Erste bio-zertifizierte Schulmensa am Niederrhein

Erste bio-zertifizierte Schulmensa am Niederrhein

Als erste Lehr- und Produktionsküche in der Öko-Modellregion Niederrhein hat die Mensa des Schulzentrums in Kevelaer die Bio-Zertifizierung erhalten. Die Umstellung war am Anfang viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt – so Koch Thomas Wanders.

Pächter der Mensa ist das SOS-Kinderdorf Niederrhein. Das ist eine besondere Konstruktion für einen besonderen Zweck: Die Mensa versorgt nicht nur Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums und einer nahegelegenen Grundschule täglich mit warmen Mahlzeiten; hier werden auch junge Menschen mit besonderen Bedarfen in den Bereichen Küche und Hauswirtschaft ausgebildet, umgeschult und auf das Berufsleben vorbereitet.

Auf einen Blick

  • Täglich bis zu 650 warme Mahlzeiten für die Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums in Kevelaer sowie eine Grundschule
  • Biozertifiziert seit Oktober 2023
  • Monetärer Bio-Anteil: rund 20 Prozent
  • Preise pro Mittagessen: 3,80 Euro bei Vorbestellung, 4,30 Euro für Spontan-Esser und 6,00 Euro für Lehrkräfte
  • Ausbildung und Umschulung von jungen Menschen mit besonderen Bedarfen im Bereich Küche und Hauswirtschaft

    Bio-Produkte für die Schulverpflegung

    "Der Impuls für die Bio-Zertifizierung kam von der Leitungsebene unserer Einrichtung", berichtet Thomas Wanders. Er ist einer der beiden angestellten Köche und gleichzeitig Arbeitspädagoge für die Azubis. Zum Team gehören außerdem zwei Hauswirtschafterinnen, eine Psychologin, eine Lehrkraft und ein Pädagoge. "Im Vorfeld der Umstellung haben wir uns viele Informationen besorgt, Lieferanten gesucht und Preise verglichen", so Wanders. "Das hat schon einige Monate Zeit gekostet".

    Vor allem der Aufbau eines Netzes an regionalen Lieferunternehmen war natürlich aufwendiger als alle Lebensmittel bei nur einem Grossisten zu bestellen. Aber es war und ist den Verantwortlichen der Mensa ein Anliegen, wo es geht, frische Lebensmittel aus der Region zu beziehen.

    Lieferunternehmen

    Produkte

    Chef´s Culinar

    Grossist, darüber auch Bio-Teigwaren, und Bio-Reis

    Hambrock Großhandel

    Bio-Reis

    Regionale Lieferunternehmen

     

    Großschlachterei Thönes

    Bio-Rindfleisch

    Bauernmarkt Lindchen

    regionales Gemüse - bisher konventionell

    Metzgerei Abels

    Fleisch- und Wurstwaren vom Schwein und Geflügel - regional, konventionell

    Hilfreich waren bei der Suche nach Lieferunternehmen der Austausch über die Öko-Modellregion Niederrhein und eine Schulung im Rahmen von "NRW kocht mit Bio" durch das Beratungsunternehmen a´verdis.

    Sehr lehrreich für die Küchenkräfte und Azubis war auch eine Exkursion zur Großschlachterei Thönes Naturverbund, die sich auf Bio- und Naturfleisch spezialisiert hat. Bei der Zubereitung von Bio-Rindfleisch stellte der Küchenprofi fest: "Die Qualität ist viel hochwertiger und das Fleisch zieht weniger Wasser".

    Neben Rindfleisch kauft die Mensa aktuell alle Teigwaren und Reis zu 100 Prozent in Bio-Qualität. Weitere Produkte sollen folgen, wenn es die Preise zu lassen. So würde Thomas Wanders auch gerne alle Gewürze sowie Fette und Öle auf Bio umstellen.

      Junge Menschen in Berufsvorbereitung und Ausbildung

      Nach Vermittlung durch die Arbeitsagentur, den Job-Centern oder der Deutschen Rentenversicherung machen regelmäßig 20 bis 25 junge Menschen mit besonderen Bedarfen in der Mensa eine dreijährige Ausbildung in der Küche oder Hauswirtschaft. "Praktisch alle bringen wir zu einem erfolgreichen Abschluss", versichert Wanders. Alle werden händeringend auf dem Arbeitsmarkt gesucht. Die Nachfrage ist so groß, dass gastronomische Betriebe, bei denen die Azubis ein Praktikum machen, immer wieder versuchen, diese abzuwerben.

      Alles in allem zieht Thomas Wanders eine positive Bilanz: "Gelohnt hat sich das auf jeden Fall". Das gilt für die Qualität der Produkte, aber auch für das, was die Azubis mitnehmen. "Denn seitdem die Mensa bio-zertifiziert ist, sprechen sie natürlich auch mehr über das Thema Bio und Nachhaltigkeit."

      Mehr bio-regionale Wertschöpfungsketten in der Öko-Modellregion

      Die Öko-Modellregion Niederrhein mit dem beiden Kreisen Kleve und Wesel setzt sich für den Aufbau von bio-regionalen Wertschöpfungsketten ein. Vor allem die Nachfrage der Außer-Haus-Verpflegung nach regionalen Bio-Produkten soll gesteigert werden. Die Regionalmanagerin Kirstin Surmann nennt im Interview mit Oekolandbau.de die Details.

      Oekolandbau.de: Was sind aus Ihrer Sicht die Erfolgsfaktoren für mehr regionales Bio in der Gemeinschaftsverpflegung?

      Kirstin Surmann: Da muss an verschiedenen Stellschrauben gleichzeitig gedreht werden. Es braucht ein breites Netzwerk von motivierten Partnern entlang der Wertschöpfungskette, die mit uns gemeinsam an dem Thema arbeiten. In der Öko-Modellregion vernetzen sich Akteure – vom Landwirt bis zum Koch – um gemeinsam an Lösungen für eine bio-regionale Verpflegung zu arbeiten. Dafür wurde eine Arbeitsgruppe "Heimische Bio-Produkte in der Außer-Haus-Verpflegung" gebildet, die sich mehrmals im Jahr trifft.

      Oekolandbau.de: Welche Rolle spielen dabei die Kommunen?

      Kirstin Surmann: Mit den Kommunen innerhalb der Öko-Modellregion sind wir insbesondere zur bio-regionalen Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen im Austausch. In Form von Leitfäden und Info-Veranstaltungen klären wir darüber auf, wie man die Aspekte "Bio" und "Regionalität" in Ratsbeschlüssen und Vergabeverfahren verankern kann. Für die Umsetzung ist insbesondere die Unterstützung vonseiten der Politik gefragt.

      Oekolandbau.de: Und wie funktioniert die Beschaffung der Bio-Lebensmittel?

      Kirstin Surmann: Auf der Webseite der Öko-Modellregion Niederrhein werden Bio-Produzentinnen und -Produzenten mit Produkten für die Außer-Haus-Verpflegung in einer interaktiven Karte sichtbar gemacht. Allerdings bleibt die Logistik oftmals eine Herausforderung. Für eine erfolgreiche Belieferung mit regionalen Bio-Produkten braucht es einen Bündelungsunternehmen, das die verschiedenen Bio-Produkte vom Niederrhein zu den Einrichtungen bringt. Wir arbeiten daran, Synergieeffekte mit bereits bestehenden Bündelungsunternehmen in der Region zu nutzen und weiter auszubauen. Da die Nachfrage an vorverarbeiteten Produkten groß ist, beschäftigen wir uns auch mit dem Aufbau eines Weiterverarbeitungsbetriebs für gewaschene und geschälte Obst- und Gemüse-Produkte.


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        Letzte Aktualisierung 16.07.2024

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