Tools zur Erfassung von Tierwohl

Tools zur Erfassung des Tierwohls

Tierbezogene Kriterien ermöglichen Rückschlüsse auf das Wohlergehen von Tieren. Wir stellen einige Tools vor, die bei der systematischen Erhebung solcher Tierwohlindikatoren helfen.

Lange Zeit orientierte man sich in Sachen artgerechte Tierhaltung meist nur an Kriterien für Stallbau und Herdenmanagement. Eindeutige Rückschlüsse auf das Tierwohl lassen sich aber nicht allein durch das verfügbare Platzangebot, die Bodenausführung oder beispielsweise den Verzicht auf das Schwanzkupieren schließen.

Um ein genaues Bild über den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden zu erhalten, ist eine genaue Beobachtung und Beurteilung der Tiere und ihres Verhaltens notwendig. Mit einer systematischen Erfassung und einer langfristigen Qualitätssicherung über die tägliche Kontrolle hinaus tun sich Tierhalterinnen und -halter aber häufig schwer.

Tierbezogene Indikatoren helfen hier weiter. Mit ihnen werden die Gesundheit und das Verhalten der Tiere bewertet. Verschiedene Tools geben dabei praktische Hilfestellung.

KTBL-Leitfäden für verschiedene Tierarten

Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) stellt in drei Leitfäden für die Produktionsrichtungen Rind, Schwein und Geflügel tierbezogene Indikatoren bereit, die von Expertinnen und Experten erarbeitet wurden. Die Leitfäden können über die Website des KTBL bezogen werden. Jeder Leitfaden besteht aus einem Ablaufschema, das beschreibt, wann und wo die jeweiligen Indikatoren erhoben werden. Zu jedem Indikator gibt es Steckbriefe, die neben einer kurzen Erläuterung jeweils eine Foto-Klassifikationstabelle beziehungsweise Rechenformel sowie Hinweise zur Erhebung enthalten.

Neben den Leitfäden stellt das KTBL auf seiner Website eine kostenlose Excel-Anwendung zur Verfügung, die den Tierhalterinnen und Tierhaltern die Erhebung der Tierwohldaten erleichtert. Außerdem wird eine Online-Schulung "Tierschutzindikatoren" angeboten.


Film ab: Tierwohl in der biologischen Schweinehaltung


Eigenkontrolle Tiergerechtheit - Tierwohldaten interpretieren

Damit Tierhalterinnen und Tierhalter die erhobenen Tierwohldaten besser einordnen und interpretieren können, wurden im Projekt "Eigenkontrolle Tiergerechtheit (EiKoTiGer)" sogenannte Ziel- und Alarmwerte entwickelt. An dem Projekt waren das KTBL, das Friedrich-Loeffler-Institut, das Thünen-Institut und die Universität Kassel beteiligt. Mit diesen Werten lassen sich für jeden Indikator einschätzen, ob sich die Situation auf dem eigenen Betrieb im ꞌgrünen Bereichꞌ befindet oder ob kurz- oder mittelfristig Handlungsbedarf besteht. Die Ziel- und Alarmwerte für die Tiergruppe Rinder, Schweine und Geflügel können auf der Webseite des KTBL heruntergeladen werden.

MTool: Unterstützung zur Verbesserung der Tiergesundheit bei Geflügel

Das ManagementTool (MTool) bietet bei der Haltung von Aufzucht- und Legehennen eine praktische Unterstützung zur Verbesserung der Tiergesundheit. Die systematische Erfassung von möglichen Schwachstellen und Problemen im Betrieb orientiert sich an tierbezogenen Indikatoren. So werden unter anderem der allgemeine Gesundheitszustand, das Gewicht, die Legeleistung und Verluste erfasst und mittels drei Beurteilungsstufen (0 bis 2) bewertet.

Ein Handbuch bietet weitreichende Hintergrundinformationen zur Vorgehensweise, den möglichen Ursachen der Probleme und liefert konkrete Handlungsempfehlungen. Für die Tierbeurteilung im Stall können sich Tierhalterinnen und -halter an den Stallkarten orientieren. Dort sind zur leichteren Beurteilung Beispielbilder abgebildet. Die Videoanleitung zur Anwendung des MTools bietet hilfreiche Einblicke zur richtigen Vorgehensweise bei der Erfassung.


Film ab: Tierwohl in der Legehennenhaltung


Die Daten werden in Excel-Vorlagen erfasst, welche die Ergebnisse in Tabellen und Grafiken aufbereiten. Auf Grundlage dieser Beurteilungen zeigt ein Ampelsystem den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern, ob und in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht.

Tools für Milchviehbetriebe

Es gibt auch Tools, die sich speziell auf den Milchviehbereich beziehen. Zu nennen wäre hier zum einen Q-Check – Tierwohl in der Milchviehhaltung, das über das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird. Außerdem gibt es die App Tierwohl-Check SH aus Schleswig-Holstein und die App Q-Wohl aus Baden-Württemberg.

Auch andere Bundesländer bieten solche Tools an. Fragen Sie hier am besten Ihre Beraterin oder Ihren Berater.

Tools für Schweinehaltungsbetriebe

Auch für schweinehaltenden Betriebe gibt es Hilfestellungen: Die App FitForPigs hilft dabei, Symptome und Krankheitsbilder bei Schweinen frühzeitig zu erkennen. Sie bietet Fotos von typischen Krankheitsanzeichen, Informationsvideos zum Schweineverhalten und ermöglicht die Dokumentation eigener Beobachtungen.

Leitfaden der AG-Tierwohl

Auf Verbands-Betrieben, die der AG Tierwohl angehören – das sind Bioland, Biokreis, Naturland, Gäa und Ecoland –, wird einmal jährlich neben der allgemeinen Bio- und Verbandskontrolle eine Tierwohlkontrolle durchgeführt.

Im Rahmen dieser Tierwohlkontrolle werden verschiedene Aspekte überprüft wie der Ernährungs- und Pflegezustand der Tiere, ihre Gesundheit sowie das Fehlen von Verletzungen und Technopathien. Auch die Beschaffenheit der Haltungsumgebung und der Fütterung, Tierverluste sowie Schlachtbefunde sind Bestandteil der Begutachtung. Für jeden dieser Bereiche sind spezifische Prüfkriterien festgelegt, die detailliert im "Leitfaden zur Tierwohl-Kontrolle" der AG Tierwohl beschrieben sind.

Tierwohl deutschlandweit messen und darstellen: Nationales Tierwohl-Monitoring

Im Projekt NaTiMon wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren Verfahren entwickelt, mit denen sich das Tierwohl flächendeckend erfassen, bewerten und anschaulich auf nationaler Ebene darstellen lässt. Ziel war es, eine objektive Einschätzung der Tierwohlsituation zu ermöglichen und Entwicklungen im Zeitverlauf nachvollziehbar zu machen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat beschlossen, den Ansatz eines Nationalen Tierwohl-Monitorings vorerst nicht weiterzuverfolgen. Auf europäischer Ebene gibt es jedoch seit Ende 2023 Bemühungen: Die EU-Kommission hat die "Working Group on Animal Welfare Policy Indicators" ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, eine Auswahl gut messbarer Tierwohlindikatoren für die wichtigsten Nutztierarten zu definieren. Diese sollen künftig regelmäßig europaweit statistisch erfasst werden.

Tierwohl erfassen hat Vorteile für Betriebe

Alle Tools sind eine sinnvolle Unterstützung im Herdenmanagement. Die Erfassung des Tierwohls mit Hilfe der Tools ist mit einem gewissen Mehraufwand verbunden. Wichtig ist, die zusätzliche Arbeit in den Betriebsablauf zu integrieren. Durch die systematische Erfassung wird die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkontrolle gemäß Tierschutzgesetz § 11(8) erfüllt. Die tägliche Kontrolle und damit verbundene Sofortmaßnahmen beispielsweise bei Krankheiten werden dadurch nicht ersetzt.

Die zusätzliche Arbeit macht sich vor allem mittel- und langfristig bezahlt. Vorrangig soll sich das Tierwohl und damit verbunden das Herdenmanagement und der Ertrag verbessern. Für Bio-Betriebe dient die Dokumentation darüber hinaus als gute Vorbereitung für die jährliche Betriebskontrolle. Anhand der Daten kann die Tiergesundheit besser überwacht werden, sodass eventuelle Risiken und Probleme schneller erkannt und Verbesserungsmaßnahmen überprüft werden können. Zusätzlich lassen sich die erhobenen Daten leichter mit anderen Betrieben vergleichen und es besteht die Möglichkeit, der Öffentlichkeit darüber Einblicke in den Betriebsablauf und -zustand zu gewähren.


Letzte Aktualisierung 28.03.2025

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