BLQ Akademie: Bio-Basiswissen für Quereinsteigerinnen und Bio-Neulinge
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Bei der Milchgewinnung und -verarbeitung ist die Beherrschung gesundheitsgefährdender Gefahren ("hazards") besonders wichtig, denn
Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber für die Milchgewinnung und -verarbeitung Vorschriften erlassen, die über die allgemeinen Anforderungen hinausgehen.
Zentrale Vorschrift ist die EU-Verordnung 853/2004, in Deutschland präzisiert durch die Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung - Tier-LMHV vom 08.08.2007. Weitere vorbeugende Maßnahmen bei der Milchgewinnung sind im Leitfaden zum System "Qualitätsmanagement – Milch" beschrieben.
Der Einsatz von Nitrat oder Lysozym bei der Käseherstellung aus Bio-Milch ist nicht zulässig. Dadurch steigt das Risiko der Spätblähung von Käse durch Clostridien. Dementsprechend muss der Eintrag von Sporen in die Milch minimiert werden. Hierzu sollte möglichst auf Silagefütterung verzichtet oder zumindest Fütterung und Milchentzug räumlich und zeitlich getrennt werden. Eine Reinigung der Milch über eine Bactofuge bei 50 - 60 °C kann den Sporengehalt weiter senken. Natamycin, das zur Unterdrückung des Schimmelwachstums auf der Oberfläche konventionell hergestellter Käsesorten eingesetzt wird, ist im in der Bio-Verarbeitung nicht zugelassen, kann aber in seiner Wirkung durch geeignete Wachse oder luftdichte Verpackungen ersetzt werden.
Lebensmittelsicherheit muss durch richtige Prozesslenkung in der gesamten Kette "vom Kuhstall bis zum Teller" gewährleistet werden. Vorbeugende Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb sind entscheidend zur Beherrschung der gesundheitsgefährdenden Gefahren ("Hazards")
Die Wirksamkeit der vorbeugenden Maßnahmen wird verifiziert durch die Untersuchung der Milch nach der Milchgüte-Verordnung (auf Keimgehalt; somatische Zellen als Indiz für Mastitis; Hemmstoffe) sowie die Untersuchung der Tankmilch bei der Anlieferung in der Molkerei.
Art der Gefahr | Hazard | Gefährdete Produkte | Wichtige Maßnahmen zur Beherrschung der Gefahr in der Molkerei |
---|---|---|---|
Biologisch | unversporte bakterielle Krankheitserreger (insbesondere Salmonellen, Campylobacter, pathogene E. coli, Erreger von Zoonosen) | alle | Pasteurisation; Vermeidung von Rekontamination; Kühlung |
Vorzugsmilch | Kühlung | ||
Rohmilchkäse | Rate und Ausmaß der Säuerung | ||
Listeria monocytogenes | Käse (vor allem weiche und halbfeste Sorten) | Rekontamination vermeiden | |
Staphylococcus aureus-Toxin | Käse | Persönliche Hygiene; Kühlen | |
Bacillus cereus | Milch, Sahne, Desserts auf Milchbasis | Kühlung | |
Chemisch | Reinigungs- und Desinfektionsmittel | alle | Reinigung von Leergut; richtiges Nachspülen |
Physikalisch | Glas | alle in Glas verpackte Produkte | Ausblasen / Inspektion der Glasbehälter |
Darüber hinaus ist eine "nachteilige Beeinflussung" des Milcherzeugnisses auch dann zu vermeiden, wenn sie nicht zu einem gesundheitlichen Risiko für den Verbraucher führt. Solche nachteiligen Beeinflussungen sind zum Beispiel:
Verantwortlichkeiten festlegen, Personal schulen und motivieren!
Die EU-Verordnung 852/2004 verlangt, dass Personen, die mit Lebensmitteln umgehen, entsprechend ihrer Tätigkeit und ihrer Ausbildung über den hygienischen Umgang mit Lebensmitteln geschult werden. Nachhaltig wirken aber Schulungen nur, wenn die Teilnehmenden die Bedeutung der Lebensmittelhygiene für die Kundschaft und den Betrieb erkennen, also motiviert sind, die Hygienepläne zu befolgen. Je besser geschult und motiviert die Mitarbeitenden, desto mehr Verantwortung kann die Betriebsleitung auf sie übertragen. Verantwortlichkeiten müssen jedoch eindeutig geklärt sein.
Die Betriebsleitung muss sich darum kümmern, dass die Mitarbeitenden
Im "Falle eines Falles" muss der Betrieb nachweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Dazu braucht er ein sachgerecht gestaltetes "Hygiene-Handbuch", bestehend aus Vorgabedokumenten (Plänen, Fließdiagrammen, Verfahrens-, Arbeits- und Prüfanweisungen, Formulare für Protokolle) und Nachweisdokumenten (Prüf- und Überwachungsprotokolle, festgestellte Abweichungen und Korrekturmaßnahmen, Nachweise über Personalschulung).
Wichtig: So viel wie nötig, aber so wenig, so knapp, so klar, so übersichtlich wie möglich dokumentieren - sonst verstaubt das Hygienehandbuch im Regal. Je besser qualifiziert die Mitarbeitenden, desto weniger Dokumentation ist nötig!
Letzte Aktualisierung 10.12.2021