Bio-zertifizierte Alpenvereinshütten

Bio-zertifizierte Alpenvereinshütten

Die Verpflegung einer Berghütte auf Bio umzustellen, ist eine besondere Herausforderung. Aber in den Bergen gehören Herausforderungen zum Alltag. Zwei biozertifizierte Hütten im Allgäu und in der Zugspitzenregion zeigen, wie es gehen kann.

Insgesamt gibt es im Deutschen Alpenverein (DAV) 325 Hütten, auf denen man in der Regel auch essen kann. Bisher bringen zwei davon ein biozertifiziertes Speiseangebot auf den Tisch: Das Prinz Luitpold Haus am Ende des Hintersteiner Tals im Oberallgäu und die Reintalangerhütte im Wettersteingebirge bei Garmisch-Partenkirchen.

Wahrscheinlich gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Hütten, die Bio-Lebensmittel einsetzen – aber sich bisher nicht für eine Bio-Zertifizierung entschieden haben und die Produkte nicht als Bio ausloben. Die beiden Pioniere könnten den Weg dafür ebnen, dass sich noch mehr Hüttenpächter und -pächterinnen für den Bio-Weg mit Zertifizierung entscheiden. Denn beide berichten, dass ihr Bio-Konzept bei den Gästen sehr gut ankommt. Inzwischen erkundigen sich immer wieder andere Hütten-Verantwortliche nach ihren Erfahrungen.

Hüttenverpflegung auf Bio umgestellt

Seit Sommer 2021 kommen im Prinz Luitpold Haus unterhalb des Hochvogels im Allgäu nur noch Bio-Produkte auf den Tisch. "Wir haben uns dazu entschieden, als erste Hütte des DAV den konsequenten Weg zu einer reinen Bio-Küche einzuschlagen", berichtet der gelernte Koch Christoph Erd. Zwei Jahren zuvor hatte er mit einer Frau Ulrike die Hütte mit ihren 160 Betten übernommen und die Verpflegung sukzessive auf Bio umgestellt.

Die meisten Lebensmittel beziehen sie über einen Bio-Großhandel aus Bayern. Eier, Käse, Fleisch- und Wurstwaren von verschiedene kleinere Bio-Betriebe in der Region. "Dieses Lieferanten-Netzwerk mit regionalen und handwerklichen Betrieben aufzubauen, war der größte Aufwand", versichert Christoph Erd. Über eine Materialseilbahn kommen die Lebensmittel und Getränke mehrmals die Woche auf die 1846 Meter hoch gelegene Hütte. Das erfordert einiges an Koordination und Bündelung beim Einkauf.

Bio-Küche in der Berghütte: persönliche Überzeugung ist entscheidend

"Die Bio-Kontrolle ist für uns dagegen relativ einfach machbar". Nur für den Bio-Kontrolleur ist der Aufwand etwas größer, weil er mit eigener Muskelkraft etwa anderthalb bis zwei Stunden auf die Hütte hochsteigen muss. Und wie reagieren die Gäste auf das Bio-Angebot? "Viele nehmen es wahr und erwähnen es positiv, manche sind auch näher interessiert und stellen dazu Fragen", berichtet der Hüttenwirt.

Allerdings war für ihn die Entscheidung für Bio keine Frage der Profilierung und des Marketings. Denn Gäste kommen ohnehin genug. Er und seine Familie machen das aus persönlicher Überzeugung. Und das rät er auch potenziell interessierten Hüttenwirtinnen und -wirten: "Wer es machen will, sollte dafür die innere Überzeugung haben". Wenn jemand sich ernsthaft für diesen Weg interessiert, ist er gerne bereit, seine Erfahrungen zu teilen.

Bioland zertifizierte Berghütte

2020 haben Julia Wiedemann und Andy Kiechle die Bewirtschaftung der Reintalangerhütte übernommen, die an einer landschaftlich sehr reizvollen Aufstiegsroute zur Zugspitze liegt. Schnell war ihnen klar, dass sie das kulinarische Angebot auf Bio umstellen möchten. Bereits zwei Jahre später konnten sie feiern, die zweite biozertifizierte DAV-Hütte zu bewirtschaften. Inzwischen liegt der Bio-Anteil bei 90 bis 100 Prozent. Seit Mai 2023 ist die Reintalangerhütte die erste Bioland-zertifizierte Hütte im Deutschen Alpenverein – und das sogar im Gold-Standard von Bioland.

"Ich bin überzeugt, dass der ökologische Landbau die nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung ist", so der Andy Kiechle. "Diese Qualität wollte ich einfach auch unseren Gästen anbieten." Um die Kosten beim Einkauf etwas zu reduzieren, haben sie das Fleischangebot auf der Speisekarte reduziert. Gleichzeitig benutzen sie kaum Fertigprodukte, sondern stellen weitgehend alles in Handarbeit selbst her: Knödel, Maultauschen, Spätzle, Brotaufstriche, Brot, alle Kuchen (bis auf den Apfelstrudel). Das kommt bei den Tischgästen sehr gut an.

Eine besondere Herausforderung ist jedoch die Logistik. Denn praktisch alle Lebensmittel müssen per Helikopter zur Berghütte auf 1369 Meter Höhe eingeflogen werden. Das ist aus Gründen des Naturschutzes nur maximal an vier Tagen im Jahr möglich. Die Hüttenleute müssen also vorher genau planen, welche und wie viele Lebensmittel und Getränke sie für die Gäste von Ende Mai (je nach Schneelage) bis Anfang Oktober brauchen. Da muss in der Logistik alles punktgenau stimmen. "Mit einem regionalen Bio-Großhandel haben wir jetzt einen Partner gefunden, der das stemmen kann, und auch mal Produkte liefert, die nicht im Standard-Sortiment enthalten sind."

Bio-Zertifizierung für Berghütten ist kein Hexenwerk

Immer wieder wird Andy Kiechle von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Hütten angesprochen, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohne. Die Gäste würden den Mehraufwand gar nicht wertschätzen, vermuten sie. "Doch, das tun sie", ist der Hüttenwirt überzeugt. "Die Gäste sind positiv überrascht bis begeistert von unserem Konzept." Und die Bio-Zertifizierung, in der viele eine große Hürde sehen, sei in Wirklichkeit "auch kein Hexenwerk." Und offenbar keimt die Idee auch an anderen Orten auf.


Film ab: Deutschlands erste Biohütte - Interview mit Julia & Andy von der Reintalangerhütte


Bio-Berghütten: Nachahmung in Sicht

Luisa Brunner und Johannes Heel, die im Mai 2023 das Staufner Haus im Allgäu übernommen haben, sind die biologische Erzeugung und regionale Herkunft der Lebensmittel sehr wichtig. Sie haben sich deshalb vorgenommen, ihre Hütten-Verpflegung auf Bio umzustellen. Bei Christoph Erd und Andy Kiechle haben sie sich bereits Tipps für die praktische Umsetzung geholt und angefangen, Lebensmittel bei einem Bio-Großhandel einzukaufen. "Wir haben auch schon Kontakt zu einer Bio-Kontrollstelle aufgenommen", sagt Luisa Brunner, "und wollen das Thema Bio-Zertifizierung in 2024 angehen".

Letzte Aktualisierung 20.10.2023

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