Wird Bio tatsächlich zu teuer?

Wird Bio tatsächlich zu teuer?

Nach dem Boom der vergangenen Jahre zeichnen manche Medien derzeit düstere Prognosen für den Bio-Markt. Ob das stimmt und wie es im Bio-Fachhandel aktuell aussieht, erläutert Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin vom Bundesverband Naturkost Naturwaren, im Interview.

Oekolandbau.de: Gehen die Umsätze im Bio-Markt zurück und wie stark ist der Fachhandel betroffen?

Kathrin Jäckel: Im Bio-Markt gab es – wie im gesamten Lebensmitteleinzelhandel – in den vergangenen Wochen teilweise rückläufige Umsätze und Absatzmengen bei steigenden Kosten. Besonders Energie, Transport und Verpackungen haben sich verteuert. Im traditionellen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) geht der Bio-Umsatz jedoch weniger stark zurück als der Umsatz mit konventionell erzeugter Ware. Der Naturkostfachhandel, der 2020 überdurchschnittlich zulegte, weist im Vergleich aktuell stärkere Rückgänge auf.

Laut dem BioHandel-Umsatzbarometer des Bioverlags sind die Umsätze im Bio-Fachhandel im ersten Quartal 2022 um durchschnittlich 13,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Oekolandbau.de: Gibt es Unterschiede zwischen kleineren inhabergeführten Bio-Läden und großen Bio-Supermärkten?

Jäckel: Der Biohandel arbeitet grundsätzlich mit geringen Margen. Daher leiden alle Ladnerinnen und Ladner aktuell stark unter den äußeren Bedingungen: Die Kosten für Energie, Ladenmieten und Logistik steigen. Die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher sinkt aufgrund der Inflation und veränderter Konsumpräferenzen. Viele Menschen geben jetzt wieder mehr Geld für Reisen und Außer-Haus-Essen aus.

Für die kleinen Bio-Läden ist es jedoch deutlich schwieriger, die steigenden Kosten und die gleichzeitig sinkende Kaufkraft der Kundinnen und Kunden zu kompensieren.

Oekolandbau.de: Werden Bio-Lebensmittel von den Anbauverbänden durch die Inflation und die sinkenden Haushaltseinnahmen zu teuer?

Jäckel: Unter dem Eindruck von Inflation und Ukraine-Krieg sowie steigender Kosten bei Energie, Mobilität und Alltagsversorgung achten Verbraucherinnen und Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf derzeit generell verstärkt auf den Preis. Dabei haben es Markenprodukte im gesamten Lebensmittelsegment schwerer. Das macht sich aktuell überall im Lebensmitteleinzelhandel bemerkbar. Die Kunden kaufen weiterhin Bio, greifen aber verstärkt zu den günstigeren Eigenmarken der Händler.

Oekolandbau.de: Sind Bio-Produkte denn überhaupt so viel teurer geworden?

Jäckel: Im Gegenteil. Die Preisdifferenzen zwischen konventionellen und Bio-Lebensmitteln haben sich in den letzten Wochen deutlich verringert. Bei Milch und Butter sind konventionelle Produkte teilweise sogar schon teurer als Bio-Lebensmittel. Zum einen haben die konventionellen Anbieter ihre Preise bereits während der Pandemie und noch einmal kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs teils ordentlich angehoben. Zum anderen verteuern sich konventionelle Lebensmittel stark, da die Kosten für chemisch-synthetische Pestizide und künstliche Dünger drastisch gestiegen sind. Da diese bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln nicht zum Einsatz kommen, ist Bio zumindest von diesen Preissteigerungen unabhängig. Für Verbraucherinnen und Verbraucher lohnt sich der Preisvergleich.

Oekolandbau.de: Was können wir Verbraucherinnen und Verbraucher machen, um die Pioniere des Bio-Handels zu unterstützen?

Jäckel: Die Antwort ist ganz simpel: Bio im Bioladen kaufen! Denn mit den kleinen Bio-Läden verhält es sich genauso wie mit dem kleinen Buchladen um die Ecke. Wer sie erhalten möchte, sollte dort einkaufen gehen. Man kann sich auch die Frage stellen, welchem Unternehmen man sein Geld lieber geben mag: dem Discounter, der sich mit einem kleinen Anteil an Bio-Produkten im Sortiment zum großen grünen Klimaretter aufschwingt? Oder dem Bio-Laden, der sich mit seinem 100-Prozent-Bio-Sortiment glaubwürdig für eine nachhaltige Land- und Lebensmittelwirtschaft und den Schutz von Umwelt und Klima stark macht?

Oekolandbau.de: Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher im Fachhandel Geld sparen?

Jäckel: Grundsätzlich saisonal und regional einkaufen. Zudem sparen Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn sie nur so viel kaufen, wie sie gerade wirklich brauchen. So lässt sich auch Lebensmittelverschwendung vermeiden. Also lieber mal öfter in der Woche in den Bio-Laden gehen und dann gezielt das kaufen, was auch verbraucht werden kann. Bei großen Wochenendeinkäufen besteht immer die Gefahr, dass man zu viel kauft. Darüber hinaus bieten einige Bio-Läden Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum weit vorangeschritten ist, vergünstigt an.


Mehr zum Thema auf Oekolandbau.de:

Letzte Aktualisierung 25.07.2022

Nach oben
Nach oben