Linsen

Ökologischer Linsenanbau

Seit einigen Jahren wächst im ökologischen Landbau das Interesse am Linsenanbau. Linsen (Lens culinaris) können auf Grenzertragsböden angebaut werden und als Leguminosen Fruchtfolgen im ökologischen Landbau erweitern. Sie gehören zu den ältesten Kulturpflanzen in der mitteleuropäischen Landwirtschaft. In einigen Ländern, vor allem in Asien, sind sie ein Hauptnahrungsmittel.

Auch in Deutschland war die Linse noch vor hundert Jahren auf geeigneten Böden für die Selbstversorgung bedeutend. Mit der Änderung der Agrarstrukturen ging der Anbau in Deutschland stark zurück. Im ökologischen Landbau wurde die Linse jedoch in den vergangenen Jahren wiederentdeckt.

Standort

Linsen können gut mit Trockenheit umgehen. Am besten gedeiht die Linse auf trockenen, kalkreichen Böden (Kalkmergel, Kalkschotter, kalkreicher Sand). Basische, steinige Böden sind ebenfalls zu empfehlen. Auch auf weniger gut mit Kalk versorgten, trockenen Grenzertragsböden wurden schon erfolgreich Linsen angebaut. Ihr Wurzelwachstum ist allerdings relativ schwach und sie vertragen keine Staunässe. Auf fruchtbaren Standorten ist der Anbau oft schwierig, da die Pflanze wenig unkrauttolerant ist oder von der Stützfrucht unterdrückt wird. Probleme kann auch ein übermäßiges vegetatives Wachstum bereiten, das zu deutlichen Ertragsrückgängen führt.

Fruchtfolge

Die Fruchtfolge sollte nicht zu eng gestaltet werden, günstig ist eine mindestens sechsjährige Rotation. Körnerleguminosen sollten keinesfalls zu häufig angebaut werden, da sonst das Risiko von Erkrankungen und Ertragsrückgängen erheblich wächst. Hackfrüchte sind im Sinne der Beikrautregulierung eine günstige Vorfrucht. Die Vorfruchtwirkung der Linse selber ist positiv. Linsen als Futter oder zur Gründüngung anzubauen, lohnt sich jedoch wegen des geringen Massenertrags nicht.

Saat

Die Saatbettbereitung muss darauf ausgerichtet sein, Beikräuter schon vor der Saat weitestgehend zu reduzieren, da die Linse konkurrenzschwach ist. Gegebenenfalls beginnt die Vorbereitung im Herbst mit einer gründlichen Stoppelbearbeitung vor der Herbstfurche. Wird im Frühjahr gepflügt, muss genug Zeit für mehrere Bearbeitungsgänge bleiben. Es wird mehrfach flach gegrubbert oder geeggt, um die Unkrautsamen zum Keimen anzuregen. Jeder neue Arbeitsgang erfolgt flacher als der vorherige. Bei starker Verunkrautung kommt vor der Saat die Kreiselegge zum Einsatz.

Die Aussaat erfolgt üblicherweise im April, der genaue Zeitpunkt wird von regionalen Gegebenheiten bestimmt. Linsen sollten nicht in einen ungenügend vorbereiteten oder zu feuchten Boden gelegt werden. Spätere Saaten holen einen Rückstand zumindest teilweise wieder auf. Schnelle Keimung und eine zügige Jugendentwicklung sind wichtig für einen gleichmäßigen und geschlossenen Bestand.

Die empfohlene Aussaatmenge liegt zwischen 25 und 80 Kilogramm pro Hektar (kg/ha), abhängig von Bodenverhältnissen und Korngröße. Es empfiehlt sich, aus dem Tausendkorngewicht (TKG) und der Keimfähigkeit einer Saatgutpartie die optimale Aussaatmenge zu berechnen. Das TKG liegt zwischen 20 und 70 Gramm. 90 Pflanzen pro Quadratmeter bilden einen dichten Bestand. Bei normaler Keimfähigkeit müssen folglich rund 110 Körner pro Quadratmeter gesät werden. Abhängig von den spezifischen Standortbedingungen kann es jedoch notwendig sein, erheblich von diesen Vorschlägen abzuweichen.

Die Samen werden mit der üblichen Sämaschine drei bis sechs Zentimeter tief abgelegt (je uneinheitlicher, klüftiger, steiniger der Boden ist, desto tiefer). Der Reihenabstand sollte 15 bis 25 Zentimeter betragen und muss auf die Hacktechnik abgestimmt sein. Er darf aufgrund der Stützwirkung der Pflanzen untereinander beziehungsweise wegen der Stützfrucht nicht zu weit sein.

Der Anbau von Linsen in Reinsaat ist risikoreich, da die Pflanzen wenig standfest sind und vor allem bei starken Niederschlägen während Blüte- und Reifezeit leicht ins Lager gehen. Daher empfiehlt sich der Anbau im Gemenge mit Getreide (üblicherweise Gerste oder Hafer) als Stützfrucht.

Als Faustzahl kann man die volle Aussaatmenge der Linse plus 30 Prozent der ortsüblichen Aussaatstärke der Stützfrucht nehmen. Das bedeutet beispielsweise für Sommergerste rund 40 Kilogramm pro Hektar und für Hafer circa 10 bis 30 Kilogramm pro Hektar. Linsen und Getreide können gemeinsam ausgedrillt werden.

Der Anbau mit Sommergetreide als Stützfrucht mindert das Anbaurisiko bedeutend und schafft gesunde, mit dem Mähdrescher zu erntende Bestände. Einziger Nachteil des Gemengeanbaus ist der erhöhte Aufwand bei Trennung und Reinigung des Ernteguts.

Sortenwahl

Die Auswahl von Sorten für den Linsenanbau in Deutschland ist schwieriger als bei Arten mit größerer Verbreitung. Durch die anfangs beschriebene Unterbrechung des Linsenanbaus blieben weder traditionelle Sorten erhalten noch gibt es eine aktuelle mitteleuropäische Linsenzüchtung.

Düngung

Die Nährstoffansprüche der Linse sind gering. Sie steht in der Regel ohne zusätzliche Düngung am Ende der Fruchtfolge. Als Leguminose kann sie einen Beitrag zur Stickstoffversorgung in der Fruchtfolge leisten.

Beikrautregulierung

Die Beikrautregulierung muss weitgehend vorbeugend erfolgen. Auf sehr steinigen Böden sollte man nach der Saat anwalzen, um größere Steine in den Boden zu drücken. Dadurch kann bei der Ernte tiefer und mit geringerem Verlusten geschnitten werden.

Bei entsprechend tiefer Ablage der Samen kann vor dem Auflaufen blind gestriegelt werden. Mit dem Striegeleinsatz nach der Keimung gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Spätestens nachdem die Verzweigung deutlich eingesetzt hat, ist Striegeln nicht mehr zu empfehlen. Auf nicht zu steinigen Böden können Hackrahmen eingesetzt werden. Entsprechend dem Enzwicklungszustand der Linsen werden dabei die Schare leicht angekippt, um durch leichtes Häufeln die Beikräuter in der Reihe zu verschütten.

Krankheiten und Schädlinge

Bisher besteht kein großes Risiko im Linsenanbau. Mit der Ausweitung des Anbaus wird die Gefahr von Schädigungen jedoch zunehmen. Generell sind sorgfältige Saatgutauswahl, optimal ausgeführte pflanzenbauliche Maßnahmen und eine weite Fruchtfolge die beste Prophylaxe.

Bedeutendstes Krankheitsproblem der Linse ist der Komplex der Wurzelfäule und Welke, verursacht etwa durch die Pilze Fusarium, Rhizoctonia, Botrytis, Sclerotium, Phytium und Sclerotinia sclerotiorum. Verschiedenen Viren, die auch andere Leguminosen befallen, wurden an Linsen ebenfalls nachgewiesen, zum Beispiel das Westliche Rübenvergilbungsvirus, das Blattroll-Virus der Ackerbohne, Bohnengelbmosaik-Virus, Gurkenmosaik-Virus, Ackerbohnensamen-Verfärbungs-Virus und Blattrollmosaik-Virus der Erbse.

Der Umgang mit den samenübertragbaren Krankheiten ist insbesondere für den Nachbau wichtig. Saatgut sollte nur von einwandfreien Beständen gewonnen werden.

Als tierische Schädlinge können Drahtwürmer (vor allem Agriotes spp.) erhebliche Schäden verursachen. Auch wandernde Bodennematoden (Pratylenchus) können problematisch sein. In Gebieten mit intensivem Linsenanbau kann Läusebefall eine Rolle spielen. Auch "Erdraupen", die Larven der Eulenfalterarten (Agrotis spp), wurden an Linsen gefunden.

Bedeutung könnten auch saugende Wanzen erlangen, wie zum Beispiel die Gattung Lygus. Der Erbsenwickler hat begonnen, Linsen als Wirtspflanze anzunehmen. Samenkäfer können Ertragsausfälle verursachen und den Nachbau erschweren.
Porträts der wichtigsten Pflanzenschädlinge mit Schadbildbeschreibung, Biologie und Regulierungsstrategien finden Sie in der Rubrik Pflanzenschutz.

Ernte

Die Kulturdauer schwankt zwischen 100 und 140 Tagen, abhängig vor allem von Witterung und Sorte. Die Erntereife ist erreicht, wenn die untersten Hülsen sich braun färben. Da Linsen über einen langen Zeitraum blühen, sind zu diesem Zeitpunkt auch unreife Hülsen vorhanden. Je besser man Sorten und Witterung kennt, desto länger kann man die Ernte herauszögern, um den Ertrag zu erhöhen.

Die Ernte muss schonend erfolgen, da die Hülsen leicht aufplatzen. Mahd und Drusch erfolgen optimalerweise, wenn der Tau gerade abgetrocknet ist. Als Ernteverfahren sind Mähen ins Schwad oder Mähdrusch möglich, abhängig von örtlichen Gegebenheiten.

Die Erträge der Linse schwanken stark von Jahr zu Jahr und bewegen sich zwischen unter 200 bis über 1.000 Kilogramm pro Hektar. Linsen sind generell mehrere Jahre haltbar. Während der Lagerung dunkeln sie nach.

Reinigung

Die Reinigung stellt spezielle Anforderungen an den Betrieb. Mit Steigsichter und Siebsystem kann in einem ersten Schritt viel erreicht werden. Für die Vermarktung von Speiselinsen ergeben sich jedoch besondere Herausforderungen:

  • Steine in Größe und Form von Linsen sowie bindige Erdklumpen können nur mit einem Tischausleser entfernt werden.
  • Bereits ausgekeimte Samen werden weitgehend von Steigsichter oder Sieben erfasst und ergeben kein vorrangiges Qualitätsproblem, führen aber zu höheren Verlusten bei der Reinigung.
  • Verpilzte und damit fleckige Samen können die Nahrungs- und Handelsqualität einer Partie erheblich vermindern. Da sie in Form, Größe und spezifischem Gewicht den gesunden Linsen entsprechen, ist eine Reinigung kaum möglich. Bei Anbau und Trocknung gemachte Fehler haben also gravierende Folgen.
  • Eine übliche Getreidereinigung ist nicht auf die Trennung von Linsen-Getreide-Gemengen ausgerichtet.

Wenn zum Reinigen ein Trieur vorhanden ist, sollte eine Sorte mit zu den Zellen des Trieurs passender Korngröße gewählt werden. Gut geeignet für kleine Linsensorten ist ein Schneckentrieur.

Fazit

Der Anbau der Linse ist einerseits eine fachliche Herausforderung, kann aber andererseits eine interessante Erweiterung der Fruchtfolge für ökologische Betriebe sein. Linsen sind schwachwüchsig und dementsprechend konkurrenzschwach, das Ertragsniveau ist niedrig. Dafür können Linsen wie kaum eine andere Kulturpflanze auf (trockenen) Grenzertragsböden angebaut werden. Sie erweitern getreidelastige Fruchtfolgen, sind als hochwertiges Nahrungsmittel beliebt und eignen sich gut für eine Direktvermarktung.


Quelle

Die Informationen in diesem Beitrag stammen aus der Broschüre "Frischer Wind für eine alte Kulturpflanze! Linsen im ökologischen Anbau, ihre Geschichte und Verwendung", herausgegeben vom Dreschflegel e.V. und dem Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Georg-August-Universität Göttingen. Die Erstellung des Linsen-Leitfadens wurde durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert. Diese Broschüre und die Arbeit "Standortspezifische Sortenentwicklung - Eine Studie mit Landsorten der Linse" sind erhältlich bei Dreschflegel.

Kontakt

Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Pflanzenzüchtung
Von-Siebold-Str. 8
37075 Göttingen

Dr. Bernd Horneburg, bhorneb@gwdg.de
Prof. Dr. Heiko Becker, hbecker1@gwdg.de

Dreschflegel  
Postfach 1213
37202 Witzenhausen

Letzte Aktualisierung 22.09.2021

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