Einkommen im Öko-Landbau sind 2021/22 gestiegen

Einkommen im Öko-Landbau sind 2021/22 gestiegen

Das Ziel der Bundesregierung steht fest: Bis 2030 sollen 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland ökologisch bewirtschaftet werden. Das setzt voraus, dass sich mehr Landwirtinnen und Landwirte für den ökologischen Landbau entscheiden und ihre Betriebe umstellen. Lohnt sich die Bio-Produktion für die Betriebe? Ein Blick in die Betriebseinkommen des deutschen Testbetriebsnetzes verrät es.

Jedes Jahr analysiert das Thünen-Institut die Einkommensentwicklung ökologisch wirtschaftender Betriebe anhand der Daten aus dem deutschen Testbetriebsnetz. Für den Einkommensvergleich zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben wurde eine spezielle Methode entwickelt: Jedem Bio-Betrieb werden konventionelle Betriebe mit ähnlichen Standortbedingungen und Faktorausstattungen zugeordnet. Dabei wird unter anderem Folgendes berücksichtigt: 

  • das Bundesland
  • die Flächenausstattung
  • die Betriebsform
  • und bei Milchviehbetrieben die Größe des Milchviehbestandes.

Die ausgewählten konventionell wirtschaftenden Betriebe werden zu Vergleichsgruppen zusammengefasst. Es wird also nicht der Durchschnitt aller Bio-Betriebe mit dem Durchschnitt aller konventionellen Betriebe in Relation gesetzt, da zwischen den Betrieben der beiden Wirtschaftsweisen zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der regionalen Verteilung sowie der Betriebsstrukturen bestehen. Aufgrund des unterschiedlichen methodischen Vorgehens sind die Ergebnisse des Thünen-Instituts (PDF-Dokument) nicht direkt mit den Buchführungsergebnissen der Testbetriebe vergleichbar. 

Bereits seit 1956 wird das Testbetriebsnetz (TBN) vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Zusammenarbeit mit den Ländern organisiert. Rund 8.000 Betriebe sind aktuell daran beteiligt. Die Buchführung der teilnehmenden Betriebe wird nach einheitlichen Regeln mit dem BMEL-Jahresabschluss erstellt und beinhaltet unter anderem die Bilanz, Erträge und Aufwendungen sowie Anbauflächen, Tierzahlen und Produktionsmengen. Diese Daten können bezogen auf die Region, die Betriebsgröße oder die Betriebsform ausgewählt werden. Das TBN ist die einzige repräsentative Datengrundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland. Zudem ist es Datengrundlage für das Farm Accountancy Data Network (FADN) der Europäischen Kommission.

Höheres Einkommen, aber geringerer Umsatz für Bio-Betriebe

Werden die vergangenen zehn Jahre betrachtet, also die Wirtschaftsjahre 2011/12 bis 2021/22, hat sich die Einkommenssituation sowohl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe als auch der konventionell wirtschaftenden Betriebe verbessert. So stieg der Gewinn plus Personalaufwand je Arbeitskraft, also das Einkommen, bei den Bio-Betrieben im Betrachtungszeitraum um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr. Bei den konventionell wirtschaftenden Betrieben legte das Einkommen im Schnitt um ein Prozent pro Jahr zu.

Ein Grund für die Bio-Umstellung ist unter anderem das höhere und stabilere Preisniveau, welches Bio-Landwirtinnen und -Landwirte erzielen können. Andererseits sind aber auch die Kosten der Bio-Betriebe, bezogen auf die produzierte Menge, aufgrund der niedrigeren Erträge und Tierleistungen, vergleichsweise hoch. So war der durchschnittliche Getreideertrag der Bio-Betriebe im Wirtschaftsjahr 2021/22 mit 31 Dezitonnen pro Hektar nur halb so hoch wie bei der konventionellen Vergleichsgruppe. Auch die Milchleistung bei den Bio-Betrieben fiel mit durchschnittlich 6.676 Kilogramm je Kuh um 23 Prozent geringer aus. Das wirkt sich auf die Umsatzerlöse aus. Diese fielen laut Analyse des Thünen-Instituts zwischen den Wirtschaftsjahren 2019/20 und 2021/22 bei den Bio-Betrieben im Mittel um sieben Prozent niedriger aus als bei der konventionellen Vergleichsgruppe. 

Dass die Einkommen der Bio-Betriebe in den letzten zehn Jahren dennoch fast durchweg über denen der konventionellen Vergleichsgruppe lagen, ist auf die flächenbezogene Prämie für die Beibehaltung oder Einführung der ökologischen Wirtschaftsweise im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen zurückzuführen. Ohne Öko-Landbau-Prämie, die zwischen den Jahren 2011/12 und 2021/22 anteilig von 22 Prozent auf 30 Prozent des Einkommens gestiegen ist, läge das Einkommen der Bio-Betriebe unter dem der konventionellen Vergleichsgruppe. 

Gewinnabstand hat sich im Wirtschaftsjahr 2021/22 verringert

Im Wirtschaftsjahr 2021/22 wurden 446 Bio-Betriebe und 1.863 vergleichbare konventionelle Betriebe in den Einkommensvergleich des Thünen-Instituts einbezogen. Insgesamt wirtschafteten im Jahr 2021 35.716 Betriebe nach den Kriterien des ökologischen Landbaus. Damit deckt die Stichprobe gerade einmal ein Prozent aller Bio-Betriebe ab. Dennoch lassen sich aus den Daten Entwicklungen ableiten. So ist das Einkommen bei den Bio-Testbetrieben erneut gestiegen, und zwar um neun Prozent auf 42.607 Euro. In der konventionellen Vergleichsgruppe stieg das Einkommen sogar um 27 Prozent auf 39.147 Euro zu. Der Gewinnunterschied zwischen den ökologisch und konventionell wirtschaftenden Vergleichsbetrieben betrug zuletzt 3.460 Euro zugunsten der Bio-Betriebe und hat sich damit gegenüber dem Vorjahr um 58 Prozent verringert. 

Deutliche Einkommensunterschiede zeigen sich zwischen den Betriebsformen. So erzielten sowohl die ökologisch als auch die konventionell wirtschaftenden Ackerbaubetriebe im Wirtschaftsjahr 2021/22 die höchsten Einkommen, während die sonstigen Futterbaubetriebe die niedrigsten Einkommen erwirtschafteten. In dieser Betriebsform fällt der Einkommensabstand am höchsten zugunsten der ökologisch wirtschaftenden Betriebe aus, er beträgt plus 27 Prozent gegenüber der konventionellen Vergleichsgruppe. Zusammenfassend hält das Thünen-Institut fest, dass nicht nur zwischen den Bio-Betrieben, sondern auch innerhalb der Betriebsformen erhebliche Erfolgsunterschiede bestehen. 

Die Betriebsführung sollte regelmäßig auf dem Prüfstand stehen

Dr. Heike Kuhnert beschäftigt sich am Institut für Betriebswirtschaft des Thünen-Instituts unter anderem mit der Analyse der wirtschaftlichen Situation ökologisch wirtschaftender Betriebe und wertet hierzu Daten aus dem deutschen Testbetriebsnetz aus. Wissenswertes zum Hintergrund der Datenanalyse und zur Repräsentativität der Ergebnisse erläutert sie im Interview.

Oekolandbau.de: Kann jeder Bio-Betrieb am Testbetriebsnetz teilnehmen? Was sind Voraussetzungen hierfür?

Dr. Heike Kuhnert: Im Prinzip ja, aber es kommt darauf an. Mit dem BMEL-Testbetriebsnetz Landwirtschaft wird das Ziel verfolgt, aktuelle und repräsentative Daten zur wirtschaftlichen Lage der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland zu ermitteln und zu veröffentlichen. Zu diesem Zweck gibt es ein festgelegtes Verfahren, mit dem bundesweit landwirtschaftliche Betriebe nach bestimmten Kriterien für das Testbetriebsnetz ausgewählt werden. Eine grundsätzliche Voraussetzung ist, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Wirtschaftsjahr einen Standardoutput von mindestens 25.000 Euro erzielt. Darüber hinaus werden für jedes Bundesland mit Hilfe eines Auswahlplans – der auf den Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung beruht – Zielgrößen für die Anzahl an Betrieben und bestimmte Betriebsmerkmale festgelegt. Dazu gehört auch eine angestrebte Zahl an ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Hierbei ist anzumerken, dass die Teilnahme der ausgewählten Betriebe und Buchstellen am Testbetriebsnetz freiwillig ist.

Die Auswahl der Testbetriebe und die Erfassung von deren Buchabschlüssen für das BMEL-Testbetriebsnetz finden in den Bundesländern statt. In einigen Bundesländern gibt es dafür einen sogenannten Landesausschuss, der sich unter anderem aus Vertreterinnen und Vertretern der landwirtschaftlichen Buchstellen, Statistischen Landesämter, der Landwirtschaftskammern oder einer anderen Landesbehörde und des Berufstands zusammensetzt.

Oekolandbau.de: Inwiefern spiegeln die Daten aus dem Testbetriebsnetz die realen Bedingungen nicht-teilnehmender Öko-Betriebe wider?

Dr. Kuhnert: Wir gehen davon aus, dass die Daten der im Testbetriebsnetz vertretenen Öko-Betriebe, im Wirtschaftsjahr 2021/22 waren es 623 Betriebe, nicht repräsentativ für alle rund 36.000 Öko-Betriebe in Deutschland sind. Dies lässt sich allein aus dem zuvor beschriebenen Auswahlverfahren für die Teilnahme am Testbetriebsnetz ableiten. Nicht alle Betriebsformen sind gleichermaßen gut abgebildet, und Betriebe, die weniger als 25.000 Euro Standardoutput erzielen, sind nicht vertreten. Damit ist – gemessen an der Anzahl – ein nennenswerter Anteil der deutschen Öko-Betriebe, allerdings auch der konventionell wirtschaftenden Betriebe, nicht im Testbetriebsnetz repräsentiert.

Hinzu kommt, dass das Thünen-Institut sich in der vergleichenden Einkommensanalyse von konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben aus methodischen Gründen auf die Betriebsformen Ackerbau, Milchvieh, Sonstiger Futterbau und Gemischt konzentriert. Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe, die den Betriebsformen Veredlung, Weinbau, Obst- und Dauerkulturen sowie Gartenbau zugeordnet sind, können aufgrund der zu geringen Fallzahlen und mangelnder Vergleichbarkeit nicht in unsere Einkommensanalyse einbezogen werden.

Oekolandbau.de: An welchen Stellschrauben kann gedreht werden, um die Einkommenssituation auf den Bio-Betrieben zu verbessern? Welche Besonderheiten prägten dabei das Wirtschaftsjahr 2021/22?

Dr. Kuhnert: Das Wirtschaftsjahr 2021/22 war von den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und den damit einhergehenden Marktstörungen gekennzeichnet. Ein großer Einfluss auf die Ergebnisse des Einkommensvergleiches war, dass die Erzeugerpreise für ökologisch erzeugte Produkte im Jahr 2022 einen deutlich geringeren Anstieg verzeichneten als für konventionelle Ware, insbesondere bei Milch und Getreide. Dies hat im Durchschnitt zu einer vergleichsweise stärkeren Gewinnsteigerung bei den Betrieben der konventionellen Vergleichsgruppe und einer Verringerung des Gewinnabstands zu den Öko-Betrieben geführt.

Ein über die Jahre konstantes Resultat der vergleichenden Einkommensanalyse ist: Es gibt erhebliche Erfolgsunterschiede zwischen den Öko-Betrieben insgesamt und auch innerhalb der verschiedenen Betriebsformen. Und damit kommen wir zu den möglichen Stellschrauben: Grundsätzlich ist eine optimierte Kosten- und Erlösstruktur eine zentrale ökonomische Stellschraube. Den Betrieb diesbezüglich laufend kritisch zu durchleuchten, wäre also eine Option. Idealerweise ist dies bereits Bestandteil des betrieblichen Managements, ein externer Blick durch Beratungskräfte kann dabei hilfreich sein. Im Ergebnis kann dies beispielsweise von Änderungen in den Futterrationen der Tiere bis zu einem grundsätzlichen Überdenken vorhandener Betriebszweige führen. Letzten Endes ist jede Betriebsleiterin beziehungsweise jeder Betriebsleiter gefordert, nach einer individuellen Antwort zu suchen, die zu den mitarbeitenden Menschen und dem Betrieb in seinem speziellen Umfeld passt. Sich immer wieder Zeit und auch gedankliche Muße für einen regelmäßigen Check-up in persönlichen und betrieblichen Belangen freizuschaufeln, ist aus meiner Sicht eine weitere und sehr wichtige Stellschraube, für die es durchaus Mut und viel Durchhaltevermögen braucht.


Letzte Aktualisierung 05.12.2023

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