Saat-Platterbse

Ökologischer Saat-Platterbsenanbau

Die Saat-Platterbse ist eine fast vergessene Kultur mit zahlreichen Vorteilen in Zeiten der Klimakrise: Ähnlich wie die Kichererbse verträgt sie Trockenheit sehr gut, ist aber auch tolerant gegenüber Staunässe. Sie ist wenig krankheitsanfällig und bietet eine wertvolle Eiweißquelle für die menschliche Ernährung. Bislang gibt es jedoch wenig Erfahrungen im Anbau.

Heimische Landwirtschaftsbetriebe bekommen die Folgen der Klimakrise zunehmend zu spüren: Eine davon ist anhaltende Trockenheit. So sind Jahresniederschläge von weniger als 500 Millimeter in zahlreichen Regionen Deutschlands – insbesondere im Osten – keine Seltenheit mehr. Die Herausforderung für diese Betriebe liegt darin, Kulturen zu finden, die unter diesen Bedingungen stabile Erträge erbringen. Inzwischen gibt es einige Kulturen, die dafür infrage kommen wie zum Beispiel Hirse, Quinoa, Buchweizen oder Kichererbse. Eine weitere Art könnte diese Reihe erweitern: die Saat-Platterbse.

Trockentolerant, nässebeständig und wenig krankheitsanfällig

Ebenso wie die Kichererbse ist die Saat-Platterbse eine Leguminose mit all den Vorzügen, die diese Pflanzengruppe bereithält. Der besondere Vorteil der Saat-Platterbse gegenüber der Kichererbse ist jedoch, dass sie nicht so wärmebedürftigist und zudem tolerant gegenüber Staunässe. Das heißt, sie übersteht sowohl Sommertrockenheit als auch Starkregenereignisse. Ein weiterer Vorteil ist: Die Saat-Platterbse ist resistent gegenüber der Ascochyta-Brennfleckenkrankheit und relativ tolerant gegenüber der Fusarium-Fäule. Beides Krankheiten, die im Anbau von Speiserbsen Probleme bereiten können. 

Die Saat-Platterbse ist eine wertvolle Eiweißquelle

Auch vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach regional erzeugten pflanzlichen Eiweißquellen ist die Saat-Platterbse eine interessante Kultur. Sie hat ein ernährungsphysiologisch günstiges Aminosäureprofil und stellt somit eine wertvolle Eiweißquelle für die menschliche Ernährung dar. Im Gegensatz zu Lupine oder Soja muss sie vor der Verwendung als Nahrungsmittel auch nicht bearbeitet werden.

Die Saat-Platterbse wird ähnlich wie die Kichererbse gekocht, als Ganzes verzehrt oder und zu Falafel, Suppen, Currys oder Humus verarbeitet. Der Geschmack wird als nussig und aromatisch beschrieben. In Italien, wo die Saat-Platterbse als "cicerchia" bekannt ist, ist sie heute noch in zahlreichen Rezepten zu finden. Darüber hinaus stellt die Saat-Platterbse ein gutes Proteinfutter für die Nutztierfütterung dar.

Alte Kulturpflanze aus dem Mittelmeerraum

Die Saat-Platterbse (Lathyrus sativus) ist eine alte Kulturpflanze, die vermutlich aus dem Mittelmeerraum und Vorderasien stammt und vor rund 6.000 Jahren dort erstmals angebaut wurde. Ab dem 16. Jahrhundert war die Saat-Platterbse – damals besser bekannt als "Deutsche Kicher" – auch in einigen Regionen Deutschlands im Anbau. Seit vielen Jahrzehnten ist sie hierzulande jedoch völlig von der Bildfläche verschwunden. Angepasste Sorten fehlen daher und Erfahrungen beim Anbau sind äußerst rar. Hin und wieder findet man sie noch als Bestandteil von Zwischenfruchtmischungen.

Erste Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Saat-Platterbse

Aufgrund der besonderen Eigenschaften stellt die Saat-Platterbse eine vielversprechende Alternative zu verbreitet angebauten Leguminosen wie Erbsen oder Ackerbohnen dar, die durch die Klimakrise zunehmend weniger ertragsstabil sind. Um die Saat-Platterbse – ebenso wie die Kichererbse – für den regionalen Anbau in Deutschland wieder interessanter zu machen, hat sich die Universität Hohenheim mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V. (ZALF) im Projekt "CiLaKlima" zusammengetan. Hauptziel des Projekts ist es, unterschiedliche Herkünfte zu selektieren und auf ihre Anbaueignung in Deutschland zu prüfen. Darüber hinaus sollen die Ertragsstabilität gesteigert und die Qualität verbessert werden. Das Projekt wurde Ende 2022 gestartet und läuft bis Ende 2025. 

Vergiftungserscheinungen bei übermäßigem Konsum

Die Samen der Saat-Platterbse können Toxine enthalten, die bei übermäßigem Konsum zu Vergiftungen führen können. Diese Vergiftungserscheinungen werden entsprechend dem botanischen Namen der Pflanze als Lathyrismus bezeichnet. Aufgetreten sind sie vor allem in Zeiten, in denen sich die Menschen aufgrund anhaltender Trockenheit überwiegend vom Mehl der trockenheitsresistenten Platterbse ernährt haben. Vergiftungserscheinungen treten jedoch erst auf, wenn Saat-Platterbsen über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten als Hauptnahrungsmittel gegessen wird. Die Herkünfte, die im Projekt "CiLaKlima" getestet werden, zeigen laut Uni Hohenheim alle einen als gering einzustufenden Toxingehalt. Forschende am John Innes Centre in Norwich, Großbritannien, haben im vergangenen Jahr eine toxinfreie Variante der Saat-Platterbse entwickelt.

Anbauinformationen zur Saat-Platterbse

Bislang gibt es hierzulande wenig Erfahrungen mit dem Anbau der Saat-Platterbse. Die Eckpunkte, die es gibt, stellen wir im Folgenden vor. Sie stammen aus vorläufigen Ergebnissen des ersten Projektjahrs von "CiLaKlima". 

Standort

Die Wärmeansprüche der Saat-Platterbse sind höher als die der Speiseerbse (Pisum sativum), jedoch geringer als die der Kichererbse. Sie kommt, ähnlich wie die Kichererbse, gut mit Trockenheit zurecht, toleriert aber auch extreme Nässe. Die Saat-Platterbse gedeiht besonders gut auf kalkreichen Lehmböden, wächst aber auch auf sandigen Böden gut.

Fruchtfolge

Als Leguminose lässt sich die Saat-Platterbse gut in die ökologische Fruchtfolge integrieren. Wie andere Körnerleguminosen auch, ist sie mit sich und anderen Leguminosen unverträglich. Daher sollten Anbaupausen eingehalten werden: Die Universität Hohenheim empfiehlt fünf bis sechs Jahre – ähnlich wie bei Erbse oder Sommerwicke.

Sortenwahl

Es gibt derzeit kaum angepasste Sorten für den Anbau in Deutschland. Das an der Universität Hohenheim verwendete Saatgut ist zum Teil Speiseware und Saatgut für den Zwischenfruchtanbau. Neben der Sorte 'Merkur' werden Platterbsen eines italienischen Saatguthändlers und die Platterbse 'Fischauer' aus Österreich geprüft. Saat-Platterbsen mit weißer Samenfarbe werden derzeit am besten nachgefragt. In den bisher laufenden Versuchen der Universität Hohenheim hatte ‘Fischauer’ eine vergleichsweise geringere Lageranfälligkeit und einen hohen Hülsenansatz und war damit am ertragsstärksten. Allerdings handelt es sich hier erst um Ergebnisse aus einem einjährigen Versuch, die noch bestätigt werden müssen. 

Saat

Saat-Platterbsen können ab Anfang/Mitte März ausgesät werden, und zwar mit einer Saatstärke von 80 keimfähigen Körnern pro Quadratmeter. Frühe Saaten ermöglichen den im Langtag blühenden Pflanzen unter Kurztag-Bedingungen vegetativ stark zu wachsen. Da die Saat-Platterbse zum Lagern neigt, sollte sie mit einer Stützfrucht kultiviert werden. Bisher haben sich Hafer und Triticale in den Versuchen von"CiLaKlima" als geeignete standfeste Gemengepartner erwiesen. Da Hafer sehr dominant ist, sollte dessen Saatstärke möglichst gering gehalten werden. Die Empfehlungen für Hafer liegen bei 10 bis 20 Prozent der üblichen Aussaatstärke (in Reinsaat), die für Triticale bei 25 Prozent. Anders als Kichererbsen müssen Saat-Platterbsen vor der Saat nichtmit speziellen Knöllchenbakterien für die Stickstofffixierung beimpft werden.

Düngung

Wegen der stickstoffbindenden Eigenschaften der Körnerleguminose ist eine Stickstoffdüngung nicht nötig. Ein zu hoher Gehalt an verfügbarem Stickstoff im Boden behindert sogar die Stickstoffbindung durch die Knöllchenbakterien. Aus diesem Grund sind alle Maßnahmen förderlich, die darauf abzielen, den Stickstoffgehalt im Boden vor der Leguminosenkultur gering zu halten. Ob eine weitere Grunddüngung notwendig ist, hängt vom Standort ab und sollte über eine Bodenprobe bestimmt werden.

Unkrautregulierung

Unkraut ist vor allem zu Beginn der Vegetation ein Problem, da die Saat-Platterbse zu dieser Zeit noch nicht sehr konkurrenzfähig ist. Während der Vegetation bildet die Saat-Platterbse jedoch viel Biomasse und hat somit auch eine größere Unterdrückungskraft gegenüber Unkräutern. Wenn möglich, sollte deshalb frühzeitig gestriegelt werden.

Krankheiten und Schädlinge

Ein besonderer Vorteil der Saat-Platterbse ist, dass sie wenig krankheitsanfällig ist. Insbesondere die Resistenz gegenüber der Ascochyta-Brennfleckenkrankheit sowie die Toleranz gegenüber der Fusarium-Fäule zeichnet sie aus.

Ernte und Lagerung

Geerntet wird die Saat-Platterbse wie alle Körnerleguminosen, sobald die Pflanze trocken ist (Kornfeuchte circa 16 Prozent). Sie ist dann hellbraun/gelb gefärbt und die Samen rascheln in den Hülsen. Je nach Witterung und Region liegt der Erntetermin zwischen Anfang/Mitte Juli und Mitte August.

Unter günstigen Bedingungen können die Erträge der Saat-Platterbse ähnlich hoch sein wie die der Futtererbse. Versuche der Uni Hohenheim ergaben im ersten Versuchsjahr 1,4 bis 1,7 Tonnen pro Hektar in Reinsaat. Im Gemenge lagen die Platterbsenerträge bei 0,8 bis 1,2 Tonnen pro Hektar. Diese niedrigen Erträge sind nach Angaben der Uni Hohenheim auf die für Saat-Platterbsen widrigen Witterungsbedingungen im ersten Versuchsjahr zurückzuführen. Durch das nasse Frühjahr konnte erst sehr spät ausgesät werden. Darauf folgte eine Trockenphase, was sich negativ auf das Wachstum der Platterbse auswirkte, und zur Ernte war es dann sehr feucht und kalt. 

CiLaKlima

Mehr zum Projekt "CiLaKlima – Screening genetischer Ressourcen von Kichererbse (Cicer arietinum L.) und Saat-Platterbse (Lathyrus sativus L.): Anpassung an den Klimawandel in Deutschland mit alternativen Leguminosen für die menschliche Ernährung" finden Sie auf der Projektwebsite.

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Letzte Aktualisierung 23.05.2024

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