Kartoffelflocken und Stärke

Bio-Kartoffeln zu Flocken und Stärke verarbeiten

Die Verarbeitung von Bio-Kartoffeln zu Flocken und Stärke wird in Deutschland maßgeblich vom Erzeugerzusammenschluss "Bio Kartoffel Nord" betrieben. Während Flocken den Weg in den Außer-Haus-Markt, den Naturkosthandel und zu Tierfutterherstellern finden, wird native Kartoffelstärke in der lebensmittelproduzierenden Industrie eingesetzt.

Bio-Kartoffeln eignen sich als Rohstoff für eine Vielzahl verschiedenster Produkte. Neben Chips, Pommes frites oder Kroketten sind dies auch Kartoffelflocken und Stärke. Auch Bio-Kartoffelstärke bietet viele Einsatzmöglichkeiten, vor allem in der Nahrungsmittelindustrie. Die pulverförmige Stärke wird unter anderem als Verdickungsmittel und Stabilisator in Puddingpulver, Desserts, Saucen oder auch diversen Fertiggerichten verwendet.

Die Bio Kartoffel Nord (BKN), ein Zusammenschluss von Landwirtinnen und Landwirten von Speise- und Verarbeitungskartoffeln, war lange Zeit der einzige Hersteller von Bio-Stärke und -Flocken in Deutschland. Die Organisation hat ihren Unternehmenssitz im niedersächsischen Lüchow. Hier befindet sich auch die Kartoffelstärkefabrik, die zweimal im Jahr angemietet wird, um die Bio-Kartoffeln zu Stärke zu verarbeiten.

Seit Herbst 2020  gibt es mit "Südstärke" in Süddeutschland ein weiteres Verarbeitungsunternehmen. In dem Werk in Sünching wurden die ersten zuckerfreien Bayerischen Bio-Kartoffelflocken hergestellt und können zukünftig in vielen Bereichen der Bio-Lebensmittelherstellung eingesetzt werden. Diese Versuchsproduktion wurde von der Öko-Modellregion Paartal begleitet und mit den Kartoffeln der Bio-Vermarktungsgesellschaft Pöttmes durchgeführt. Seit 2021 wurde bei Südstärke die Produktion von Bio-Stärke aus regional erzeugten Kartoffeln in Betrieb genommen. Durch das neue Angebot an Bio-Kartoffelstärke mit dem Bayerischen Bio-Siegel erhalten nun viele kleine und große Verarbeitungsbetriebe die Möglichkeit, ihre verarbeiteten Bio-Produkte mit dem Qualitäts- und Herkunftsnachweis "Bio aus Bayern" herzustellen.

In Österreich gibt es einen weiteren großen Verarbeiter: AGRANA. Unter anderem in Süddeutschland lässt AGRANA Bio-Kartoffeln für die Herstellung von Flocken und Stärke im Vertrag anbauen.

Flockenherstellung erfordert viel Know-how

Um Kartoffelflocken mit einem möglichst hohen Reinheitsgrad herzustellen, sind spezielle Maschinen erforderlich - und viel Erfahrung. Für die Bio-Flockenherstellung bei der Bio Kartoffel Nord liefern gut 80 Mitgliedsbetriebe den Rohstoff. Die Anbauflächen befinden sich schwerpunktmäßig im Norden Deutschlands sowie zur Risikoabsicherung bei eventuellen Ernteausfällen in Bayern, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Ein international tätiges Unternehmen im Bereich Kartoffelstärke ist AGRANA. Am Standort in Österreich werden sowohl konventionell als auch ökologisch erzeugte Kartoffeln zu Stärke verarbeitet. In Süddeutschland werden Bio-Kartoffeln für AGRANA im Vertrag angebaut.

Oekolandbau.de fragt Geschäftsführer der BKN, Carsten Niemann nach den Besonderheiten der ökologischen Kartoffelverarbeitung. Werner Zuser, zuständig für den Rohstoffeinkauf der Stärke bei AGRANA, äußert sich ebenfalls zum Markt.

Oekolandbau.de: Gibt es Unterschiede zwischen der konventionellen und ökologischen Kartoffelverarbeitung?

Niemann: Ja, ganz klar. Bei der ökologischen Stärkeverarbeitung wird kein Schwefeldioxid eingesetzt. Die Bio-Stärke ist dann nicht so weiß wie konventionelle Kartoffelstärke, sondern das Kartoffeleiweiß geht leicht ins Bräunliche. Laien würden dies kaum merken, aber als Experten sehen wir die feinsten Farbnuancen im Endprodukt.

Bio-Kartoffelflocken sind der Ausgangsstoff für veganes und glutenfreies Püree und werden zum Andicken von Suppen und Saucen verwendet. Die Herstellung unterscheidet sich von der konventionellen Verarbeitung. Hier wird das Püree in der Regel aus einem Granulat hergestellt, welches aus gekochten und zerkleinerten Kartoffeln gewonnen wird. Für Bio-Püree werden die Kartoffeln ungekocht zu Brei verarbeitet, aus dem durch Walzen und Trocknen die Flocken gewonnen werden.

Zuser: Im Verarbeitungsprozess zu konventioneller oder bio-zertifizierter Kartoffelstärke gibt es minimale Unterschiede. Auf eine strikte Trennung von konventionellen und ökologischen Kartoffeln ist in der gesamten Kette zu achten. Vor der Verarbeitung von Bio-Kartoffeln müssen die Anlagen gründlich gesäubert werden. Die eingesetzten Verarbeitungshilfsstoffe müssen öko-konform sein, es dürfen zum Beispiel nur organische Säuren (zum Beispiel Zitronensäure) zur pH-Wert-Einstellung verwendet werden. Im konventionellen Bereich kommen hier auch mineralische Säuren wie Salzsäure zum Einsatz. Auch Schwefeldioxid darf bei der Bio-Kartoffelverarbeitung nicht eingesetzt werden.

Oekolandbau.de: Welche Voraussetzungen muss eine Kartoffel für die Verarbeitung zu Flocke und Stärke erfüllen?

Niemann: Vom Stärkegehalt der Kartoffel ist abhängig, wie viel Stärke gewonnen werden kann. Bei BKN ist dies aber nicht die Hauptanforderung an die Kartoffel. Auch aus Kartoffeln mit einem geringeren Stärkegehalt kann Stärke gewonnen werden. Es hat sich eingebürgert, dass die Fabriken auf eine hohe Ausbeutung fixiert sind. Wenn du aber Bio-Kartoffelstärke herstellst, dann kannst du auch mit Rohware mit nur zehn Prozent Stärkegehalt noch eine sinnvolle Verwertung erzielen. Die BKN hilft somit auch Bio-Landwirtinnen und Landwirten, deren Kartoffeln sonst nicht für den Speisemarkt geeignet sind und in die Biogasanlage oder im Tierfutter landen würden. Auf diese Art und Weise lassen sich auch von den Packbetrieben aussortierte Bio-Kartoffeln mit einem gewissen Gewinn vermarkten.

Bei der Flocke braucht man auch in der Bio-Verarbeitung einen Mindeststärkegehalt von 13 Prozent. Die Verarbeitung zur Flocke geschieht mit modernster Walzentrocknung. Der Mindeststärkegehalt ist Voraussetzung, damit sich auf der beheizten Walze ein Kartoffelfilm bildet. Die Walze macht aus dem Kartoffelbrei eine dünne Schicht, ähnlich wie Esspapier. Dann schabt ein Balken mit Messer den Film ab zu Flocken.

Zuser: Für AGRANA sind im Stärkebereich ein hoher Stärkegehalt sowie eine ausreichende Lagerfähigkeit der Kartoffel entscheidend. Bei Kartoffelflocken sind zusätzlich die Fleischfarbe und die Ausbeute wichtige Kriterien. In der landwirtschaftlichen Produktion ist zudem eine gewisse Toleranz gegenüber Krautfäule – vor allem im Bio-Bereich – eine Voraussetzung.

Oekolandbau.de: Wer sind die Abnehmerinnen und Abnehmer von Bio-Flocken und Bio-Stärke?

Niemann: Bio-Kartoffelflocken werden vor allem über den Naturkosthandel vermarktet. Hier zeigt sich in der Corona-Krise ein deutlicher Nachfrageanstieg. Die Fertigpackungen für Kartoffelpüree laufen sehr gut.

Man würde meinen, dass Kantinen, Kitas und Schulen, die Bio-Produkte einsetzen, auch vermehrt Bio-Kartoffelflocken für die Herstellung von Kartoffelbrei nachfragen. Dies ist aber nicht der Fall. Hier sind eher geschälte und vakuumierte Kartoffeln gefragt, die dann in den Küchen selbst püriert werden. Großküchen, die Wert auf die Zubereitung von gesundem Essen legen, lehnen häufig vorgefertigte Produkte ab. Bio-Kartoffelflockenhersteller sind also im Großverbraucherbereich kaum unterwegs.

Bei Bio-Kartoffelstärke gibt es kein Endverbrauchergeschäft, die Hersteller beliefern Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie im In- und Ausland. Das klassische B2B-Geschäft.

Oekolandbau.de: Ist es für den Verarbeiter wichtig, das Zertifikat eines Anbauverbands zu haben?

Zuser: Bei AGRANA werden sowohl Verbands- Bio-Kartoffeln als auch sogenannte Codex-Kartoffeln (ohne Verbandszugehörigkeit) eingesetzt. Für bestimmte Verwertungsrichtungen beziehungsweise Märkte ist ein Zertifikat eines Anbauverbands eine Notwendigkeit.

Niemann: Bei der Herstellung zu Pommes, Kroketten und Chips in Bio-Qualität ist das Zertifikat eines Anbauverbands ein klarer Vermarktungsvorteil in Deutschland. Aber bei Stärke und Flocken ist der Anteil von Verbandsware noch gering. Meiner Meinung nach wird die Verbandszugehörigkeit für die viele Bio-Verarbeiter aber in Zukunft immer wichtiger.

Oekolandbau.de: Vielen Dank für das Interview.


Letzte Aktualisierung 09.08.2022

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