Ökologische Rohwurstherstellung

Ökologische Rohwurstherstellung

Die Bio-Wurstherstellung unterscheidet sich deutlich von der konventionellen Herstellung. Vor allem in der Auswahl der Zusatzstoffe. Die Rohwurstherstellung gilt als eine besonders schonende Herstellungsart, denn sie hat eine sehr geringe Verarbeitungstiefe. Worauf sollten Bio-Metzgerinnen und Metzger achten und welche Parameter sind besonders maßgebend?

Ökologische Fleisch- und Wurstwaren werden immer beliebter. Wie das Ökobarometer 2020 zeigt, stieg die Nachfrage nach Bio-Wurst und Bio-Fleisch um acht Prozent zum Vorjahr. Inzwischen kauft in Deutschland jede und jeder Zweite Wurstwaren und Fleisch aus ökologischer Herstellung.

Wie bei allen verarbeiteten Bio-Produkten gibt die EU-Öko-Verordnung den Einsatz von Zusatz-stoffen auch bei der Herstellung von Bio-Wurst klar vor. Aber auch der persönliche Anspruch, die Bio-Wurst mit so wenigen Zusatzstoffen wie möglich herzustellen, steht bei vielen Herstelle-rinnen und Herstellern oftmals im Vordergrund. Doch wie lässt sich das in der Praxis umsetzen?

Eine Herangehensweise ist dabei der Verzicht auf Pökelstoffe als Konservierungsmittel. Auch die Warmfleischverarbeitung eignet sich für Bio-Wurstwaren hervorragend, da aufgrund der natürlich gegebenen Eigenschaften des Fleisches weniger Zusatzstoffe bei der Wurstherstellung notwendig sind.

Zusatzstoffe in Bio-Wurstwaren

Neben der ökologischen Haltung der geschlachteten Tiere ist ein entscheidender Unterschied zwischen konventionell hergestellter Wurst und Bio-Wurst die Zugabe von Zusatzstoffen. Die Herstellung von Bio-Wurst mit einem sehr reduzierten Einsatz von Pökelstoffen benötigt etwas mehr handwerkliches Geschick in der Herstellung. Typische Zusatzstoffe, die in der konventionellen Herstellung eingesetzt werden, um entweder eine schönere Farbe der Wurst, eine einfachere Haltbarkeit oder einen besseren Geschmack herbeizuführen sind zum Beispiel:

ZusatzstoffFunktionErlaubt in der Bio-Wurst Herstellung?
NatriumnitritKonservierung, Umrötung, PökelaromaZwar teilweise erlaubt in EU-Bio-Verordnung und bei Naturland, oftmals wird aber freiwillig darauf verzichtet, nicht erlaubt bei Bioland und Demeter
PhosphateErhöhung der Wasserbindung, Emulgatorwirkung auf Wasser und FetteNein
AscorbinsäureErhaltung der roten FarbeJa
Geschmacksverstärker, zum Beispiel NatriumglutamatVerstärkung Geschmacksintensität der Rohstoffe und Gewürze, Abrundung GesamtaromaNein
KaliumsorbatZur Oberflächenbehandlung (verhindert Schimmelbildung)Nein

Diese Zusatzstoffe verändern Textur, Aussehen oder Geschmack der Wurst oft grundlegend. Einige der Zusatzstoffe werden mit Hilfe von Gentechnik hergestellt und sind daher in Bio-Produkten verboten. Hier wird oft in Kauf genommen, dass eine Wurst nicht unbedingt "rot" aussehen muss, sodass auf den Einsatz von Nitritpökelsalz verzichtet werden kann. Alternativ werden zur Umrötung natürliche Stoffe, wie Acerola oder gemüsebasierte Zusatzstoffe, genutzt. Zudem wird das Fleisch in manchen Bio-Metzgereien auch schlachtfrisch verarbeitet. Die sogenannte Warmfleischverarbeitung, also die Verarbeitung des Fleisches direkt nach der Schlachtung, sorgt dafür, dass generell auf viele Zusatzstoffe verzichtet werden kann.

Herstellung von Rohwurst

Rohwurst wird nicht wie Koch- und Brühwurst durch Hitze haltbar gemacht, sondern durch den Prozess der natürlichen Fermentation. Damit hat sie einen relativ geringen und schonenden Verarbeitungsgrad. Man unterscheidet zwischen schnittfesten Sorten, wie zum Beispiel Salami oder Mettwurst und streichfähigen Sorten, wie zum Beispiel Teewurst oder Zwiebelwurst.

Die Qualität und Stabilität von Rohwurst werden durch viele Parameter beeinflusst. Grundsätzlich sind dafür die Rohstoffauswahl, Reifebedingungen und Lagerung maßgebend.

Sorgfältige Auswahl und Verarbeitung der Rohstoffe

Bei der Rohstoffauswahl für die Herstellung von Rohwurst sollte Fleisch mit Qualitätsmängeln, wie zum Beispiel PSE-Fleisch (Bezeichnung für blasses, weiches und wässriges Fleisch) und DFD-Fleisch (Bezeichnung für dunkles, festes und trockenes Fleisch), ausgeschlossen werden. Der Speck sollte maximal zwölf Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten, jedes Prozent weniger verbessert die Stabilität und Haltbarkeit, da die Fettveränderungen der limitierende Faktor bei der Haltbarkeit von Rohwurst sind. Insbesondere bei Wurstwaren ohne Nitritpökelsalz spielt dies eine Rolle. Das Nitrit hat ebenfalls eine antioxidative Wirkung und verzögert daher den oxidativen Fettverderb. Der vorzugsweise verwendete Rückenspeck ist so frühzeitig wie möglich von der Schweinehälfte abzutrennen und im Kühlraum bei 0 bis 5 Grad Celsius zwei bis drei Tage vorzutrocknen.

Nach der Rezepturauswahl erfolgt die entsprechende Auswahl des Fleisches und weiterer Zutaten. Je nach maschineller Ausstattung und Herstellungstechnologie wird ein Teil des Fleisches in faustgroße Stücke geschnitten, auf 0 bis 2 Grad Celsius gekühlt (zum Beispiel der Schweinefleischanteil), während ein anderer Teil (zum Beispiel Rindfleischanteil) bei minus 18 Grad Celsius eingefroren wird. Der Speck wird entschwartet und in Streifen geschnitten. Die Streifen werden dann weiter zerschnitten, so dass man gleichmäßige Plättchen erhält, die bei ausschließlicher Verarbeitung mit dem Fleischwolf bei 0 bis 2 Grad Celsius gekühlt werden.

Bei Wurstwaren ohne Nitritpökelsalz empfiehlt es sich, eher festes Fett zu verwenden, gegebenenfalls die Salzzugabe etwas zu erhöhen oder mit anderen antioxidativen Zutaten zu arbeiten, um den fehlenden oder reduzierten Nitritanteil auszugleichen.

Richtige Reifung mit Milchsäurebakterien

Während einer fehlerfreien Reifung kommt es zu einem Wachstum der zugesetzten Starterkulturen auf Keimzahlen von 106 bis 108 pro Gramm Wurstmasse. Dabei wird der zugesetzte Zucker (3 bis 5 Gramm pro Kilogramm) von den Milchsäurebakterien zu Milchsäure umgesetzt. Der pH-Wert wird dadurch erheblich abgesenkt. Das Wasserbindungsvermögen des Fleisches sinkt und die Abtrocknung wird begünstigt. Um die Haltbarkeit ohne Kühlung zu erreichen, ist eine sorten- und rezepturabhängige Abtrocknung von 20 bis 35 Prozent überwiegend zwischen 25 und 30 Prozent notwendig.

Konservierung und das besondere Aroma

Um eine lange Haltbarkeit zu erreichen und einen Befall von Fremdschimmel zu vermeiden, wird Rohwurst häufig kaltgeräuchert. Neben den konservierenden Eigenschaften entsteht so die typische rauchige Note. Dies ist für Bio-Wurst besonders interessant, da die EU-Öko-Verordnung den Einsatz von Raucharomen verbietet, da es sich um nicht um ein natürliches Aroma handelt (siehe Verordnung 1334/2008). Auch eine Beimpfung mit Edelschimmel wird bei Rohwürsten gerne gewählt. Allerdings nur bei luftgetrockneten Wurstwaren, denn Produkte mit Edelschimmel dürfen nicht mehr geräuchert werden. Die Räucherung würde die Schimmelpilzkulturen zerstören. Durch den Edelschimmel wird während des Reifeprozesses ein besonderer Geschmack erzielt, zudem wirkt auch er einem Befall von Fremdschimmel entgegen und wirkt so als natürlicher Ausgleich zum fehlenden Nitrit, sofern ohne Nitritpökelsalz gearbeitet wurde.


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Letzte Aktualisierung 20.04.2022

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