Lederwaren: dem Standard des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (IVN). Der aktuelle IVN-Naturleder-Standard 4.0 garantiert die unbedenkliche Verarbeitung von Tierhäuten entlang der gesamten Produktionskette. Die ist bei Leder sehr lang.

Lederherstellung: Tierleid und Ökosünden üblich

Einsalzen, reinigen, äschern, beizen, gerben und zurichten – Leder herzustellen, ist aufwendig und dank vieler verwendeter Chemikalien auch ein schmutziges Geschäft. Daher findet die Produktion häufig in Ländern mit laschen Umweltauflagen und ohne Tierschutzstandards statt. Besonders Indien, Bangladesch und China liefern uns viel Billig-Leder. Dafür leiden dort laut dem Deutschen Tierschutzbund Millionen Tiere bei Transport und Schlachtung.

Nach der Schlachtung müssen die Rohhäute zunächst haltbar gemacht werden. Der Einsatz von chemischen Konservierungsmitteln ist beim IVN-Standard ausdrücklich verboten. Stattdessen muss die Konservierung mit Eis oder durch Einsalzen erfolgen. Das Salz bindet die Feuchtigkeit und hindert Fäulnisbakterien daran, die Tierhäute zu zersetzen. Eine Kühlung wäre einfacher, hält aber nicht lange genug, bis die IVN-zertifizierten Gerbereien ausreichend Bio-Häute beschafft haben.

Kein Chrom im Bio-Leder

Der größte Unterschied von der ökologischen zur konventionellen Lederverarbeitung liegt in der Gerbung. Nach dem IVN-Standard müssen die Gerbereien vor allem pflanzliche Gerbstoffe verwenden. Zum Einsatz kommen vor allem Extrakte aus dem südamerikanischen Tarastrauch, der mediterranen Valonea-Eiche sowie Kastanien, Mimosen und sogar Rhabarber. Ganz ohne Chemie kommt aber auch eine Biokreis-Gerberei bisher nicht aus. Tabu ist die in der konventionellen Lederherstellung übliche Gerbung mit Chrom-Salzen. Die belasten Umwelt und Gesundheit.
Beim Färben von Bio-Leder sind Pflanzen und natürliche Mineralien gefragt: beispielsweise ein Farbstoff von der Walnussschale und Eisenoxid für Grautöne.

Die Krux mit Chrom

Das Schwermetall Chrom liegt in mehreren sogenannten Oxidationsstufen vor. Die bei der Ledergerbung verwendeten dreiwertigen Chrom-Salze sind nicht giftig, können sich aber in gesundheitsschädliches Chrom-VI verwandeln. Das kann bei der Produktion passieren oder später, wenn wir unsere Schuhe ohne Socken tragen und sie mit Fußschweiß in Berührung kommen. Chrom-VI-Rückstände in Lederprodukten können bei hautempfindlichen Menschen Allergien auslösen und toxisch wirken. Landen Leder-Schuhe oder Taschen in der Müllverbrennung, entstehen giftige Stäube. So wird aus dem vermeintlichen Naturprodukt Sondermüll.

Drei Fragen an Johann-Peter Schomisch: "Bio-Leder ist ein echtes Naturprodukt"

Johann-Peter Schomisch vertreibt seit dreißig Jahren pflanzlich gegerbtes Leder. Der Gründer des Allgäuer Ledervertriebs Ecopell würde am liebsten nur Bio-Leder verkaufen. Doch dann müssten Verbraucherinnen und Verbraucher mitziehen.

Oekolandbau.de: Warum gibt es so wenig Bio-Leder?

Johann-Peter Schomisch: Die Schwierigkeiten beginnen bei der Beschaffung der Rohware. Die ökologischen Schlachtereien liegen verstreut und können keine großen Mengen auf einen Schlag liefern. Unsere Gerberei in Bayern braucht mindestens 250 Rinderhäute am Stück, um sie industriell zu verarbeiten. Neben der Beschaffung sind das naturnahe Gerben und Färben hochwertiger ökologischer Häute eine schwierige und langwierige Angelegenheit. Mit Naturstoffen zu arbeiten, macht mehr Mühe als mit genormten einheitlichen Chemikalien.

Oekolandbau.de: Wo liegen die wichtigsten Unterschiede zwischen echtem Bio-Leder und konventionellem?

Schomisch: Das fängt beim Rohstoff an. Bio-Kuhhäute haben eine dichtere Faserstruktur, aber mehr natürliche Merkmale als konventionelle. Denn Bio-Tiere leben länger, sind mobiler und mehr draußen.

Biokreis-Leder enthält kein Chrom und keine schwermetallhaltigen Substanzen, die Mensch und Umwelt belasten. Unser Leder bei Ecopell ist streng schadstoffgeprüft und voll deklariert. Außerdem besitzen Biokreis-Leder eine naturbelassene Oberfläche. Dagegen sind konventionelle Lederprodukte häufig mit Kunststoffen wie Polyurethan versiegelt. Solche beschichteten Leder fühlen sich künstlich an, behalten aber länger die Farbe und sind unempfindlicher. Bei Schuhen merken Sie den Unterschied am stärksten. Beschichtete Schuhe sind in der Regel härter und luftundurchlässig, daher schwitzen die Füße mehr.

Oekolandbau.de: Wie können wir die Bio-Lederproduktion voranbringen?

Schomisch: Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich einfach mehr Gedanken machen, woher ihre Schuhe, Taschen oder Möbel stammen und wie sie hergestellt werden. Grundsätzlich gilt es auch die eigenen Erwartungen zu hinterfragen: Leder ist ein Naturmaterial, darf ruhig ein paar Kratzer haben und im Laufe der Jahre eine Patina entwickeln. Übrigens: Wer Bio-Rindfleisch statt konventionellem Fleisch kauft, sorgt dafür, dass mehr Bio-Tierhäute auf den Markt kommen.


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Letzte Aktualisierung 15.11.2022

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