Auszeichnung mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau 2022 für die gesamtbetriebliche Konzeption
Laudatio von Jurymitglied Jürgen Heß
"De Öko Melkburen", das ist der Zusammenschluss von drei Milchvieh-Familienbetrieben in Schleswig-Holstein, dem Hof Möller, dem Hof Brock und dem Hof Dwinger.
Hintergrund für den Zusammenschluss im Jahr 2011 war die drohende Fusion ihrer damaligen Biomolkerei mit einem größeren Unternehmen. Daraus entstand der Impuls zur Zusammenarbeit mit der kleinen lokalen bis dahin konventionell geführten Meierei Horst. Entwickelt wurde eine eigene Bio-Frischmilchlinie, die Vier-Jahreszeiten-Milch, die von den Melkburen in Eigenregie über den Bio-Großhandel und den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel vermarktet wurde und immer noch wird.
Als 2013 die Meierei Horst wegen der gefallenen konventionellen Milchpreise vor dem Aus stand, übernahmen die Ökomelkburen die Meierei, unterstützt durch Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Regionalwert AG und sicherten so sowohl ihre Vier-Jahreszeiten-Milch als auch einen Teil der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe mit Ihrem konventionellen Molkereisortiment. Inzwischen sind drei weitere Biobetriebe beteiligt, weitere sieben konventionelle Betriebe liefern nach zum Teil höheren Standards als andere konventionelle Betriebe an die Meierei.
Die Vier-Jahreszeiten-Milch ist durch ganzjährige Weidehaltung und muttergebundene Kälberaufzucht gekennzeichnet und ermöglicht den Milchkühen wie auch den Kälbern ihr natürliches Verhalten auszuleben.
Ausgehend von der muttergebundenen Kälberhaltung und dem eigenen Label haben sich die Ökomelkburen seit ihrer Gründung vor 10 Jahren um folgende Dinge verdient gemacht:
- Sicherung und Weiterentwicklung der Meierei Horst zu einer Erzeuger- und Konsumgenossenschaft mit Ausrichtung auf Regionalität, Tierwohl und kleinbäuerliche Strukturen.
- Beteiligung und Integration von drei ehemals konventionellen Betrieben.
- Etablierung einer umweltverträglichen Verpackung von Milch, Verwendung von Mehrweggläser für Joghurt und Quark.
- Co-Initiator und Mitbegründer der Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht sowie Co-Autorenschaft beim Leitfaden "Kuhgebundenen Kälberaufzucht in der Milchviehhaltung" des Thünen-Instituts, von Bioland und der Universität Kiel.
- Gründungsmitglied bei der Regionalwert AG Hamburg, der Öko-Regionalinitiative Nord und der Gemeinwohlökonomie Nord e.V.
Neben den gemeinsamen Anliegen treiben die Melkburen auch ihre jeweils eigenen Betriebsentwicklungen voran und beschreiten dabei innovationsfreudig Neuland.
So beschloss der Hof Möller die eigenen Bullenkälber nicht länger konventionell zu vermarkten, sondern selbst aufzuziehen. Eine eigene Fleischvermarktung musste aufgebaut werden. Sie läuft über die Gastronomie, Cateringunternehmen und eine neu gegründete Solawi. Die Nutzung eines insekten- und amphibienschonenden Balkenmähwerkes ist bereits langjährige Routine. Hof Dwinger betreibt einen Melkroboter für seine im Kompostierungsstall gehaltene 50köpfige Milchviehherde. Hof Bock sichert die Weiterführung seines Hofes im Rahmen einer außerfamiliären Betriebsübergabe.
Die Öko-Melkburen beweisen, dass sie in ihren jeweiligen Betrieben und auch als Zusammenschluss als De Öko Melkburen GmbH bereit sind, alte Denkmuster aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Als kleine Familienunternehmen haben sie viel Mut bewiesen, neben der Erzeugung auch noch die Vermarktung eines schwierigen, nicht lagerfähigen Produktes wie Frischmilch in die eigene Hand zu nehmen und sich im Massenmarkt zu behaupten. Ihr Engagement in der Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht sowie das in der Molkereigenossenschaft oder auch in anderen Gemeinwohlorientierten Vereinen zeigt ihren Idealismus und dass sie die Zusammenarbeit mit anderen als Stärke erleben. Ohne Toleranz, Weitsicht und einer großen Handlungskompetenz wäre diese gemeinschaftliche Betriebsentwicklung nicht möglich gewesen. Die Öko Melkburen sind ein Paradebeispiel dafür wie der abstrakte Begriff "Aufbau und Erhalt von regionalen Wertschöpfung" ganz praktisch gelingen kann. Das verdient besondere Anerkennung durch die Auszeichnung mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau.
