Auffällig war dagegen, dass die Auszubildenden sehr ähnliche Einschätzungen zum Tierwohl hatten wie ihre Ausbilderinnen und Ausbilder. Das Forschungsteam geht deshalb von einer starken Prägung durch den Ausbildungsbetrieb aus. Zudem schlossen sie aus den Antworten, dass die Lehrinhalte das arteigene Verhalten und die daraus resultierenden Ansprüche der Tiere an ihre Haltungsumwelt stärker berücksichtigen sollten.
Zudem wurde deutlich, dass nur zwei Drittel der Teilnehmenden bewährte Tierwohlindikatoren-Sets mit tierbezogenen Indikatoren wie Lahmheiten oder den Verschmutzungsgrad der Tiere kannten. Nur ein Drittel der Befragten nutzt diese tatsächlich in der Praxis. "Im arbeitsintensiven Alltag wird die Anwendung der Indikatoren über die tägliche Tierbeobachtung hinaus häufig als weniger wichtig betrachtet und nicht systematisch angewendet", erklärt Silvia Ivemeyer. "Hinzu kommt, dass Tierwohlindikatoren zwar in der Ausbildung eingestreut werden, aber nicht fest im Lehrplan verankert sind."
Diese Lücken sollen mit dem neu entwickelten Lehr-Lerneinheiten geschlossen werden. Schließlich ist die Anwendung von Tierwohlindikatoren ein wichtiges Hilfsmittel für die vorgeschriebene betriebliche Eigenkontrolle für tierhaltende Betriebe. Sie helfen dabei, Probleme in der Fütterung oder Stalltechnik aufzudecken und zu beheben. Zudem verweist Ivemeyer darauf, dass gute Kenntnisse zum Tierwohl auch die Wirtschaftlichkeit verbessern können, etwa durch eine längere Nutzungsdauer von Milchkühen oder Sauen.
Neben Grundlagen zum Tierwohl und zur betrieblichen Eigenkontrolle im Bereich Tierwohl vermitteln die Lerneinheiten für Rinder und Schweine auch Kenntnisse zum Treiben, Verladen und zum Umgang mit kranken und verletzten Tieren, bis hin zur Einschätzung der Transportfähigkeit sowie zum Nottöten von Tieren. Insbesondere der Bereich Treiben und Verladen wurde von den Ausbildenden ausdrücklich als wichtiger Schwerpunkt für die Praxis gewünscht.