Biologische Haltung von Rindern, Schafen, Ziegen und anderen Pflanzenfressern

Grundlagen zur Haltung von Pflanzenfressern

Neben Rindern, Schafen, Ziegen und Equiden zählt die neue EU-Öko-Verordnung jetzt auch die Gruppe der Geweihträger zu den Pflanzenfressern. Im Wesentlichen wurden die bisherigen Regelungen übernommen. In einzelnen Bereichen sind Verschärfungen festgelegt worden. Worauf bei Tierzukäufen, Fütterung, Haltung sowie Eingriffen am Tier zu achten ist, erfahren Sie hier.

Diese Rechtstexte gelten bei der Haltung von Pflanzenfressern im Öko-Landbau seit dem 1.1.2022

Tierzukäufe

Die neue EU-Öko-Verordnung schreibt vor, welche Mindestinformationen durch die Mitgliedstaaten über die Verfügbarkeit von ökologischen/biologischen Tieren bereitzustellen sind (Anhang III der Durchführungsverordnung (EU) 2020/464 auf Grundlage von Art. 26 der Verordnung (EU) 2018/848).

In Deutschland ist diese Anforderung über die Datenbank "organicXlivestock des FiBL" umgesetzt worden. Die Datenbank gibt einen Überblick über das Angebot an ökologischen Tieren in Deutschland und vereinfacht so den Handel. Damit gilt seit dem 1. Januar 2022, dass sämtlich Tierzukäufe nicht-ökologischer Tiere über diese Datenbank beantragt werden müssen.

Nähere Informationen und Anleitungen finden sich direkt in der Datenbank sowie im Artikel "organicXlivestock: neue Datenbank für Öko-Tiere".

Fütterung

Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass die notwendigen Futtermittel überwiegend vom eigenen Betrieb stammen müssen oder, falls dies nicht möglich ist, aus einer regionalen Kooperation. Der geforderte Anteil der Futtermittel aus der Region bleibt zunächst bei 60 Prozent steigt aber ab dem 1. Januar 2023 auf 70 Prozent (Verordnung (EU) 2018/848, Anhang II Teil II Nummer 1.9.1.1  und Anhang II Teil II Nummer 1.4.3).

Der Anteil der erlaubten Umstellungsfuttermittel, also Futtermittel, die aus dem zweiten Umstellungsjahr stammen, wurde von 30 Prozent auf 25 Prozent reduziert. Stammt diese Umstellungsware jedoch aus dem eigenen Betrieb, so bleibt der erlaubte Anteil bei 100 Prozent, wie bereits in der alten Verordnung festgelegt. Weiterhin gilt, dass ein Anteil von maximal 20 Prozent des Futters vom Dauergrünland, mehrjährigen Futterkulturen oder Eiweißpflanzen des eigenen Betriebs eingesetzt werden darf, die noch aus dem ersten Jahr der Umstellung stammen. Bei der Berechnung der erlaubten Futterrationen wird der eingesetzte jährliche Prozentanteil in Trockenmasse der jeweiligen Futtermittel zu Grunde gelegt.

Die vorzugsweise Fütterung von Jungtieren mit Muttermilch wurde aus der alten Verordnung übernommen (Anhang II Teil II Punkt 1.4.1 der Verordnung (EU) 2018/848). Muss dennoch ein Milchaustauscher eingesetzt werden darf dieser keine chemisch-synthetischen Bestandteile oder Bestandteile pflanzlichen Ursprungs enthalten. Dies gilt auch für Milchaustauscher mit pflanzlichen Anteilen aus ökologischer Erzeugung.

Zur Verwendung als Futtermittel oder zur Futtermittelherstellung zugelassene Erzeugnisse und Stoffe (nichtökologische / nichtbiologische Einzelfuttermittel, Futtermittelzusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe) gemäß Artikel 24 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/848, sind in Teil A und B im Anhang III der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165 aufgelistet. Sie wurden im Wesentlichen unverändert aus der bisherigen EU-Bio-Verordnung übernommen.

Haltung

Die Vorgaben für die Tierhaltung von Pflanzenfressern hinsichtlich Besatzdichte, Mindeststallflächen und Mindestaußenflächen bleiben unverändert (Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2020/464). Neben Rindern, Schafen, Ziegen und Equiden gelten diese Regelungen jetzt auch für die Gruppe der Geweihträger.

Zugang zu Weideland muss gewährt werden, wann immer die Umstände dies gestatten (Anhang II Teil II Nummer 1.7.3, 1.9.1.1 und 1.9.2.1 der Verordnung (EU) 2018/848). Als Umstände sind hier entsprechende Witterungsbedingungen anzusehen, die vor allem Einfluss auf den Bodenzustand haben können. Die örtliche Lage eines Stalls (zum Beispiel mitten in einer Siedlung), die den Zugang zu Weideflächen erschwert, ist als kein ausreichender Umstand für die Nicht-Gewährung von Weidezugang anzusehen. Männlichen Rinder von über einem Jahr muss grundsätzlich der Zugang zu Weideland oder Freigelände gewährt werden. Damit ist die bisher geltende Regelung aufgehoben, wonach männliche Rinder in der Endmast für bis zu drei Monate im Stall gehalten werden dürfen.

Tierschutz und Bodenschutz sowie weitere Umwelteinflüsse, die sich gegebenenfalls aus der Beweidung ergeben, werden in Anhang II Teil II der EU-Öko-Verordnung beschrieben:

  • Unterstände, Schutz vor Extremwetter (1.6.2)
  • feuchter, sumpfiger Boden (1.6.10)
  • Tierethologie (1.7.2) und
  • Überweidung und Bodenschutz (1.7.4)

Anbindehaltung ist grundsätzlich untersagt, außer bei Einzeltieren aus tierärztlichen Gründen oder wenn eine entsprechende Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörde für einen Bestand von maximal 50 ausgewachsenen Tiere vorliegt (Anhang II Teil II Nummer 1.7.5 der Verordnung (EU) 2018/848). Damit wird die bisherige Regelung mindestens fortgeführt. Sie erlaubte eine Anbindehaltung in Verbindung mit Weidepflicht während der Vegetationsperiode und der Gewährung von Zugang zu Freigelände mindestens zweimal pro Woche, wenn Weidegang nicht möglich ist.

Eingriffe an Tieren

Mögliche und notwendige Eingriffe an Tieren sind in der Verordnung (EU) 2018/848 Anhang II Teil II unter den Nummer 1.7.7, 1.7.8 1.7.9 und 1.7.10 geregelt. Demnach ist das Kupieren von Schwänzen, die Enthornung und die Entfernung der Hornknospen nur in Einzelfällen möglich. Dazu müssen sowohl die Aspekte des Tierschutzes als auch der Arbeitssicherheit geprüft werden. Die Genehmigung erfolgt auf dieser Grundlage durch die zuständigen Behörden der Länder.

Eingriffe an Tieren wie das Kupieren von Schwänzen ist im Öko-Landbau nur in Einzelfällen mit einer Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden möglich. Als Nebenbedingung für diese Eingriffe muss die Verabreichung von Betäubungs- und/oder Schmerzmitteln gewährleistet sein. Sie dürfen nur von qualifiziertem Personal durchgeführt werden.

Ausnahmegenehmigungen

Die Delegierte Verordnung (EU) 2020/2146 sieht vor, dass es gemäß Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/848 bei besonderen Vorkommnissen Ausnahmen von den Produktionsvorschriften geben kann. Hier sind zum Beispiel besondere widrige Witterungsereignisse wie Starkregen oder längere Dürreperioden zu nennen, aber auch Katastrophenfälle jeglicher Art, die erheblichen Einfluss auf die gesamte ökologische Erzeugung haben können. In diesen Fällen werden die zuständigen Behörden ermächtigt, für einen begrenzten Zeitraum Ausnahmegenehmigungen zur erlassen. Diese können den Zukauf von nicht-ökologischem Pflanzenvermehrungsmaterial und von nicht ökologischen Tieren, die Pflicht zur Weidehaltung, die Einhaltung der Besatzdichten und die prozentualen Anteile an Futtermitteln nicht ökologischer Herkunft betreffen.

Mehr zum Thema auf Oekolandbau.de:

Weitere Infos im Web:

Naturland: Leitfaden Tierwohl

Letzte Aktualisierung 07.06.2022

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