Wie entwickelt sich der Markt für Bio-Gemüse?

Wie entwickelt sich der Markt für Bio-Gemüse?

Auch nach dem Rekordjahr 2020 steigt die Nachfrage nach Bio-Gemüse. Viele Betriebe haben daraufhin den Anbau ausgeweitet. Wie sich die Märkte für einzelne Kulturen entwickelt haben und welches Potenzial für die Zukunft erwartet wird, wurde Mitte November 2021 auf dem 5. Bio-Fachforum für Gemüse und Kartoffeln in Visselhövede diskutiert.

Das Jahr 2020 war für Bio-Produkte durch die besonderen Corona-Umstände ein absolutes Rekordjahr, insbesondere für Frischgemüse. Die Umsätze für Bio-Ware stiegen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel auf knapp 194 Millionen Euro. Selbst Fachleute überraschte es deshalb, dass sich dieses Wachstum auch 2021 weiter auf hohem Niveau fortsetzt. So fielen die Umsätze allein in den ersten drei Quartalen mit über 208 Millionen Euro nochmals deutlich höher aus als 2020.

Die Betriebe dehnten ihre Flächen für Bio-Freilandgemüse im Jahr 2020 um über elf Prozent auf 16.100 Hektar aus. Unterglaskulturen wie Tomaten, Feldsalat, Gurken und weitere Salate in Bio-Qualität wurden 2020 auf 305 Hektar angebaut. Auf der 5. Bio-Fachtagung für Gemüse und Kartoffeln Mitte November in Visselhövede diskutierten Fachleute aus Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung über das zukünftige Potenzial verschiedener Kulturen.

Die mit Abstand wichtigste Freilandkultur in Öko-Landbau sind Möhren. Wegen der anhaltend guten Marktlage weiteten die Betriebe ihre Anbauflächen in 2020 um über 17 Prozent aus. Doch auch diese Mengen nahm der Markt problemlos auf bei guten Erzeugerpreisen.

Zu viele Bio-Möhren am Markt

Diese günstige Marktsituation hat sich allerdings im Sommer 2021 geändert. Josef Deselaers von der Brocker GmbH am Niederrhein, die Bio-Möhren anbaut und vermarktet, berichtete auf der Fachtagung, dass es nach schwachen Ernten in den letzten drei Trockenjahren in diesem Jahr wieder eine normale Ernte gegeben habe. In Kombination mit der Flächenausdehnung habe das zu einem Überangebot mit stark gesunkenen Erzeugerpreisen geführt.

Das spiegelt sich auch in einer aktuellen Erhebung der Agrarmarkt Informationsgesellschaft mbH (AMI). Danach haben sich zwar die Einkaufsmengen in den ersten drei Quartalen 2021 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum weiter erhöht um über 13 Prozent. Die Verbraucherausgaben für Bio-Möhren sind jedoch um acht Prozent zurückgegangen. "Die Lage ist ernst", sagte Deselaers. Für Ware, die Mitte November noch nicht eingelagert ist, werde man nur sehr schwer Abnehmerinnen und Abnehmer finden. Deselaers riet deshalb dazu, die Anbauflächen zukünftig besser mit abnehmenden und vermarktenden Unternehmen abzustimmen.

Gute Perspektiven für alle anderen Gemüsearten

Mit dieser ungünstigen Entwicklung bilden Möhren unter den gängigen Bio-Kulturen aber eine Ausnahme. Denn in nahezu allen anderen Bereichen entwickeln sich Nachfrage und das heimische Angebot weitestgehend ausgewogen, mit stabilen oder sogar leicht steigenden Erzeugerpreisen.

Das gilt zum Beispiel für Bio-Zwiebeln, deren Anbauflächen von 2018 bis 2020 um fast 30 Prozent auf 1.111 Hektar erweitert wurden. Das wachsende heimische Angebot konnte durch eine deutlich steigende Nachfrage aufgefangen werden. Daran haben vor allem Discounter als wichtigster Absatzweg für Bio-Zwiebeln einen großen Anteil. Über die Filialen wurden 2020 mehr als 45 Prozent der von den Haushalten nachgefragten Mengen verkauft.

Sehr stabile Preise für Bio-Zwiebeln

Die Erzeugungspreise liegen seit über zwei Jahren auf dem gleichen Niveau. "Der Bio-Zwiebelmarkt ist sehr diszipliniert. Deshalb kann man mit dem Anbau planen", sagte Gabriele Held von der AMI. Einziger Wehrmutstropfen sind in diesem Jahr die deutlich schlechteren Qualitäten der Ware, bedingt durch die diesjährige feuchte Witterung nach drei sehr günstigen Zwiebeljahren.

In vielen eingelagerten Chargen kommt es relativ frühzeitig zu Fäulnis, sodass die Zwiebeln nicht mehr vermarktbar sind. "Solche Ausfälle in Jahren mit ungünstiger Witterung müssen Betriebe beim Einstieg oder bei der Ausweitung ihrer Flächen berücksichtigen", sagte Reinhard Meyer vom Ökokontor, das auf die Vermarktung von Zwiebeln spezialisiert ist.

Nachfrage nach Bio-Zucchini wächst

Interessant für Erzeugungsbetriebe sind auch viele kleinere Bio-Gemüsekulturen wie Zucchini oder Broccoli, die in Deutschland in geringerem Umfang angebaut werden. Der Anteil heimischer Bio-Ware liegt hier nur bei knapp über 20 Prozent. Bio-Zucchini wurde in 2021 besonders intensiv vom Handel beworben. Von 2018 bis zum dritten Quartal 2021 hat sich die nachgefragte Menge auf 0,4 Kilogramm pro Haushalt und Jahr vervierfacht.

Das bestätigte auch Rudolf Behr, Geschäftsführer der Behr GmbH in Seevetal bei Hamburg, die auf 400 Hektar Bio-Gemüse erzeugt, verpackt und an den Großhandel vermarktet. "Diese Zuwächse bei der Nachfrage sehen wir auch", sagte Behr auf der Veranstaltung.

Einfacher Anbau, ungewisse Preisentwicklung

Zudem berichtete er, dass der Anbau von Zucchini nach den Bio-Richtlinien nicht viel schwieriger ist als unter konventionellen Bedingungen. "Und wenn man es gut macht mit dem Anbau, ist es durchaus eine attraktive Kultur für Betriebe", meinte Behr. Grundsätzlich sieht er auch weiteres Wachstumspotenzial beim Handel.

Allerdings wies er darauf hin, dass die Preise für konventionelle Ware im letzten Jahr sehr schwach waren. Deshalb hält er es für wichtig, sich auch bei Öko-Ware an diesen Preisen zu orientieren, um zukünftig mehr konventionelle Käuferschichten zu erreichen. Diese Einschätzung wurde allerdings kontrovers diskutiert.

Bio-Salatherzen im Trend

Die Nachfrage nach Bio-Salatherzen, die auch als Mini-Romana verkauft werden, hat sich seit 2019 bis zum dritten Quartal 2021 mehr als verdoppelt. Zur kontinuierlichen Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels in den Frühjahrs- und Sommermonaten pflanzt Behr jede Woche neu. In einer Art fahrbarer Halle wird der Salat geerntet und gleich auf dem Feld abgepackt.

Die Herausforderung bei Salatherzen liegt laut Behr darin, die Erntemengen möglichst gut an die wöchentliche Nachfrage durch den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) anzupassen. "Meistens funktioniert das nicht", sagte Behr. Zwar gebe es mit sechs bis sieben Tagen ein relativ breites Erntefenster. Aber je nach Witterung könne sich das Wachstum um 30 Prozent verlangsamen oder beschleunigen, was die Anbauplanung zusätzlich erschwert.

Markt für Bio-Broccoli wächst langsam, aber stetig

Mit einem Bio-Anteil von 7,4 Prozent im Jahr 2021 entwickelt sich auch der Markt für Broccoli positiv. Die Anbauflächen und die Erträge für Bio-Broccoli aus Deutschland haben laut Gabriele Held in den letzten drei Jahren langsam zugenommen. Die Nachfrage hat sich in der gleichen Zeit mehr als verdoppelt auf 3.600 Tonnen in den ersten drei Quartalen 2021. Je nach Angebotsmenge gab es dabei von Monat zu Monat größere Preisschwankungen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bio-Gemüsen wird Bio-Broccoli nicht von Discountern angeboten. Rudolf Behr begründete dies damit, dass die Discounter sogenannte Schnelldreher in großen Mengen brauchen. Sondersortimente wie Bio-Broccoli werde deshalb kein Platz eingeräumt.

Bio-Kürbis boomt, auch dank Discounter

Dagegen hat der Bio-Kürbis bei Discountern einen ganz anderen Status. Denn in den Filialen sind sie fester Bestandteil des saisonalen Sortiments. Ein Discounter ist sogar dazu übergangen, konventionelle Ware komplett durch Bio-Ware zu ersetzen. Insgesamt kam es in den letzten Jahren zu einem deutlichen Nachfragezuwachs. Allein von 2020 bis Ende September 2021 stiegen die Verkaufsmengen um mehr als 25 Prozent, obwohl die Verkaufspreise ebenfalls gestiegen sind. Die Erzeugungspreise lagen dagegen 2021 leicht unter Vorjahresniveau.

Insgesamt liegt der Bio-Anteil bei Kürbissen in Deutschland bei 38 Prozent und damit deutlich höher als bei Möhren. Georg Thalmann, der seit 30 Jahren Bio-Kürbis anbaut und vermarktet, begrüßte die Initiative der Discounter, das Sortiment bei Kürbissen komplett auf Bio umzustellen. "Das muss auch der Weg für andere Bio-Artikel sein, wenn der Öko-Landbau weiter wachsen soll", sagte der Experte.

Beim Anbau gebe es jedoch einige Herausforderungen. So sind Kürbisse sehr anfällig für Pilzerkrankungen, weshalb der Ernteerfolg stark von der Witterung abhänge. Auch die Lagerfähigkeit sei begrenzt, in der Regel ende die Saison zum Jahresende. Mit professioneller Lagetechnik, wie sie in den Niederlanden verbreitet ist, lässt sich die Ware aber nach Einschätzung von Thalmann bis Ende Februar frisch halten.


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Letzte Aktualisierung 03.01.2022

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