Künftig weniger Zucker in Bio-Keksen?

Künftig weniger Zucker in Bio-Keksen?

Mit Zimtsternen, Vanillekipferln oder Mürbeplätzchen versüßen sich Viele die kalte Jahreszeit. Doch klar ist: Auch in Bio-Keksen steckt jede Menge Zucker in Form von Honig, Rüben- oder Rohrzucker. Forschende der Hochschule Bremerhaven haben nun entdeckt, dass sich mit dem Zusatz von Fruchtpulver die Zuckermenge in Süßgebäck verringern lässt.

Bio-Kekse fast gleich süß

Bio-Süßbackwaren sind fast ebenso süß wie konventionelle Kekse, haben Forschende der Hochschule Bremerhaven herausgefunden. Die enthaltenen Zuckermengen weichen nur wenige Gramm voneinander ab. Bei Hafercookies (28 Gramm Zucker bei Bio-Keksen und 30 Gramm bei den konventionellen Keksen) macht der Zuckergehalt fast ein Drittel des Gesamtgewichts aus, bei Mürbegebäck gut ein Viertel (23 Gramm Zucker pro 100 Gramm, bei den konventionellen Keksen rund 27 Gramm). Ein übermäßiger Zuckerkonsum kann zu Karies und Übergewicht führen. Besonders gefährdet sind Kinder. "Sie gewöhnen sich sehr schnell an die Extraportion Zucker; ihre Süßschwelle steigt und sie verlernen, wie gut natürlich süße Produkte schmecken", betont die Verbraucherzentrale in ihrem Marktcheckbericht "Versteckte Süßmacher". Dazu haben die Verbraucherschützer Süßmacher von 276 verarbeiteten Lebensmitteln erhoben. 

Aus gesundheitlicher Sicht ist es deshalb dringend geboten, dass die Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller Süßgebäck und andere gesüßte Lebensmittel mit weniger raffiniertem Zucker herstellen.

Rezepturen mit weniger Zucker

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat deshalb 2018 die "Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten" initiiert. Langfristig ist eine Zuckerreduktion um 30 Prozent geplant. Genau hierbei wollen Forschende der Hochschule Bremerhaven die Bio-Verabeitungsunternehmen mit ihrem vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau geförderten Projekt "ReformBIO: Reformulierungsstrategien für Bio-Lebensmittel" unterstützen. 

Den Zuckergehalt in Süßgebäck zu reduzieren, sei eine große Herausforderung für die Bio-Herstellerinnen und -Hersteller, da sie viel weniger Zusatzstoffe nutzen als konventionelle Anbieter. Schließlich sei es nicht damit getan, einfach weniger Zucker zu verwenden, erklärt Projektleiterin Kirsten Buchecker. "Denn durch den Zuckerzusatz werden die Kekse nicht nur süß, sondern auch knusprig und braun. Wenn man dessen Menge verkleinert, muss die gewünschte Konsistenz auf andere Weise erzielt werden."

15 Prozent weniger Zucker dank Sirup

Beim Süßgebäck haben die Lebensmitteltechnologinnen mit Rüben-, Rohrohrzucker, Reissüße sowie Reis- und Fruchtsirup experimentiert und hierfür die Zuckermenge in Hafercookies und Mürbekeksen schrittweise um jeweils fünf Prozent reduziert. Herausgekommen sind dabei Kekse, die 15 Prozent weniger Zucker enthalten, aber ebenso knusprig sind wie die zuckerreichen Varianten. Noch weiter senken konnten sie den Zuckergehalt, wenn sie Reissüße oder Tapiokastärke dazugegeben haben. Ein alleiniger Austausch funktioniert aber mit den Sirupen nicht. Die mürbe Konsistenz kommt nur in Kombination mit Zucker (Saccharose) zustande und lässt sich durch Zugabe von Lecithin zusätzlich verstärken.

Foodpairing mit Früchten

In ihrer Versuchsküche haben sich die Forschenden von einem Trend der Gastroszene inspirieren lassen: Beim sogenannten Foodpairing kombiniert man Zutaten, die eigentlich nicht zusammenpassen, aber mindestens einen natürlichen Haupt-Aromastoff gemeinsam haben. Das erste Foodpairing überhaupt ist Kaviar mit weißer Schokolade. Bei dieser Kombination bekommt der Kaviar eine leichte Lakritznote. 

Das hat die Lebensmitteltechnologinnen und Lebensmitteltechnologen auf die Idee gebracht, den Geschmack von Süßgebäck mit Fruchtpulver aufzupeppen. Die werden aus reifen, gefriergetrockneten Früchten hergestellt. 

Bis auf so exotische Zutaten wie die südamerikanische Lucuma und Baobab (Affenbrotbaum) haben die getesteten Fruchtpulver durchweg überzeugt: in geschmacklicher Hinsicht, aber auch in puncto Konsistenz und Süßeindruck. Fruchtig-frisch wirkt zum Beispiel Himbeerpulver. Es macht die Bio-Kekse knusprig. In Kombination mit Mangopulver wird die Säure der Himbeeren etwas abgemildert. Dadurch schmecken die Kekse noch harmonischer. Aber auch der Zusatz von Applestroodt, einer Mischung aus Rübenzucker und Apfelsaft, ergibt einen interessanten Geschmack. 

In Sensoriktests gut abgeschnitten

In Sensoriktests kamen die mit Fruchtpulver angereicherten Kekse gut an, besonders die Kekssorte mit dem Dattelpulver. "Vermutlich, weil die nach dem Backen leicht karamellige Note sehr gut mit der Dattel harmoniert", so die Lebensmitteltechnologin Buchecker. Auch der Heidelbeerkeks schnitt sehr gut ab. Von der Konsistenz sind die Fruchtkekse jedoch etwas weicher als zum Beispiel das Keksmuster mit Zimt. Das liegt vermutlich daran, dass in dem Fruchtpulver noch minimale Wassermengen und Pektine stecken. "Viele Konsumentinnen und Konsumenten mochten das und beschrieben das Mundgefühl als "chewy", sagt die Koordinatorin des Projektes "ReformBIO".  

Forschung für die Praxis

Noch werden die zuckerreduzierten Kekse nur in der Versuchsküche gebacken. Aber seit dem Projektstart von ReformBIO tauschen sich die Forschenden eng mit der Praxis aus. "Wir arbeiten zwar in unserem Projekt im Labormaßstab. Aber die Prozesse funktionieren so auch analog in der Industrie und im Bäckerhandwerk", betont Buchecker. An dem Projekt beteiligen sich auch der Bundesverband Naturkost Naturwaren und Bio-Unternehmen. Schon bald sollen die Rezepte im Industriemaßstab getestet werden. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis Bio-Herstellerinnen und -Hersteller und Bio-Bäckereien die in der Versuchsküche entwickelten Produktinnovationen aufgreifen. Dann können wir Bio-Kekse mit noch besserem Gewissen genießen. 

Selbst Backen mit Zuckeralternativen

Anke Kähler, gelernte Bäckerin und Vorstandsvorsitzende des Vereins Die Freien Bäcker, hat für Hobbybäckerinnen und Hobbybäcker einen wichtigen Tipp: "Wer statt mit raffiniertem Zucker mit Fruchtdicksäften oder Sirup backen möchte, sollte gegebenenfalls weniger Wasser oder Milch verwenden als im Backrezept angegeben ist. Rohr- oder Rübenzucker lässt sich nicht eins zu eins durch Fruchtdicksäfte austauschen, da diese mehr Feuchtigkeit enthalten als Zucker. Daher ist es wichtig, auf die Dosierung von Wasser oder Milch zu achten und die Angaben im Backrezept eventuell anzupassen."


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Letzte Aktualisierung 20.11.2023

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