Oekolandbau.de: Hat sich der Einkauf von Bio-Lebensmitteln insgesamt auf die Wareneinsatzkosten ausgewirkt?
Anton Eisele: Der Einsatz von Bio-Produkten erhöht den Wareneinsatz. Doch durch die richtige Auswahl der Produkte können wir das umsetzen. Denn wir haben nicht den Anspruch, unser Speiseangebot komplett auf Bio umzustellen.
Michael Tibi: Der Wechsel von konventioneller Pasta auf die Bio-Variante bedeutet auf den ersten Blick Mehrkosten in Höhe von 78 Prozent. Da wir die Bio-Pasta etwa alle zwei Tage anbieten, hätten wir hier natürlich einen Effekt auf den Wareneinsatz. Diesen kompensieren wir jedoch über smarte Rezepturen. Das heißt: wir kreieren Rezepte mit kostengünstigen Zutaten. Die Herausforderung ist dabei, für den Patienten ein attraktives Gericht anbieten zu können.
Joachim Herbstritt: Aufgrund der Corona-Krise sind die Zahlen derzeit nicht wirklich vergleichbar. Die Einkaufspreise für Bio Produkte sind zum Teil deutlich höher als bei konventioneller Ware. Insbesondere bei Fresh Cut Produkten liegen die Preise teilweise bis zu 50 Prozent über dem Preis der konventionellen Ware. Hier lohnt sich der Einkauf saisonaler Produkte ganz besonders. Die uns zur Verfügung stehenden Mittel sind insgesamt ausreichend. Die Einsparungen im Bereich der Speisenabfälle kompensieren die Mehrkosten allerdings nur zum Teil.
Oekolandbau.de: Wie beurteilen Sie rückblickend den Prozess der teilweisen Umstellung auf Bio?
Anton Eisele: Der Prozess war eher unproblematisch und fließend. Bei Fragen gab es kompetente Ansprechpartner in unserem Netzwerk.
Joachim Herbstritt: Die Teil-Umstellung auf Bio lief problemlos und war ohne großen Aufwand gut machbar. Schwierigkeiten bereiten in erster Linie die Beschaffung und Verfügbarkeit regionaler Fresh Cut Produkte. Teilweise gibt es auch längere Lieferausfälle bei Trockenwaren, wie beispielsweise bei Reis. Bei der konventionellen Beschaffung ist das so nicht der Fall. Zum Teil mussten die LIeferantinnen und Lieferanten – vor allem Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter – auf die Notwendigkeit hingewiesen werden, ihre Bio-Waren am Produkt und auf den Rechnungen beziehungsweise Lieferscheinen Bio kenntlich zu machen.
Michael Tibi: Der Prozess der Vorbereitung und Zertifizierung war rückblickend überraschend leicht. Das gilt jetzt auch für den operativen Alltag. Die Rückmeldungen waren und sind zum größten Teil sehr positiv. Bei der eher skeptischen Erwartungshaltung gegenüber dem Essen im Krankenhaus kam das Bio-Siegel für viele unerwartet.
Oekolandbau.de: Was können Sie anderen Küchen der Gemeinschaftsverpflegung empfehlen, die sich auf einen Weg in Richtung Bio begeben möchten?
Joachim Herbstritt: Es ist wichtig, sich bewusst für Bio zu entscheiden. Ohne die eigene Überzeugung wird es schwer, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch für eine teilweise Umstellung auf Bio zu begeistern. Auch die Einrichtungsleitung muss die Entscheidung mittragen. Denn um nicht gleich zu Beginn unter hohem Kostendruck zu stehen, sollte auch das Budget entsprechend angepasst werden. Die Umsetzung in der Praxis ist nicht schwer und viele Informationen und Tipps gibt es im Internet.
Michael Tibi: Just do it! Die anfänglichen Vorbehalte, Bio sei schwierig umzusetzen, und die Furcht vor zu viel Dokumentation und zu hohen Preisen, erwiesen sich als unbegründet, sobald man sich mit der Thematik beschäftigt. Gerade in der Gemeinschaftsverpflegung sehe ich auch eine Pflicht, positiv voran zu gehen und biologisch produzierte Lebensmittel zu verarbeiten. Selbst in der Klinikversorgung mit sehr engen Wareneinsätzen ist es möglich, Bio zu platzieren – wenngleich nicht in vollem Umfang. Und letztlich gilt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Anton Eisele: Einfach loslegen und machen.