Dokumentarfilm "Holy Shit!" – Interview mit Regisseur Rubén Abruña

Dokumentarfilm "Holy Shit!" – Interview mit Regisseur Rubén Abruña

Können wir menschliche Fäkalien sinnvoll recyceln und damit die Welt verbessern? Dieser Frage folgt Rubén Abruña in seinem neuen Dokumentarfilm "Holy Shit – Kann Scheiße die Welt retten?". Im Interview mit oekolandbau.de, erklärt der puerto-ricanische Regisseur, wie aus unseren Hinterlassenschaften wertvoller Dünger werden könnte. Gut kompostiert und aufbereitet könnten wir damit dann auch eines Tages unsere Bio-Felder düngen.

Oekolandbau.de: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Film über Fäkalien zu machen?

Rubén Abruña: Vor über zwanzig Jahren hatte ich so etwas wie ein spirituelles Erlebnis, als ich mich in meiner Heimat Puerto Rico zum ersten Mal auf eine Komposttoilette setzte. Nachdem ich mein Geschäft verrichtet hatte, stellte ich fest, dass ich kein Wasser, kein Trinkwasser benötigte, dass es keine üblen Gerüche gab und dass die Ausscheidungen Monate später zum Düngen eines nahen gelegenen Gartens verwendet werden würden. Ich war erstaunt, dass eine solche Toilette nicht zum Standard gehörte.

Oekolandbau.de: In Deutschland landen unsere Fäkalien in der Kläranlage. Der Öko-Landbau setzt ja voll auf Kreislaufwirtschaft, aber der Einsatz von Klärschlamm ist verboten. Zu Recht?

Abruña: Auf jeden Fall, denn der Klärschlamm aus europäischen Kläranlagen enthält eine Mischung aus menschlichen Ausscheidungen und industriellen Abwässern mit giftigen Verbindungen wie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) und Schwermetallen. Wir zeigen im Film, dass der Einsatz von diesem Klärschlamm ein großes Problem ist. Das kann zu Krankheiten und sogar Todesfällen führen.

In der EU darf Klärschlamm jedoch als Dünger verwendet werden. Das müssen wir stoppen. Dagegen ist die Verwendung kompostierter menschlicher Ausscheidungen aus Trockentoiletten illegal. Das ist paradox.

Oekolandbau.de: Wie könnte die Landwirtschaft die menschlichen Fäkalien künftig als Dünger nutzen?

Abruña: Wenn wir menschliche Ausscheidungen als Dünger verwenden wollen, müssen wir sie von Industrieabfällen getrennt halten. Sie sollten niemals vermischt werden. Am besten wäre es, den Urin von den Fäkalien gleich an der Quelle zu trennen und getrennt zu behandeln, ohne sie mit Wasser zu vermischen. Denn Urin ist fast vollständig steril, das heißt keimfrei. Kot ist es nicht.

Oekolandbau.de: Das heißt, statt unsere Hinterlassenschaften wegzuspülen sollten auch wir hier künftig lieber Trocken- oder Komposttoiletten benutzen?

Rubén Abruña: Die Verwendung menschlicher kompostierter Abfälle aus Trockentoiletten ist für jedes Land der Welt sinnvoll. Es spart Wasser, ermöglicht die Rückgewinnung von Stickstoff und Kalium, schützt Gewässer und mildert den Klimawandel. Allerdings sollten wir den Inhalt von Trockentoiletten lokal kompostieren und nicht in einer gigantischen, zentralisierten Art und Weise.

In Deutschland hat ein Unternehmen in Eberswalde die erste deutsche Recyclinganlage für menschliche Exkremente aus Trockentoiletten gebaut. Sie arbeiten mit thermophilen (wärmeliebenden) Bakterien und filtrieren den Urin mit Kohlefiltern, um Schadstoffe, Keime und Arzneimittelreste herauszuholen. So entsteht ein Dünger, der für die Menschen und den Boden unbedenklich ist und unsere Pflanzen mit wichtigen Nährstoffen versorgt.

Oekolandbau.de: Was können wir Verbraucherinnen und Verbraucher tun, damit unser Kot und unser Urin künftig besser verwendet werden können?

Abruña: Wir sollten verlangen, dass die Politik die Nutzung von menschlichem Kompost als Dünger in der Landwirtschaft erlaubt. Und dass überall lokale Sammelstellen für Urin eingerichtet werden. Wir sollten auf unsere Regierungen Druck ausüben, damit Kompost-Toiletten und lokale Kompost-Systeme bei allen Neubauprojekten die erste Wahl werden. Wir sollten Organisationen unterstützen, die auf eine Änderung dieser Gesetze hinarbeiten. Und wo möglich, auch selbst Trockentoiletten anschaffen und nutzen.


Letzte Aktualisierung 13.12.2023

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