Trotz wachsender Nachfrage nach heimischem Biofisch ist die Zahl der ökologisch wirtschaften Aquakulturen in Deutschland gering. Dr. Stefan Bergleiter, Experte für Aquakultur und Fischerei beim Naturland-Verband, erklärt, wo es zurzeit noch Hemmnisse gibt, wo die größten Herausforderungen in der Biofischerzeugung liegen und welches Potential das neu entwickelte Konzept der nachhaltigen Fischerei in Deutschland hat.
Oekolandbau.de: Aquakulturen, speziell mit Biozertifizierung, sind in Deutschland eine Nische. Wie sehen die Strukturen zurzeit aus?
Dr. Bergleiter: Ende 2014 gab es in Deutschland knapp 6.000 Betriebe, die professionelle Fischzucht betreiben. Der Anteil der Bioproduktion liegt nur bei zwei Prozent und damit deutlich niedriger als in anderen Bereichen des Ökolandbaus. Anders als etwa in Italien und Dänemark sind die deutschen Aquakulturbetriebe eher klein strukturiert und meist Familienbetriebe. Die erzeugte Menge pro Jahr liegt in der Regel bei unter 50 Tonnen und meist gibt es keinen oder maximal eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter. Die Zahl der Umstellenden wächst zurzeit langsam auf niedrigem Niveau.
Oekolandbau.de: Die Nachfrage nach Biofisch ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Warum steigen nicht mehr Betriebe auf ökologische Erzeugung um?
Dr. Bergleiter: Wegen der kleinen Strukturen in Deutschland bezieht der Lebensmitteleinzelhandel Biofisch überwiegend von großen Betrieben im Ausland, die in der Lage sind, die benötigten Mengen und Verarbeitungsformen (zum Beispiel Filets) durchgehend zu liefern. Die kleineren deutschen Biobetriebe vermarkten ihren Fisch dagegen überwiegend in der Direktvermarktung oder regional, häufig veredelt beziehungsweise geräuchert, um die benötigten höheren Preise realisieren zu können. Hinzu kommt, dass die konventionellen Fischzüchterinnen und -züchter gute Einnahmen erzielen, etwa durch den Verkauf von Satzfischen an Angelvereine, die meist keine Bioqualität suchen. Deshalb besteht bei vielen konventionellen Zuchtbetrieben kein wirtschaftlicher Druck zur Umstellung.
Oekolandbau.de: Die Anforderungen der Rechtsvorschriften für ökologische Aquakulturen sind zum Teil sehr anspruchsvoll. Wo liegen für die Betriebe die größten Herausforderungen?
Dr. Bergleiter: Eine große Herausforderung ist der Bezug von Satzfischen, die laut Verordnung ab 2017 zu 100 Prozent aus ökologischer Nachzucht stammen müssen. Aufgrund der geringen Zahl an Biobetrieben, die überhaupt Nachzucht betreiben, gibt es hier oft Versorgungsengpässe. Die Verbände setzen sich allerdings dafür ein, die strengen Vorgaben etwas abzumildern. Ein großes Thema für Erzeugerinnen und Erzeuger sind auch die Besatzdichten, die letztlich entscheidend für die Wirtschaftlichkeit sind. Im Vergleich zu den üblichen Besatzdichten konventioneller Betriebe, die ohne Beschränkungen arbeiten, dürfen Biozuchten nur etwa halb so viele Tiere pro Kubikmeter Wasser halten, bei einigen Arten sogar nur ein Drittel. Auch die hohen Futtermittelkosten sind ein wichtiger Faktor. Fischmehl, das aus Nebenprodukten der Speisefischverarbeitung stammt, aber auch pflanzliche Biofuttermittel sind so teuer, dass Erzeugerinnen und Erzeuger beim Verkauf unbedingt auf den Biozuschlag angewiesen sind, um nicht draufzuzahlen.