Bioquinoa aus Deutschland

Bioquinoa aus Deutschland – Markt, Anbau und Potenzial

Die ursprünglich in den Anden beheimatete Kultur Quinoa war in Deutschland bis vor wenigen Jahren noch weitgehend unbekannt. Doch seitdem das Pseudogetreide aufgrund seiner günstigen Nährstoffzusammensetzung als Superfood gehandelt wird, ist die Nachfrage deutlich gestiegen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen zudem, dass Quinoa glutenfrei ist.  

Inzwischen werden in Deutschland pro Jahr knapp 7.000 Tonnen vermarktet, weltweit sind es etwa 250.000 Tonnen. Der überwiegende Teil davon, mehr als 95 Prozent, stammt aus den klassischen Quinoa-Anbauländern Bolivien, Peru und Ecuador.  

60 Betriebe bauen Quinoa an

Wegen der gestiegenen Nachfrage und eines wachsenden Bewusstseins für die Vorzüge regional erzeugte Lebensmittel wird Quinoa inzwischen auch in Deutschland angebaut. Bundesweit sind etwa 60 Betriebe in die Erzeugung eingestiegen. Der größte Teil davon arbeitet konventionell und auf Vertragsbasis mit einer Mühle. 

Im Biobereich ist die Bohlsener Mühle in der Lüneburger Heide bisher die einzige, die heimische Quinoa verarbeitet und über Anbauverträge erzeugen lässt. Zurzeit sind es drei Biobetriebe mit einer Anbaufläche von rund 20 Hektar Quinoa. Johannes Herbert, Leiter des Vertriebs Rohstoffe, bestätigt die wachsende Nachfrage nach regional erzeugter Quinoa. "Wir haben auf Messen und von zahlreichen Einzelhändlern und Bäckern viel positives Feedback zu regional angebauter Quinoa bekommen. Deshalb haben wir ein regionales Anbauprojekt aufgebaut." 

Heimische Ware ist 30 Prozent teurer

Zwar ist heimische Ware laut Herbert etwa 30 Prozent teurer als Importe aus Südamerika. Bei gut sichtbarer Herkunftskennzeichnung auf der Verpackung seien aber viele Verbraucherinnen und Verbraucher bereit, den Mehrpreis zu zahlen. "Besonders gut kommt heimische Quinoa in Backwaren an, vor allem in Brot", berichtet Herbert.  

Obwohl es keine speziell an das deutsche Klima angepassten Sorten gibt, ist ein wirtschaftlicher Bioanbau möglich. Zwar gedeiht die Pflanze auch unter norddeutschen Verhältnissen, optimal sind aber wärmere Regionen wie das Rhein- oder Donautal. Für den Anbau kommen vor allem Sand- oder leichte Lehmböden in Frage.  

Langsame Jugendentwicklung

Allgemein gilt Quinoa als relativ anspruchslos, entsprechend ihrer Herkunft aus den Höhenlangen der Anden. Sie benötigt nur etwa ein Drittel der Wassermenge von Weizen und kommt mit 100 bis 120 Kilogramm Stickstoff pro Hektar aus. Die Aussaat kann ab Mitte April erfolgen. Doch obwohl die Kultur mit niedrigen Temperaturen und selbst Frost gut zurechtkommt, ist die Jugendentwicklung eher langsam. 

Umso mehr muss im ökologischen Anbau auf eine ausreichende Unkrautkontrolle geachtet werden. Pflügen vor der Aussaat und frühzeitiger Einsatz von Hacke und Striegel sind Pflicht. Zu den Problemunkräutern zählt vor allem die Melde, die wie Quinoa ein Gänsefußgewächs ist. Während bisher noch keine speziellen Pilzkrankheiten im Quinoa-Anbau bekannt sind, kann dagegen ein stärkerer Befall mit tierischen Schaderregern wie Blattlaus, Wiesenwanze und Schildkäfer durchaus zu größeren Ertragseinbußen führen.

Eigenschaften von Quinoa

Die Ernte beginnt in der Regel ab Ende August mit konventionellen Mähdreschern. Trotz der geringen Größe der Quinoakörner von durchschnittlich zwei Millimetern kann Quinoa mit normalen Getreidesieben gedroschen werden. Es ist aber sinnvoller, alle größeren Ritzen in der Maschine gut abzudichten. Auch der Wind muss sehr sorgfältig eingestellt werden, um einen Reinigungseffekt zu erzielen, ohne die Körner aus der Maschine zu blasen. Der Drusch selbst ist in der Regel problemlos, weil die Pflanzen sehr standfest sind und auch kein Ausfall der Körner zu befürchten ist.  Aufbereitung der Ernte ist anspruchsvoll Die Erträge im ökologischen Anbau liegen zwischen 500 Kilogramm und zwei Tonnen pro Hektar. Um Qualitätseinbußen zu vermeiden, muss die Ernte möglichst noch am gleichen Tag getrocknet werden. Zielwert sind zwölf Prozent Restfeuchte im Quinoakorn. Anschließend folgt eine Spezialreinigung per Fotoauslese, da dunkle Körner und die zum Verwechseln ähnlichen Samen der Melde entfernt werden müssen.  

Trotz des relativ großen Aufwands zur Aufbereitung der Ernte sind die Deckungsbeiträge durchaus attraktiv, wie Olaf Wilkens bestätigt. Wilkens ist einer der drei Biolandwirte, die in der Lüneburger Heide Bioquinoa für die Bohlsener Mühle anbauen. Für ihn ist Quinoa eine gute Alternative zu Getreide, die in normalen Anbaujahren deutlich höhere Deckungsbeiträge ermöglicht. Laut Wilkens ist die Kultur auch für den Ökolandbau gut geeignet, weil sie einen eher geringen Nährstoffbedarf hat und die mechanische Unkrautkontrolle mit den bereits vorhandenen Standardgeräten möglich ist. Zudem lässt sich Quinoa nach seiner Erfahrung gut in die Fruchtfolge einbinden. Er stellt sie in der Regel nach einer Körnerleguminose und düngt zusätzlich noch mit etwas Stallmist. 

Auch Totalausfälle sind möglich

"Allerdings muss man sich bewusst machen, dass sich der Anbau noch im Versuchsstadium befindet", warnt der Biolandwirt. "Da muss man auch mal einen Totalausfall einkalkulieren." Auf seinen Sandböden ist er mit einem Ertrag von einer Tonne pro Hektar schon sehr zufrieden. Denn fast in jedem der bisher vier Anbaujahre gab es bisher neue Herausforderungen. So haben die Pflanzen zwar den extrem trockenen Sommer 2018 gut überstanden. Dafür kostete ihn ein überraschend starker Blattlausbefall etwa 50 Prozent des Ertrags.  Ein großes Thema ist aus seiner Sicht auch die Aufbereitung der Ernte. Unerwünscht sind zum Beispiel zu dunkle Körner, die ausgelesen werden müssen und so den Ertrag schmälern. Da Quinoa aber häufig ungleichmäßig abreift, kommt es bei feuchteren Bedingungen oft zum Befall mit Schwärzepilzen. Die aufwändige Reinigung mit Fotoauslesern durch einen externen Dienstleister ist zudem teuer. "Diese professionelle Reinigung bieten bundesweit nur sehr wenige Dienstleister an", sagt Wilkens. "Dafür fallen dann Kosten von 20 bis 50 Cent pro Kilogramm an."

Es fehlt an angepassten Sorten

Ausbaufähig ist aus seiner Sicht auch das Sortenangebot. Es fehlen zum Beispiel ertragsstärkere Sorten mit gleichmäßiger Abreife. Immerhin startete 2017 an der Universität Kiel ein fünfjähriges Züchtungsprojekt mit dem Ziel, weitere Sorten für das mitteleuropäische Klima zu entwickeln. Derzeit gibt es aber aufgrund des sehr kleinen Marktes nur einen Anbieter in Deutschland mit funktionierenden, bitterstoffarmen Sorten.  

Das Saatgut ist zwar relativ teuer, benötigt werden pro Hektar allerdings nur etwa zehn bis fünfzehn Kilogramm. Dafür erhält Wilkens beim Saatgutkauf automatisch eine Anbauberatung vom Züchter. Das Anbau-Know-how entwickelt er durch regelmäßigen Austausch mit den beiden anderen Erzeugerbetrieben der Region weiter. 

Olaf Wilkens wird auf jeden Fall weiterhin auf Quinoa setzen. "Dass es beim Pionieranbau einer neuen Kultur auch mal Rückschläge gibt, ist ganz normal. Aber ich denke, die Pflanze hat ein größeres Potential für den heimischen Anbau."


Letzte Aktualisierung 30.01.2019

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