Die junge Bio-Kundschaft

Die junge Bio-Kundschaft – Wie denkt sie, was bewegt sie, wie erreicht man sie?

Die junge Generation stellt ihr Ernährungsverhalten zunehmend kritisch in Frage. Die politisch motivierten Teenager und Jugendlichen verzichten aus Klimaschutzgründen nicht nur auf Fleisch und setzen stärker auf pflanzliche Alternativen, auch regionale und Bio-Lebensmittel stehen in ihrem Fokus.

Teenager und Jugendliche stellen andere Ansprüche an ihre Ernährung als die Generationen zuvor. Welche Themen hinsichtlich der Ernährung sind ihnen wichtig? Was bewegt und motiviert sie? Hierzu gibt der "Jugendreport zur Zukunft nachhaltiger Ernährung" Anhaltspunkte. In der Studie wurden knapp 1.500 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 15 und 29 Jahren hinsichtlich Themen wie Fleischkonsum und Klimawandel befragt. Demnach ist das Interesse an Lebensmitteln und Ernährung bei den Befragten hoch, 90 Prozent interessieren sich hierfür. Insgesamt wird das eigene Ernährungsverhalten selbstkritisch eingeschätzt.

Knapp 40 Prozent der Teilnehmenden hinterfragen ihren Fleischkonsum, zwölf Prozent bezeichnen sich selbst als vegetarisch oder vegan lebend. Dies entspricht den Zahlen, die im BMEL-Ernährungsreport 2021 ermittelt wurden. Demnach haben sich zehn Prozent vegetarisch und zwei Prozent vegan ernährt. Treiber dieser Entwicklung sind laut Jugendstudie nicht nur eine kritische Einstellung gegenüber der Fleischwirtschaft und der heutigen Tierhaltung, sondern auch der Umweltschutz, so ein Ergebnis der Studie. Veganismus sei stark mit ernährungspolitischem Engagement verbunden, weswegen der Begriff der so genannten "Politiziced Eater", den "Politisierten Essern" in diesem Zusammenhang ins Spiel kommt. Bei der jungen Generation stehen pflanzliche Ersatzprodukte hoch im Kurs, insbesondere Milch- und Fleischersatz. Diesen Produkten wird daher ein großes Marktpotenzial zugeschrieben.

Ein weiteres Thema der jungen Generation ist der Klimaschutz. In der Klimakrise sieht die Mehrheit der jungen Erwachsenen ein dramatisches Problem, bei dem das Überleben der Menschheit auf dem Spiel steht. So sieht sich laut der Studie fast ein Viertel der Befragten als Teil der Klimaschutzbewegung Fridays for Future, die 2018 von Greta Thunberg mit einem Schulstreik ins Leben gerufen wurde. 17 Prozent der befragten Teilnehmenden beteiligen sich aktiv an Fridays for Future.

Nachhaltigkeit steht im Fokus

Wie die Generation Z tickt, die Geburtenjahrgänge von 1995 bis 2010, hat zudem eine Studie von PricewaterhouseCoopers International (PwC) im Rahmen der "PwC Europe Consumer Insights Series" im Jahr 2020 unter die Lupe genommen. Hierzu wurden 2.000 jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren in Europa befragt. Ein Ergebnis ist, dass die Generation Z das Thema Nachhaltigkeit umtreibt. 37 Prozent der Befragten versuchen beispielsweise Plastik zu vermeiden. Daneben würden 62 Prozent der befragten Teilnehmenden einen höheren Preis für regionale Lebensmittel bezahlen, 52 Prozent sind zudem bereit mehr Geld für Bio-Lebensmittel auszugeben.

Gesunde Ernährung muss umfassend gut sein

Mit der Frage, was gesunde Ernährung für die Generationen Y (Geburtenjahrgänge von 1981 bis 1995) und Z ausmacht, hat sich zudem das Zukunftsinstitut beschäftigt. Gerade das Interesse am Thema Gesundheit hat sich laut Zukunftsinstitut durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkt. Dabei hat sich das Verständnis von Gesundheit gewandelt: Ein gutes und gesundes Leben erfordert auch eine gesunde Umwelt. So wollen die Konsumierenden nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Umwelt im Reinen sein. Dabei beziehe sich die Umwelt neben dem ökologischen Fußabdruck auch auf tierethische und sozial verträgliche Produktionsbedingungen, so das Institut. Davon profitieren vor allem regionale und Bio-Produkte. Über Lebensmittel informieren sich junge Menschen dabei vor allem über das Internet, der Austausch hierüber erfolgt dann über die sozialen Medien.

Pflanzliche Ersatzprodukte sind und bleiben gefragt

Dass die junge Altersklasse bis 34 Jahre mehr pflanzenbasierte Lebensmittel in Bio-Qualität kauft, zeigt auch der Blick auf die Daten des GfK-Haushaltspanels. Demnach kaufte diese Altersklasse im Jahr 2021 insgesamt rund 19 Prozent der erfassten Bio-Frischeprodukte ein. Deutlich höher lag der Anteil beispielsweise bei Bio-Fleischersatz mit 32 Prozent. Aber auch an Bio-Obst und Bio-Gemüse wurden leicht überdurchschnittliche Mengen gekauft, während unterdurchschnittliche Mengen an Konsummilch, Joghurt und Fleisch (ohne Geflügel) in Bio-Qualität über die Ladentheke gingen.

Ernährungsgewohnheit, die bereits in jungen Jahren gefestigt sind, werden meistens auch ins höhere Alter übernommen. Hier greift der Kohorteneffekt. Bei diesem sind Bevölkerungsgruppen gemeinsamen kulturellen und sozioökonomischen Einflüssen ausgesetzt, die sich mehr oder weniger auf den weiteren Lebensverlauf auswirken. So dürften als Folge pflanzliche Ersatzprodukte in den kommenden Jahren auch von älteren Altersklassen gekauft werden. Beim Fleisch könnte es hingegen zu Kaufzurückhaltung kommen. Fakt ist, dass die jüngere Generation andere Produkte einkaufen wird als die heute 50-Jährigen. So stellte die Altersklasse der 45 bis 54-Jährigen haushaltsführenden Personen zuletzt einen Mengenanteil von gut einem Fünftel an Bio-Fleischersatzprodukten und damit elf Prozentpunkte weniger als die junge Altersklasse.

Hoher Informationsbedarf vorhanden

Bei der jungen Generation besteht laut Jugendreport ein hoher Informationsbedarf hinsichtlich klimafreundlicher Ernährung. Sie fühlt sich durch das Bildungssystem schlecht über den Zusammenhang von Fleisch und Klima informiert. Der CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln wurde oft nicht richtig eingeschätzt. 69 Prozent der befragten Teilnehmenden fordern eine staatliche Unterstützung für eine klimafreundliche Ernährung. Die Mehrheit der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer fordert unter anderem eine Klimakennzeichnung für Lebensmittel, ein verpflichtendes Tierschutzlabel und eine staatliche Subvention von Obst und Gemüse. Zudem solle der Staat für mehr vegetarische/vegane Essensangebote in Mensen und Kantinen sorgen.

Wie kann der Bio-Handel jungen Menschen erreichen?

Bei der Generation Z, den sogenannten Digital Natives, die in einer Welt mit Internet und Smartphone aufgewachsen sind, sind die sozialen Medien ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Informationen über Produkte, Lebensmittel oder Rezepte werden beispielsweise über YouTube, Instagram, Pinterest oder TikTok eingeholt. Wichtig in diesem Zusammenhang sind zudem Influencerinnen und Influencer, die mit ihren Beiträgen ("Posts") in den sozialen Medien ihre Abonnenten ("Follower") mit ihren Meinungen und Botschaften an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Damit können sie als Meinungsbildner Einfluss auf die Identitätsbildung ihrer Abonnenten nehmen. Beispielsweise können sie die junge Generation dazu ermutigen, sich selbst aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. Zu den so genannten "Sinnfluencern" (Sinn plus Influencer) zählt unter anderem Luisa Neubauer, eine der Hauptorganisatorinnen von Fridays for Future in Deutschland.

Die Präsenz in den sozialen Medien ist also ein wichtiger Bestandteil, um junge Menschen auf Augenhöhe anzusprechen. Unter dem Hashtag #triffdenbiohersteller, einer Initiative des Bio-Senfherstellers Münchner Kindl, haben Bio-Hersteller zum Beispiel die Möglichkeit, ihr Unternehmen auf Instagram vorzustellen und sich mit anderen Marken zu vernetzen. 2021 fand die Aktion zu dritten Mal vom 20. bis 26. September statt. Dies wäre auch eine interessante Idee für den Bio-Handel, um Aufmerksamkeit in den sozialen Medien zu erlangen.


Letzte Aktualisierung 28.06.2022

Nach oben
Nach oben