Bio kann jeder: DGE-Qualitätsstandard in Schulen: Umsetzung in der Kochpraxis
35398 Gießen
Seit 2013 essen rund 100 Kinder und Erwachsene im "Leckerland" der evangelischen Montessori Kita der Erlöserkirche Würzburg biologisch, vollwertig und vegetarisch. Silvia Popp, gelernte Krankenschwester und Hauswirtschafterin mit "Montessori-Diplom", setzte damals ihre Idee eines vollwertigen Ernährungskonzepts um. Auslöser war ein Neubau und die Möglichkeit, eine offene Küche als Herzstück in die Kita zu integrieren. Das neue Konzept ermöglicht, nicht nur Umwelt, Natur und Tiere zu schützen, sondern den Kindern auch den Wert des Essens zu vermitteln.
Grundlage des Ernährungskonzepts der Montessori Kita ist eine vegetarische und ökologische Vollwertkost. Das bedeutet frische Zutaten, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und hochwertige Eier und Milchprodukte – alles in 100 Prozent Bioqualität. Die Gesamtkosten halten sich mit 5,00 Euro pro Person für Frühstück, Mittagessen und Nachmittagssnack dennoch in Grenzen. Silvia Popp nennt dafür insbesondere zwei Gründe: Erstens bestellt sie in sehr großen Mengen von Bio-Produzenten aus der Region. Dabei ist besonders die Kommunikation mit den Lieferbetrieben entscheidend. So bekommt sie einen fairen Preis, weil sie bei guter Ernte auch mal mehr einkauft und gerne krummes Gemüse abnimmt. Damit das geht, ist vor allem auch der zweite kostensparende Faktor wichtig: Silvia Popp kocht bodenständig und flexibel. Speisepläne und Gerichte passt sie an die Zutaten an, die gerade saisonal verfügbar sind. Außerdem kauft sie größtenteils unverarbeitete Produkte. Das Küchenteam übernimmt Waschen, Schneiden und selbst das Getreidemahlen. Exotische Südfrüchte setzen sie dagegen kaum ein. Auch der Verzicht auf Fleisch und Fisch senkt die Essenskosten.
Silvia Popp kocht mit ihrem Team in einer offenen Küche. Dadurch können die Kinder die Arbeit in der Küche beobachten. Wenn sie möchten, können sie auch selbst mithelfen, zum Beispiel beim Brötchenbacken. Der Küchenleiterin ist es besonders wichtig, dass die Kinder das Essen genau kennen lernen. Für jedes Mittagsgericht bereitet sie einen Teller mit den Grundzutaten vor. Den stellt dann ein Heilerziehungspfleger vor und bespricht die einzelnen Bestandteile mit den Kindern. Sie dürfen die Zutaten anschauen und auch anfassen, an ihnen riechen oder sogar essen. Gerade neue Gerichte wirken dann vertrauter. Außerdem steht jede Woche eine andere essbare Pflanze, meist Kräuter, auf dem Esstisch. Während dem Essen sprechen Erzieherinnen und Erzieher dann mit den Kindern über die Pflanzen.
Nicht zuletzt vermittelt das Wissen über die Zutaten auch den Wert des Essens. "Bei uns gibt es nicht alles zu jeder Zeit, sondern je nach Saison unterschiedlich viel und manche Produkte auch mal gar nicht", berichtet Silvia Popp. Wenn wir Himbeeren von unseren eigenen Büschen ernten, bekommt jedes Kind eine oder zwei." Die Kinder lernen so, dass Lebensmittel nur begrenzt vorhanden und dadurch wertvoll sind. Essensreste gibt es kaum, obwohl niemand alles aufessen muss. Damit sich die Eltern ebenfalls von der Qualität des Essens überzeugen können, dürfen sie selbst probieren. Das geht am besten während der Eingewöhnungszeit. Dann begleiten die Eltern ihre Kinder zwei Wochen lang in die Kita und essen im Leckerland mit. So lernen sie gemeinsam die Gerichte kennen.
Das Ernährungskonzept der Montessori Kita ist rundum durchdacht und über die Jahre gewachsen. Doch wo beginnen? Silvia Popp möchte vor allem Mut machen: "Es ist wichtig, einfach mal irgendwo anzufangen." Sie regt an, mit einer Mahlzeit am Tag zu starten. Zum Beispiel erst einmal das Frühstück vollwertig und biologisch zu gestalten. Im Leckerland gibt es dafür unter anderem einen Frischkornbrei mit frisch geschnittenem Obst. "Kraftprotzbrei" nennen ihn die Kinder. "So ein Brei aus Bio-Zutaten wäre ein toller Anfang in einer Kita", empfiehlt die Vollwertköchin.
Umsetzung von Bio-Essen in der Kita und Schulverpflegung
Letzte Aktualisierung 07.03.2023