Bio in der Kita- und Schulverpflegung richtig ausschreiben

Bio in der Kita- und Schulverpflegung richtig ausschreiben

Wie bringen Kommunen über Vergabeverfahren mehr bio-regionale Produkte auf die Teller der Kitas und Schulen? Ein für die Stadt Kassel entwickeltes Konzept liefert auch für andere Kommunen nützliche Tipps und praxisnahe Informationen.

Im Rahmen des Projekts "Bio-regionale Mittagsverpflegung an Kitas und Schulen der Stadt Kassel" hat ein Forschungsteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) gemeinsam mit der Stadt Kassel ein Konzept und konkrete Empfehlungen für eine bio-regionale Kita- und Schulverpflegung entwickelt. Wesentliche Teile dieser Studie sind auch für Vergabestellen in anderen Kommunen interessant:

  • Welche Qualitätskriterien sollten in Vergabeverfahren bedacht und definiert werden?
  • Wie lässt sich überprüfen, ob diese Kriterien dann in der Praxis auch umgesetzt werden?

Mit seinen umfangreichen, digital verfügbaren Anlagen, bietet der Bericht viele konkrete Handlungsempfehlungen und Tipps, so beispielsweise konkrete Formulierungsvorschläge für die Leistungsbeschreibung und Prüfunterlagen.

"Vor allem die von uns entwickelten Qualitätskriterien und das Prüfkonzept sind auf andere Kommunen übertragbar", so die Projektkoordinatorin Martina Keller von der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Qualitätskriterien für Vergabeverfahren

Im Rahmen des Projekts wurden einschlägige Qualitätskriterien erarbeitet, die eine inhaltliche Grundlage für die Leistungsbeschreibungen in Vergabeverfahren zur Schul- und Kita-Verpflegung bieten. Für Personen, die in der kommunalen Beschaffung arbeiten, dürfte dabei hilfreich sein, dass bei jedem Kriterium begründet wird, warum es für eine klimagesunde Mittagsverpflegung wichtig ist und wie es genau ausgestaltet werden sollte. So wird beispielsweise über alle Warengruppen ein monetär gemessener Bio-Mindestanteil von 25 Prozent gefordert. Bei Fleisch, Milchprodukten und Eiern wird sogar eine Bio-Quote von 100 Prozent empfohlen. Natürlich können andere Kommunen diese Qualitätskriterien nach ihrer spezifischen Situation auch anders anpassen.

QualitätskriterienBeispiele für die Ausgestaltung
Einhaltung der DGE-Qualitätsstandards für die Kita- beziehungsweise SchulverpflegungDanach darf maximal einmal pro Woche Fleisch in der Mittagsverpflegung angeboten werden. Erhebungen haben ergeben, dass Fleisch und tierische Produkte aus Nordhessen grundsätzlich verfügbar sind und sich weitere bio-regionale Wertschöpfungsketten aufbauen lassen, wenn eine Nachfrage langfristig gesichert ist.
SaisonalitätProdukte aus dem nordhessischen Saisonkalender müssen im jeweiligen Angebotsmonat an mindestens 12 von 20 Verpflegungstagen berücksichtigt werden.
RegionalitätDie Regionalität einzelner Lebensmittel beziehungsweise Warengruppen (wie Fleisch- und Wurstwaren, Eier, Milch und bestimmte Milchprodukte) wird über einen definierten Umkreis um den jeweiligen Cateringbetrieb definiert (zum Beispiel 150 Kilometer). So wird ein fairer Wettbewerb ermöglicht und kein Bieter ausgeschlossen.
Bio-QualitätLebensmittel aus bestimmte Warengruppen (Fleisch und Wurstwaren, Milch und Milchprodukte, Eier) müssen zu 100 Prozent in Bio-Qualität bezogen werden. Zudem wird ein Bio-Mindestanteil von 25 Prozent über alle Produktgruppen gefordert, der jährlich steigen soll. Die Berechnung erfolgt nach dem monetären Wareneinsatz. Wenn einzelne Produktegruppen zu 100 Prozent in Bio-Qualität eingesetzt werden, erleichtert das den Kontrollaufwand. 
Lebensmittel aus fairem HandelBeispielsweise sollten Bananen, Kakao und Rohrzucker den Kriterien des fairen Handels entsprechen.
Ausschluss von LebensmittelnEinige Lebensmittel und Lebensmittelzusätze dürfen gar nicht in der Mittagsverpflegung eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Formfleisch, Formfisch, Geschmacksverstärker, künstliche Aromastoffe und andere.
Fisch- und Meeresfrüchte aus bestandsschonender Fischerei beziehungsweise nachhaltigen AquakulturenDer Nachweis muss über entsprechende Siegel erfolgen. Im zugehörigen Textbaustein werden die Gütezeichen "Marine Stewardship Councils" (MSC), "quaculture Stewardship Councils" (ASC) sowie Bio-Zertifizierungen wie das Naturland-Siegel "Wildfisch" und vergleichbare Gütesiegel genannt.
Convenience-GradLaut DGE-Qualitätsstandards sollen bevorzugt unverarbeitete oder gering verarbeitete Lebensmittel einsetzt werden. Stark verarbeitete Produkte sollen immer mit gering verarbeiteten Lebensmitteln kombiniert werden.
Reduktion von LebensmittelabfällenDas Qualitätskriterium sieht vor, dass die Lebensmittelabfälle dokumentiert werden, um in einem zweiten Schritt Strategien für die Vermeidung umzusetzen.
Reduktion von VerpackungsabfällenHier wird unter anderem gefordert, umweltfreundliche Verpackungen zu bevorzugen, Speisen in Mehrweggeschirr auszugeben und auf Aluminium-Menüschalen zu verzichten.
Warmhaltezeiten / TemperaturenDie Warmhaltedauer ist auf maximal drei Stunden zu begrenzen. Die Temperaturen von kalten Speisen dürfen maximal sieben Grad Celsius betragen und die Temperaturen von warmen Speisen dürfen 60 Grad Celsius nie unterschreiten.

Qualitätssicherung und Prüfkonzept

Wenn eine Kommune die für sie passenden Qualitätskriterien definiert hat, kommt es natürlich entscheidend darauf an, ob und wie diese in der Praxis umgesetzt werden. "Dafür braucht es ein Prüfkonzept", versichert die Wissenschaftlerin Martina Keller. Und betont gleich im Anschluss: "Natürlich haben wir bei der Ausgestaltung darauf geachtet und in ersten Tests angeschaut, dass sich das Prüfkonzept auch gut in der Praxis umsetzen lässt". Unter anderem wurde das Konzept in Zusammenarbeit mit der Zertifizierungsstelle GfRS aus Göttingen und vier Cateringbetrieben aus der Stadt Kassel validiert.

Eine wichtige Grundlage für das Prüfkonzept war ein bereits 2019 von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin im Rahmen eines IN FORM-Projekts entwickeltes Prüfverfahren für Bio-Lebensmittel in der AHV. Das jetzt weiterentwickelte Prüfkonzept umfasst mehrere Dokumente, darunter ein Flussdiagramm zum Prüfverfahren, zwei getrennte Prüfungsberichte und zwei Dokumentationshilfen, die Verfahrensanweisung sowie das Kompetenzprofil für Prüfpersonen. Auch eine Hilfestellung für Cateringbetriebe ist Teil des Prüfkonzepts.


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Gutes Essen – kurze Wege
Regionale Lieferketten für die Außer-Haus-Verpflegung

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Wichtig war den Autorinnen und Autoren, dass beim Verantwortungsbereich klar zwischen einer internen und einer externen Stelle unterschieden wird. "Es wäre wünschenswert, dass es in der kommunalen Verwaltung eine Person gibt, die für das Monitoring des Prüfkonzepts zuständig ist", so Ilka Landgrebe von der JLU Gießen, die für die Validierung des Prüfkonzepts eng mit der GfRS zusammengearbeitet hat. Eine solche Person sollte in einem konstruktiven Sinne die Prozesse zur Qualitätssicherung begleiten, aber gegebenenfalls auch Sanktionen ankündigen und im kritischen Fall umsetzen. Auch dafür nennt der Bericht konkrete Vorschläge.

Textbausteine für die Leistungsbeschreibung

Im Anhang des Berichts befindet sich eine umfangreiche Tabelle mit Vorschlägen für Textbausteine für die Leistungsbeschreibung. Hier ein Beispiel zum Kriterium "Regionalität", das sich an dem Konzept des regionalen Sourcings orientiert.

Textbaustein zur "Regionalität"

Die folgenden verwendeten tierischen Produkte müssen aus einem Umkreis von maximal 150 Kilometer rund um den Cateringbetrieb (den Bieter / die Bieterin) stammen. Zu diesen Produkten zählen:

  • Sämtliche Fleisch- und Wurstwaren
  • Milch und Milchprodukte (mit Ausnahme von Käse, Joghurt und Quark)
  • Eier, darunter auch Vollei/Flüssigei

Es folgen dann Definitionen und weitere Spezifikationen.

Nützliches Hilfsmittel für Vergabestellen

Insgesamt bietet der für die Stadt Kassel erarbeitete Bericht viele nützliche, gut strukturierte und aufbereitete Informationen und Handlungsempfehlungen, die auch für andere Kommunen interessant sein dürften. Was ist die wichtigste Botschaft, die Projektleiter Prof. Dr. Christian Herzig anderen Verwaltungen mitgeben möchte? "Zentral für den Erfolg ist eine übergreifende Kommunikation mit allen Beteiligten. Damit eine bio-regionale Mittagsverpflegung gelingen kann, müssen die Verfahren ämterübergreifend geplant und umgesetzt werden. Und dafür braucht es letztlich auch das entsprechende Personal, das sich um diese Aufgaben kümmert."

Autor: Andreas Greiner


Letzte Aktualisierung 22.05.2025

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