Bio-Lebensmittel in der Seniorenverpflegung

Bio-Lebensmittel in der Seniorenverpflegung

Wie können mehr Bio-Produkte in der Seniorenverpflegung eingesetzt werden? Das Küchenteam des Kreisseniorenzentrums in Kenzingen zeigt, wie es gehen kann. Dort macht sich der Landkreis Emmendingen als Träger für eine nachhaltige Verpflegung stark und übernimmt eine Vorbildfunktion.

Steckbrief

  • Träger des 1931 gegründeten Kreisseniorenzentrums St. Maximilian Kolbe in Kenzingen ist der Landkreis Emmendingen
  • Frühstück, Mittag- und Abendessen für über 140 pflegebedürftige Bewohnerinnen und Bewohner
  • Zubereitung des "Essens auf Rädern", das in Kooperation mit lokalen Pflegediensten an circa 100 Personen ausgeliefert wird, sowie circa zehn Essen für die Tagespflege
  • Bio-Zertifizierung seit August 2022
  • monetärer Bio-Anteil: 20 bis 30 Prozent

Als sich die Bio-Musterregion Freiburg – mit der Stadt Freiburg und den beiden Landkreisen Emmendingen und Breisgau- Hochschwarzwald – dazu entschlossen hatte, bei einem Landesprojekt für mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung mitzumachen, war schnell klar: Auch im Landkreis Emmendingen sollte eine Einrichtung mit ins Bio-Boot genommen werden. Die Leitung und Küche des Kreisseniorenzentrums in Kenzingen waren offen dafür. Aber wie sollte das im Rahmen des bestehenden Budgets finanziert werden? Auf Antrag einer Fraktion im Kreistag Emmendingen wurde das Thema im Sozial- und Krankenhausausschuss diskutiert und man kam dort schnell zu einem klaren Ergebnis: Der Landkreis bezuschusst die Einführung der Bio-Produkte im ersten Jahr mit einem zusätzlichen Budget in Höhe von bis zu 100.000 Euro. "Wir rechnen damit, dass ein Betrag von etwa 60.000 Euro reichen wird", so der Heimleiter Achim Ettwein. Über die weitere Finanzierung in den Folgejahren muss dann jeweils entschieden werden.

"Auch wenn die Mehrkosten nach der Anfangsphase vermutlich etwas geringer werden – eine Differenz wird bleiben", bekräftigt der Heimleiter. "Mit diesem Thema müssen wir dann wieder in den Kreistag gehen". Wie dann entschieden wird, bleibt abzuwarten. Zumindest bislang haben alle Fraktionen bei der Budgetzusage mitgezogen.

Einzelne Produkte in Bio-Qualität

So hat der Küchenleiter Christian Kirch etwas mehr Spielraum, um bestimmte Produkte beziehungsweise Produktgruppen auf Bio umzustellen. Inzwischen setzt die Küche eine ganze Reihe von Lebensmitteln in Bio-Qualität ein: das gesamte Obst, alle Teigwaren und Mehl, Reis und Bulgur, Zucker und Salz, Marmeladen, den Kaffee und teilweise auch das Fleisch. Immer wieder bestellt den Küchenchef größere Mengen bei einem regionalen Bio-Metzger und gefriert das Fleisch dann im Lager ein. Auch Gewürze und Milch würde er gerne auf Bio umstellen: Bei den Gewürzen hat er jedoch noch Lagerware und die Bio-Milch würde er gerne über seinen etablierten Großhändler beziehen – aber der hat die gewünschte regionale Bio-Milch bisher nicht im Großgebinde gelistet (Stand Dezember 2022).

Kniffe zum Abfedern von Mehrkosten

Zudem nutzt der Küchenchef eine Reihe von Maßnahmen, um die Kosten im Griff zu behalten. So vergleicht er regelmäßig die Preise seiner Lieferanten und verwendet immer wieder ein günstiges Gericht für die Mischkalkulation ("Eintopf am Samstag"). Die Portionsgrößen sollten möglichst dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, um unnötige Speisereste zu vermeiden. Das ist vor allem beim Fleisch relevant: "Die älteren Leute essen nicht mehr so viel Fleisch in einer Portion", so seine Erfahrung. Aber gleichzeitig wären seine Tischgäste überfordert, wenn er nur noch ein oder zweimal die Woche Fleisch servieren würde. "Da steinigen sie mich", sagt Christian Kirch mit einem Augenzwinkern. Die Seniorinnen und Senioren haben bestimmte Gewohnheiten, die sich im Alter nicht mehr so leicht ändern lassen. Deshalb ist seine Strategie, zunächst einmal die Fleischmengen pro Portion von 100 Gramm auf circa 70 Gramm zu reduzieren. Gleichzeitig wird der Küchenchef das Angebot vegetarischer Speisen weiter ausbauen. Allerdings braucht das alles seine Zeit. "In zwanzig Jahren wird eine fleischfreie Kost sicher auch in der Seniorenverpflegung einen höheren Stellenwert haben", so der Küchenmeister. Gerne würde er jetzt schon etwas mehr frisches Bio-Gemüse einsetzen und konventionelle Convenience-Produkte herunterfahren. "Doch da fehlt mir einfach das Personal, um die Frischeprodukte hier in der Küche zu verarbeiten", klagt er über den Fachkräftemangel.

Kreis übernimmt Vorbildfunktion

Die Umstellung einzelner Lebensmittel auf Bio war für die Küche des Kreisseniorenheims leicht umzusetzen – vor allem auch, weil der Träger dafür ein zusätzliches Budget bereitgestellt hat. Die Angehörigen finden die biozertifizierte Küche "überwiegend positiv", für die Bewohnerinnen und Bewohner zählt letztlich vor allem der Geschmack. Speziell die Seniorenverpflegung dürfte deshalb ein Segment innerhalb der Gemeinschaftsverpflegung sein, in dem die Bio-Einführung nicht in erster Linie durch Nachfrage-Impulse der Tischgäste angestoßen wird. Es kommt darauf an, dass sich Träger und Küchen für den Einsatz von Bio-Produkten stark machen und das als einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung sehen. "Es war ein wichtiges Signal vom Landkreis als Träger, dass er die Mehrkosten bei der Bio-Einführung im Kreisseniorenzentrum übernimmt", so die Andrea Gierden, Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Freiburg. "Damit übernimmt der Kreis eine Vorbildfunktion".

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Letzte Aktualisierung 07.03.2023

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