Bio an der Käsetheke

"Lernen Sie die Käsesprache" – Bio an der Käsetheke

Bio-Käse hat längst den Weg in den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel gefunden. Neben Selbstbedienungsware bieten immer mehr Supermärkte auch Bio-Käse an der Bedientheke an. Zwei Expertinnen berichten, was dabei beachtet werden sollte.

Was lange Zeit nur im Naturkosthandel zu finden war, liegt nun immer häufiger auch in den Käsetheken des Lebensmitteleinzelhandels: Bio-Käse, und zwar in seiner ganzen Vielfalt. Immer häufiger bauen die Supermarktketten ihr Angebot an der Käsetheke aus und Bio-Käse gehört dann dazu. Auch in Käsefachgeschäften – die es in Frankreich, der Schweiz oder den Niederlanden deutlich häufiger gibt als in Deutschland – tauchen immer mehr Bio-Käsesorten im Angebot auf.

Bio-Käse unterscheidet sich durch den Rohstoff Bio-Milch von konventionellem Käse. Die Milchkühe wurden also nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau gehalten und erhielten ausschließlich Bio-Futter. Aber auch in der Käserei selbst gibt es Unterschiede: So dürfen beispielsweise keine Konservierungsstoffe in der Rinde oder in der Wachshülle eingesetzt werden. Zusatzstoffe wie Natriumnitrat, das Antibiotikum Natamycin oder das Enzym Lysozym, die in der konventionellen Herstellung zur besseren Haltbarmachung eingesetzt werden, sind in der Bio-Käseherstellung verboten. Außerdem darf kein gentechnisch verändertes Lab eingesetzt werden.


Film ab: Wie setze ich Lab- und Labaustauschstoffe in der Produktion von Bio-Käse ein?


Die meisten Käse-Theken im konventionellen Handel haben keine Bio-Zertifizierung. Diese wird nur benötigt, wenn die Mitarbeitenden Käse vorverpacken, vorschneiden oder selbst zum Beispiel gewürzten Frischkäse herstellen. Dann brauchen sie eine separate Aufschnittmaschine, getrennte Schneidbretter und -messer sowie getrennte Lagermöglichkeiten. Diese müssen für alle Mitarbeitenden eindeutig unterscheidbar sein. An Theken ohne Bio-Zertifizierung dürfen Bio-Käselaibe angeboten und der Käse vor den Augen der Kundschaft in gewünschtem Maße abgeschnitten werden. Ob eine Zertifizierung sinnvoll ist, sollte je nach Standort und Kundschaft entschieden werden. Beispiele für typische kontrollpflichtige Tätigkeiten im Einzelhandel sind in dem Leitfaden "Zertifiziert Bio – erfolgreich im Einzelhandel!" (PDF-Datei) aufgeführt.

Prepacked – eine schnelle Form des Einkaufens

Viele Theken, ob biologisch und konventionell, bieten immer häufiger vorverpackten Käse (Pre-packed) an. Für Kundinnen und Kunden, die kein Beratungsgespräch wünschen, geht der Einkauf dann schlichtweg schneller. Wenn Bio-Käse im Geschäft vorab in Teilstücke abgepackt und etikettiert wird, ist eine Zertifizierung notwendig. Daher bieten immer mehr Käsegroßhändler vorverpackten, schon etikettierten Käse in üblichen Verkaufsportionen zwischen 100 und 200 Gramm an. Die vom Großhandel vorverpackten Bio-Käse, wie etwa kleine Portionen Frischkäse oder vom Laib geschnittene Käseecken, werden in sogenannten Cabrio-Theken offeriert, in denen sich die Kundschaft selber bedienen kann. Das erspart den Händlerinnen und Händlern die Bio-Zertifizierung der Bedientheke. Dadurch entstehen dem Einzelhandel weniger Abschriften, außerdem kann Arbeit und Zeit gespart werden.

Regional oder nicht Regional?

Regionalität spielt bei manchen Käsesorten eine Rolle, aber "die örtliche Nähe macht aus einem Käse noch keinen besseren Käse", erklärt ein Käsegroßhändler in der Fachzeitschrift "Die Käsetheke". Spezialitäten und Besonderheiten sowie Käse von kleinen Käsereien sind Möglichkeiten für Läden, sich von Filialisten abzugrenzen. Das können kleine Käsereien in der Nähe genauso sein, wie Partnerunternehmen in Ländern wie Frankreich oder der Schweiz.

"Die Entscheidung, welchen Käse der Verbraucher an der Theke kauft, findet erst vor der Theke statt",  beschreibt der Großhändler weiter. Diesen Effekt sollten Verkäuferinnen und Verkäufer nutzen und die Präsentation und Sortimentsauswahl bei Bio-Käse aktiv nutzen und erklären. Die Themen Umweltschutz, Tierwohl und gentechnikfreies Futter und natürlich der Geschmack können als Verkaufsargumente dienen.

Oekolandbau.de hat die Leiterinnen zweier Käsetheken in zwei großen Verbrauchermärkten zur Gestaltung ihres Bio-Angebots an der Käsetheke befragt. Astrid Tewes leitet die Käsetheke im E-Center Stroetmann in Münster. Angelika Otto ist Leiterin der Käsetheke im E-Center Angerbogen in Duisburg, sie ist Diplom-Käsesommelière. Diese Zusatzqualifikation ist in Europa inzwischen schon häufiger verbreitet.

Zehn Fragen an die Spezialistinnen der Käsetheke:

Oekolandbau.de: Wie viele Käsesorten haben Sie insgesamt an Ihrer Käsetheke, wie viele davon sind in Bio-Qualtität?

Otto: Wir haben insgesamt 280 Käsesorten im täglichen Angebot. Mit saisonaler Ware kommen wir auf rund 800 Sorten pro Jahr. Zehn davon sind Bio-Käse in der Bedientheke. Dazu kommen fünf bis sechs in der SB-Theke. Das ist insgesamt noch nicht viel, wird aber immer mehr.

Tewes: Wir haben 150 Käsesorten, davon sind 25 Bio.

Oekolandbau.de: Haben Sie eine Bio-Zertifizierung oder arbeiten Sie ohne?

Tewes: Ja, wir haben eine Zertifizierung. Das ist auch eine ganz schöne Sache, da so auch mal ein Bio-Käse in der Aktionstruhe groß aufgebaut werden kann.

Otto: Wir haben noch keine Zertifizierung, wir schneiden bislang die gewünschten Stücke von den Käselaiben. Aber trotzdem haben wir grüne Messer, grüne Bretter, verschiedene Schneidemaschinen zur klaren Unterscheidung von Bio- und konventionellen Käsen.

Oekolandbau.de: Welche Bio-Produkte laufen besonders gut?

Otto: Alles, was wir da haben, wird sehr gut angenommen. Es gibt saisonale Unterschiede: Frischkäse ist im Sommer der Renner, im Winter wird mehr Hartkäse gekauft, dann aber weniger Weichkäse. Übers Jahr gleicht es sich aus.

Tewes: Das sind von Söbbeke "Wilder Bernd" oder "Schwarzer Wenzel" oder von der Hafenkäserei Münster "Käpt‘n Pauli" und "Blauer Barbier". Auch holländischer junger Gouda geht immer.

Oekolandbau.de: Welche Bio-Produkte sind schwieriger?

Tewes: Ausländische Bio-Käse zum Beispiel Manchego oder Comté sind manchmal schwieriger.

Oekolandbau.de: Hat sich während der Corona-Pandemie das Sortiment oder die Nachfrage verändert?

Otto: Eigentlich haben sich die Kundinnen und Kunden vor allem mehr Käse gekauft, und dabei auch öfter einen Bio-Käse probiert. Normalerweise führen wir viele Verkostungen durch, so dass die Kundschaft neue Käsesorten und auch Bio-Käse kennenlernen kann. Das ist zurzeit mit den Hygienebestimmungen nicht erlaubt. Wir helfen uns mit dem Verkauf von Mini-Portionen.

Oekolandbau.de: Gibt es Versorgungsengpässe im Einkauf, wenn ja bei welchen Bio-Produkten?

Otto: Nur bei speziellen Käsesorten von kleinen Käsereien, aber das lässt sich den Kundinnen und Kunden gut erklären. Wir haben auch Produkte, die nur alle zwei Wochen geliefert werden und dann freut sich die Kundschaft, wenn die Produkte wieder da sind.

Oekolandbau.de: Sind die Abschreibungen höher oder geringer als bei konventionellen Produkten? Was tun Sie dagegen?

Tewes: Die Abschreibungen sind sehr gering, da wir eher vorsichtig bestellen.

Otto: Nein, das hält sich bei uns in Grenzen. Wir haben einen hohen Kundenzulauf und wissen ganz gut, welchen Käse wir in welcher Menge bestellen.

Oekolandbau.de: Wie garantieren Sie an der Theke die Unterscheidung zwischen biologischer und konventioneller Ware?

Tewes: Die Bio-Käse sind durch Plexiglas von den anderen Käsesorten getrennt. Darüber hinaus benutzen wir extra Messer, Schneidebretter und eine extra Schneidemaschine. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Käsetheke haben dazu eine entsprechende Einweisung erhalten.

Otto: Wir schulen unsere Mitarbeitenden! Der Unterschied zwischen bio und konventionell ist unseren Mitarbeitenden vertraut. Für jede neue Käsesorte, ob Bio oder konventionell, erstelle ich ein Stammdatenblatt, das an der Theke für alle aushängt. Darauf ist die Herkunft des Käses verzeichnet, wird die Gegend und Geschichten über den Käse genauer beschrieben. Natürlich stehen dort auch der Fettgehalt (in der Trockenmasse) und andere Inhaltsstoffe genauso wie die verwendete Labsorte.

Oekolandbau.de: Wie sind die Bio-Produkte platziert und gekennzeichnet?

Tewes: Die Bio-Produkte befinden sich alle in einem Block der Bedientheke, in dem sich ausschließlich Bio-Käse befindet. Sie sind mit entsprechenden Preisschildern gekennzeichnet, auf denen auch die Nummer der Kontrollstelle für ökologisch erzeugte Lebensmittel angegeben ist.

Otto: Der Bio-Käse ist in das jeweilige Sortiment mit einsortiert, nur bei Hartkäse gibt es einen Bio-Block. Generell sind wir aber recht frei in der Gestaltung und experimentieren immer wieder an der Gestaltung der Theke.

Oekolandbau.de: Haben Sie gleichzeitig verpackten Bio-Käse im Laden? Konkurriert das mit der Thekenware?

Otto: Für Schnelldreher ist SB-Ware wunderbar und wird auch sehr viel genommen. Ich würde das gar nicht als Konkurrenz sehen. Die Kundschaft in der Molkereiprodukte-Abteilung kommt in der Regel nicht zu uns. Aber gerade in letzter Zeit steigen immer mehr Kundinnen und Kunden um und wechseln an die Theke.

Tewes: In der Molkereiprodukte-Abteilung gibt es drei bis fünf Sorten Bio-Käse von der Edeka Eigenmarke. Außerdem haben wir in der SB-Theke, die auch zur Bedientheke gehört, mindestens 16 Prepack Sorten, die wir selbst variieren können. Konkurrenz zur Molkereiprodukte-Abteilung besteht dabei nicht.

Oekolandbau.de: Wie erklären Sie der Kundschaft die Preisunterschiede zwischen biologischer und konventioneller Ware?

Tewes: Für Bio besteht tatsächlich kein Erklärungsbedarf. Die Preisunterschiede habe ich noch nie begründen müssen, wahrscheinlich beantwortet sich das bei Bio von selbst.

Otto: Die höheren Preise von Bio-Käse musste ich eigentlich schon lange nicht mehr erklären, die Bio-Kundschaft weiß in der Regel Bescheid. Die Aufpreise für Bio-Käse sind an der Theke auch eher gering. Eher muss ich manchmal erklären, warum Käse gegenüber konventionellem Fleisch so teuer ist. Dann ist es gut, einige wenige Erklärungssätze parat zu haben.

Oekolandbau.de: Kaufen immer die gleichen Kundinnen und Kunden Bio-Ware oder probieren viele auch mal was Neues aus?

Tewes: Die Kundinnen und Kunden, die Bio-Käse kaufen, kaufen diesen regelmäßig und freuen sich über neue Sorten. Es lässt sich allerdings beobachten, dass immer mehr Kundschaft, die konventionellen Käse an der Theke kaufen, zusätzlich auch noch eine Bio-Sorte mitnehmen.

Oekolandbau.de: Was würden Sie Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern für eine erfolgreiche Bio-Käsetheke raten?

Tewes: Bekannte Bio-Sorten verkaufen sich immer gut. Wenn sie dann auch noch regional sind, umso besser. Dabei ist es am Anfang sinnvoll, nicht zu viele Sorten auf einmal in das Sortiment aufzunehmen. Außerdem sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut über die Inhaltstoffe der Bio-Käsesorten informiert sein und grundsätzlich gut geschult werden.

Otto: Sie sollten sich gut über die einzelnen Produkte informieren, wirklich Bescheid wissen. Fachwissen und Begeisterung gehen an die Kundschaft weiter. Manchmal stehe ich auch daneben und höre, wie die Kunden sich gegenseitig beraten.

Eignen Sie sich die Käsesprache an, also lernen Sie in Bildern über den Käse zu sprechen. Zum Beispiel: Schließen sie die Augen und stellen sich die Kühe auf der Alp vor, welche Kräuter sie dort fressen. Wir können hier ganz viel von den Weinsommelieren lernen und so auch den Käse anbieten. Das ist Teil des Erfolges.

Die Theke muss einladend, sauber und ansprechend aussehen. Auch wenn es manchmal Zeit sparen würde: schneiden Sie nie den Käse vor. Sie sind keine Abpacktheke, sondern eine Bedientheke. Beratung ist der wichtigste Schlüssel, um die Kundschaft zu erreichen. Nur so können Sie sich von Discountern abheben.

Für eine große Theke im Allgemeinen und für Bio insbesondere brauchen Sie einen langen Atem, es wird nicht alles gleich im ersten Jahr funktionieren. Auch die Kundschaft muss sich erst aufbauen, später wird sich die Mühe auszahlen.


Letzte Aktualisierung 17.03.2021

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