Foodsharing Cafés retten Lebensmittel

Foodsharing Cafés retten Lebensmittel

In ganz Deutschland werden jährlich große Mengen an noch genießbaren Lebensmitteln weggeworfen. Die Bewegung Foodsharing setzt sich gegen diese Verschwendung ein. Das erste Foodsharing Café wurde in Stuttgart gegründet. Inzwischen sind in mehreren Städten Initiativen mit ähnlichem Konzept entstanden.

Seit Sommer 2019 gibt es am Hölderlinplatz in Stuttgart die Raupe Immersatt. "Uns geht es darum, Lebensmittel wieder in den Kreislauf zu bringen und sie vor der Tonne zu retten", beschreibt Kartrin Scherer das Konzept. Sie arbeitet hauptberuflich für das Café und ist im Vorstand des gemeinnützigen Vereins Raupe Immersatt. Der Verein hat zwei Hauptziele: "Ziel Nummer eins ist es, Lebensmittel zu retten und auf das Problem der Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen", so Scherer. "Zudem wollen wir die Menschen dafür sensibilisieren, Lebensmittel mehr wertzuschätzen und aufzeigen, welche Ressourcen in die Produktion von Lebensmittel fließen und wie wir Lebensmittelverschwendung reduzieren oder vermeiden können."

Kooperation mit Foodsharing

Und das funktioniert in der Praxis so: Lebensmittel, die noch genießbar sind aber kurz vor dem Weg in die Tonne eingesammelt wurden, gibt das Foodsharing Café kostenlos an seine Gäste ab. Zu den Lebensmitteln gehören Backwaren, Gemüse, Obst und manchmal auch Kühlprodukte wie Käse. Wer ins Café kommt, kann sich davon etwas mitnehmen. Den größten Teil der geretteten Lebensmittel bekommt die Raupe Immersatt von der Foodsharing Community in Stuttgart, die aussortierte und unverkäufliche Lebensmittel beispielsweise im Supermarkt und auf Wochenmärkten einsammelt. Dabei lässt Foodsharing sozialen Initiativen wie den Tafeln beim Einsammeln von Lebensmitteln den Vorrang. Zudem gibt es einige Cafés, kleine Läden und Cateringbetriebe sowie Privatpersonen, die überschüssige Lebensmittel selbst anliefern. Seit 2019 hat die Raupe Immersatt auf dieses Weise rund 60 Tonnen Lebensmittel gerettet. 

Solidarische Preise und gemeinnützige Arbeit

Die Getränke im Café werden auf solidarischer Basis verkauft. Das heißt: Die Kundinnen und Kunden bestimmen selbst den Preis. Die weiteren Kosten für Gehälter, Miete, Caféeinrichtung und -instandhaltung werden nicht über den Verkauf von Lebensmitteln gedeckt, sondern ausschließlich über den Verkauf von Getränken finanziert. Die Unkosten der gemeinnützigen Arbeit, beispielsweise für kulturelle und Informationsveranstaltungen, bezahlt der Verein aus den Einnahmen über Eintrittsgelder, Spenden und Fördermittel.

Zu viel in der Tonne

In Deutschland werden je nach Hochrechnung jährlich zwischen 11 und 18 Millionen Tonnen Lebenmittel weg geworfen. Die breite Spanne reflektiert, dass es dazu keine exakten Daten gibt. Das BMEL bzw. das Thünen-Institut sprechen von rund 11 bzw. 12 Millionen Tonnen. Der WWF hält 18 Millionen für realistischer, weil die andere, niedrigere Zahl auf Stichproben basiere und bestimmte Bereiche wie die Verluste vor oder nach der Ernte bzw. der Schlachtung nicht erfasst. Ohne hier auf methodische Details einzugehen, kann man mit Sicherheit sagen: Zu große Mengen an Lebensmitteln, die man noch essen könnte, landen im Müll. Wer dagegen etwas tun möchte, kann sich bei Foodsharing oder in einem Foodsharing Café engagieren. 

Weitere Foodsharing Cafés in Deutschland

Foodsharing Cafés nach ähnlichem Muster gibt es inzwischen in mehreren Städten. Eröffnet sind bereits Cafés in Freiburg im Breisgau, Freising und Landau in der Pfalz. "Die Gruppen in Mainz und Tübingen befinden sich gerade kurz vor der Eröffnung, haben Räumlichkeiten gefunden, die sie derzeit noch renovieren", so Katrin Scherer. Weitere Städte befinden sich noch im Gründungsprozess. Alle Initiativen haben sich in einem bundesweiten Netzwerk gesammelt. 

Diese Plattform soll den überregionalen Austausch zwischen den bestehenden Cafés ermöglichen, aber auch Gründungsinteressierte aus anderen Städten ansprechen. Zudem gibt es regelmäßige Netzwerktreffen, wo die Gruppen ihre Erfahrungen und praktische Tipps geben. Insgesamt wächst die Bewegung stetig. Doch immer mehr solcher Cafés bedeutet ja auch, dass es einen enormen Bedarf gibt, vorhandene Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Katrin Scherer hält deshalb an ihrer Vision fest:

Im Idealfall benötigt es irgendwann keine Initiativen wie Foodsharing oder Foodsharing Cafés mehr – weil es keine Lebensmittel mehr zu retten gibt.


Letzte Aktualisierung 27.08.2024

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