Biozertifiziertes Altenpflegeheim in Konstanz

Biozertifiziertes Altenpflegeheim in Konstanz

In der Seniorenverpflegung ist die Einführung von Bio-Produkten angesichts knapper Budgets eine besondere Herausforderung. Trotzdem gelingt dem Küchenleiter des Altenpflegeheims St. Marienhaus in Konstanz ein Bio-Anteil von rund 30 Prozent. Wichtig für den Erfolg ist: Die Leitung und das ganze Küchenteam müssen hinter der Idee stehen.

Von den rund 4,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland wurden nach einem Bericht des Statistischen Bundesamtes Ende 2019 rund 818.000 Menschen in Pflegeheimen vollstationär versorgt. Eine genussvolle und gesunde Ernährung steht hier natürlich an erster Stelle. Aber wie kann es darüber hinaus gelingen, diese Menschen auch mit nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu versorgen? Gerade in der Seniorenverpflegung ist es für die Küchen eine besondere Herausforderung, Bio-Produkte einzuführen oder die Bio-Anteile weiter zu steigern. "Das liegt häufig an den niedrigen Tagessätzen für die Verpflegung, die teilweise unter drei Euro liegen", weiß Johanna Schlereth vom baden-württembergischen Landeszentrum für Ernährung. Trotzdem gelingt es immer wieder engagierten Küchen in Pflegeeinrichtungen, auch mit knappen Budgets zumindest einen Teil der Lebensmittel in Bio-Qualität einzusetzen. Eines dieser Beispiele ist das von der Caritas geführte Altenpflegeheim St. Marienhaus in Konstanz am Bodensee.

Steckbrief des St. Marienhaus

  • Altenpflegeheim St. Marienhaus, Konstanz
  • Frühstück, Mittag- und Abendessen für über 100 pflegebedürftige Bewohnerinnen und Bewohner im Haus und weitere 15 Personen in der Tagespflege.
  • Dazu versorgt die Küche rund 100 externe Personen, darunter etwa 60 hilfsbedürftige Menschen mit demenziellen und anderen Erkrankungen im Haus Don Bosco.
  • Bio-Zertifizierung seit Oktober 2021
  • Monetärer Bio-Anteil: rund 30 Prozent
  • Fokus auf regionale Lebensmittel, unter anderem mit der Auszeichnung „Gutes vom See“.

Sensibilisiert für Nachhaltigkeit

Dem Hauswirtschafts- und Küchenleiter Thomas Winkler liegt die bedürfnisgerechte und gute Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner schon immer am Herzen. "Der Leitsatz unserer Küche lautet: So wie du für mich kochst, so viel bin ich dir wert", so Winkler. Es ist ihm deshalb wichtig, auch in der Gemeinschaftsverpflegung noch richtig zu kochen. Soßen, Brühen und Suppen macht er selbst und verwendet dafür nicht einfach nur Convenience-Produkte. "In der Gastronomie war Bio früher kein Thema", erinnert er sich. Aber im Laufe der Zeit wurde ihm immer mehr klar, wie wichtig auch in seinem Bereich das Thema Nachhaltigkeit ist. So bezieht er bereits seit einigen Jahren regionale Fleisch und Gemüse-Produkte, die der Verein "Gutes vom See" auszeichnet. Nicht zuletzt die Diskussionen zum Klimawandel haben ihn für diese Themen noch weiter sensibilisiert. So war es für ihn nur ein logischer Schritt, sich mit vollem Engagement beim baden-württembergischen Projekt "Bio in der Gemeinschaftsverpflegung" zu engagieren.

Modellprojekt in Baden-Württemberg

Mehr gesunde, nachhaltige und genussvolle Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung und mehr regionale Wertschöpfung: Das sind die Ziele des Projekts "Bio in der Gemeinschaftsverpflegung" des baden-württembergischen Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, das in sechs der inzwischen vierzehn Bio-Musterregionen umgesetzt wird.

Insgesamt nehmen rund 40 Einrichtungen und Betriebe an dem Projekt teil. Die Küchen verpflichten sich dabei unter anderem, den Bio-Anteil deutlich zu steigern – mindestens auf 30 Prozent – und die Lebensmittel möglichst auch regional zu beziehen. Zudem sollen die Küchen ihre Verpflegung an die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) anpassen. In der Bodenseeregion nimmt die Caritas Konstanz mit dem St. Marienhaus und die Integrative Kindertagesstätte "Die Arche" gemeinsam mit dem Caritaszentrum Konradihaus teil. Ebenfalls zur Caritas Konstanz gehören das Haus Don Bosco und der Mittagstisch St. Gallus.

Bio-Qualität auch bei knappem Budget

Wie in den meisten Einrichtungen sind auch im St. Marienhaus die Kosten für Lebensmittel durch die mit den Kassen ausgehandelten Pflegesätze limitiert. Dabei orientieren sich die Kostenträger an den Benchmarks der Branche. Das heißt im Klartext: "Wenn wir ein gesundes Essen mit Bio-Produkten einsetzen und nur der Durchschnitt zählt, erhalten wir nicht mehr Geld", bedauert Andreas Hoffmann, Vorstand der Caritas Konstanz. Trotz dieser engen Rahmenbedingungen ist es dem Küchenchef Thomas Winkler und seinem Team gelungen, einen monetären Anteil von etwa 30 Prozent der Lebensmittel auf Bio-Qualität umzustellen. Das sind zunächst die Sättigungsbeilagen wie alle Nudeln, Reis, Kartoffeln und Rösti. Auch die Backwaren für das Frühstück bezieht er komplett von einer lokalen Bio-Bäckerei und bei den Molkereiprodukten liegt der Bio-Anteil immerhin bei etwa 80 Prozent. "Die Milchprodukte in Bio-Qualität zu kaufen, geht natürlich schon ins Geld", räumt er ein. Deshalb ist eine stete Kostenkontrolle auch immer eine wichtige Voraussetzung für so einen Weg.

Insgesamt zeigt das Beispiel: Wenn die Leitung dahintersteht und das ganze Küchenteam sich engagiert einsetzt, kann es einzelnen Einrichtungen der Seniorenverpflegung gelingen, einen Teil der Lebensmittel auf Bio umzustellen. "Doch wenn man eine gesunde Ernährung mit Bio-Produkten in der Breite voranbringen will", so Vorstand Andreas Hoffmann, "dann müssten auch die Kostenträger bei den Verhandlungen eine gewisse Offenheit für das Thema zeigen."


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Letzte Aktualisierung 10.03.2023

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