Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland denken darüber nach, auf ökologische Wirtschaftsweise umzustellen. Wer sich für eine Umstellung entscheidet, steht vor einer Reihe von Fragen, die es zu beantworten gilt. Eine davon ist: Soll der Betrieb allein nach EU-Öko-Verordnung, also nach gesetzlichem Standard, bewirtschaftet werden oder geht man noch einen Schritt weiter und schließt sich einem ökologischen Anbauverband an?
Die Richtlinien der Verbände sind zum Teil strenger als die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung. Darüber hinaus entstehen durch die Mitgliedschaft zusätzliche Kosten. Andererseits kann eine Mitgliedschaft Vorteile bieten, zum Beispiel bei der Vermarktung und Preisgestaltung. Zudem ermöglicht sie einen intensiveren Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Die Entscheidung, Anbauverband oder nicht, muss allerdings nicht gleich von Anfang an getroffen werden. Die Möglichkeit, sich einem Anbauverband anzuschließen, besteht auch zu einem späteren Zeitpunkt noch.
Wer sich für die Option "Anbauverband" entscheidet, muss noch die Frage klären: Welcher Verband soll es sein? Denn in Deutschland gibt es zehn Anbauverbände bzw. -Standards. Und die unterscheiden sich nicht allein in Mitgliederzahl und Flächengröße voneinander. Sondern auch darin, in welchen Produktionsbereichen sie aktiv sind. Ecovin zum Beispiel kümmert sich allein um den ökologischen Weinbau in Deutschland. Die meisten Verbände decken in der Regel aber die gängigen Bereiche Pflanzenbau und Tierhaltung (samt Imkerei) ab. Im Bereich Aquakultur bzw. Teichwirtschaft wird es mit der Auswahlmöglichkeit dann schon dünner. Den Bereich Waldwirtschaft regeln nur noch Naturland und Biokreis und um die Belange des nachhaltigen Fischfangs in öffentlichen Gewässern kümmert sich allein Naturland.
Die Verbände unterscheiden sich zum Teil auch in ihren Anschauungen von ökologischer Landwirtschaft. Der Demeter-Verband beispielsweise erwartet von seinen Mitgliedsbetrieben, dass diese nach biologisch-dynamischen Grundsätzen wirtschaften, die auf antroposophische Ansätze von Rudolf Steiner aus dem Jahr 1924 zurückgehen. Häufiger geht es aber um Details: Unterschiedliche Ansichten zwischen den Verbänden gibt es zum Beispiel beim Einsatz von Biogut-Komposten. Oder in Sachen Biodiversität: So haben bisher nur Demeter, Bioland, Biopark, Ecovin und Biozyklisch-Vegan verbindliche Anforderungen zur biologischen Vielfalt in den Richtlinien verankert. Und auch in Bereich Tierhaltung gibt es Unterschiede: Zum Beispiel bei der Anbindehaltung, der Ferkelkastration, der Enthornung oder der Fütterung konventioneller Eiweißfuttermittel. Eine Landwirtschaft ganz ohne Tierhaltung und tierische Betriebsmittel ist Gegenstand der Biozyklisch-Veganen Richtlinien.
Die folgenden Steckbriefe sollen Licht ins Dunkel des Verbände-Dschungels bringen und dabei helfen, den Verband zu finden, der am besten zum jeweiligen Betrieb passt. Dabei werden die wichtigsten Unterschiede zwischen den Verbänden und der EU-Öko-Verordnung aufgezeigt – aber auch wie die Verbände sich voneinander unterscheiden.
Hinweis: Die Richtlinien der Verbände sind mit Stand 2022 in den meisten Fällen noch nicht auf ihrem endgültigen Stand. In vielen Fällen sind bislang Minmalanpassungen an die seit 1.1.2022 geltende neue EU-Öko-Verordnung erfolgt. In den folgenden Monaten werden die Richtlinien noch konsolidiert und "feingeschliffen".