Waldgärten – Eine einkommenswirksame Alternative für Landwirtschaft und Gartenbau?

Waldgarten – Eine einkommenswirksame Alternative für Landwirtschaft und Gartenbau?

In Deutschland gibt es bisher nur wenige Waldgärten. Doch für manche Bio-Betriebe kann das Konzept eine nachhaltige Ergänzung oder sogar Alternative darstellen. Durch regionale Direktvermarktung frischer oder verarbeiteter Waldgarten-Produkte lassen sich stabile Einnahmen erzielen.

Das Interesse an regenerativen Anbaumethoden, die Ökologie und Wirtschaftlichkeit verbinden, wächst. Waldgärten, auch bekannt als "Food Forests", bieten in dieser Hinsicht einen zukunftsweisenden Ansatz: Sie kombinieren essbare Gehölze, Kräuter, Stauden und Pilze in einem vielschichtigen und nachhaltigen Anbausystem. Auf Basis der Permakultur entstehen dabei produktive Ökosysteme, die auf Selbstregulation, Vielfalt und geschlossene Kreisläufe setzen.

Das "Prinzip Waldgarten"

Waldgärten sind mehrschichtige Anbausysteme, die sich an der Struktur natürlicher Wälder orientieren. Dabei werden verschiedene Pflanzenebenen kombiniert – von hohen Bäumen über Sträucher bis hin zu Kräutern und Bodendeckern. Auch Kletterpflanzen und Pilze können integriert werden. Das Ziel ist ein stabiles, resilientes System, das das Licht und den Raum optimal nutzt und auf natürliche Weise Nährstoffe zirkulieren lässt, Wasser speichert und den Boden schützt.

Im Zentrum eines Waldgartens stehen essbare Pflanzen, das heißt Obst- und Nussbäume, Beerensträucher, Kräuter, Wurzelgemüse und Speisepilze. Diese können entweder frisch vermarktet oder zu hochwertigen Produkten weiterverarbeitet werden.

In begrenztem Maße werden auch nicht essbare Pflanzen eingebracht – etwa solche, die Stickstoff binden, Insekten fördern oder Mulchmaterial liefern. Sie erfüllen eine unterstützende Funktion im Ökosystem Waldgarten, stehen aber nicht im Vordergrund der Nutzung.

Waldgärten – eine spezielle Form des Agroforsts

Während Agroforst im weiteren Sinne die Integration von Gehölzen in landwirtschaftliche Nutzung meint – etwa durch Baumreihen auf Äckern oder Weiden –, verfolgt der Waldgarten ein dichteres, produktionsintensives und stärker auf Selbstregulation ausgerichtetes System. In der Praxis werden die verschiedenen Systeme meist miteinander kombiniert.

Typische Vegetationsschichten eines Waldgartens

In einem Waldgarten werden hauptsächlich drei Schichten unterschieden: die Baumschicht, die Strauchschicht und die Krautschicht. Einige Quellen erwähnen auch noch die Wurzel-, die Bodendecker- und die Kletterpflanzenschicht.

In der oberen Baumschicht finden sich großwüchsige Obst- und Nussbäume wie Walnuss, Esskastanie oder Kirsche. Diese liefern nicht nur wertvolle Produkte, sondern spenden auch Schatten und schaffen ein stabiles Mikroklima.

Darunter in der niederen Baumschicht können kleinere Obstbäume wie Apfel oder Birne wachsen. Diese werden ergänzt durch größere und kleinere Sträucher wie Hasel, Aronia, Holunder oder Heidelbeere, die die Strauchschicht bilden.

In der Kraut- und Bodendeckerschicht sind Gemüsepflanzen, und Kräuter zu finden. Meist werden mehrjährige Arten verwendet.

Auch die Wurzelschicht lässt sich produktiv nutzen, etwa mit Wurzelgemüse wie Topinambur oder Meerrettich. Hinzu kommen Pilze wie Shiitake, die auf Holzstämmen kultiviert werden können und ein interessantes Zusatzprodukt darstellen.

In einigen Waldgärten sind rankende Pflanzen wie Weinreben, Hopfen oder Kiwi zu finden. Sie bilden die "vertikale Schicht".

Waldgärten hierzulande meist Waldrandgärten

Waldgärten haben ihren Ursprung in tropischen Ländern, wo die ganzjährig hohe Lichteinstrahlung sehr dichte Anbausysteme ermöglicht. Das ist in den gemäßigten Breiten nicht möglich.

"Hierzulande müssen Waldgärten daher etwas weitläufiger angelegt werden, damit auch die unteren Vegetationsschichten noch ausreichend Licht erreicht", sagt der Permakultur- und Waldgartenexperte Jonas Gampe. Er empfiehlt, Waldgärten nach dem Prinzip von Waldrandzonen anzulegen und nach Süden auszurichten. Durch die gestufte Anordnung von hohen und niederen Bäumen, Sträuchern sowie krautigen Pflanzen entsteht in einem solchen "Waldrandgarten" ein artenreicher, geschützter und zugleich ertragreicher Lebensraum.

Wo liegen die Vorteile von Waldgärten?

Ein Waldgarten bringt verschiedene Vorteile mit sich. Die Kombination aus Bäumen, Sträuchern, Kräutern und bodendeckenden Pflanzen schafft vielfältige Lebensräume für Insekten, Vögel und Nützlinge und trägt somit zur Förderung der Biodiversität bei. Gleichzeitig schützt die dauerhafte Bodenbedeckung vor Erosion, verbessert die Wasserspeicherung und fördert den Humusaufbau. Das entstehende Mikroklima durch Beschattung und Windschutz trägt außerdem zur Resilienz des Systems bei.

Ökonomisch gesehen bietet der Waldgarten eine Möglichkeit zur Diversifizierung: Durch die gestaffelte Ernte verschiedener Kulturen entstehen ganzjährig Vermarktungspotenziale. Durch die mehrschichtige Anordnung ermöglicht ein Waldgarten außerdem eine effiziente Nutzung von Licht, Wasser und Nährstoffen, was bei guter Planung zu einer hohen Gesamtproduktivität pro Fläche führen kann. Gleichzeitig verringert sich das Risiko von Ernteausfällen durch klimatische Extreme oder Marktschwankungen.

Wie lässt sich mit einem Waldgarten Geld verdienen?

Ein Erwerbswaldgarten kann über verschiedene Wege Einkommen generieren. Der Verkauf frischer Produkte wie Beeren, Kräuter, Pilze oder Obst funktioniert besonders gut in Kombination mit Hofläden, Marktständen oder Abo-Kisten. Selbst hergestellte Teemischungen, Sirupe, Wildobstkonfitüren, Kräuteröle oder fermentierte Produkte bieten darüber hinaus eine hohe Wertschöpfung und ergänzen das Angebot. Einige Betriebe generieren mit ihrem Waldgarten zusätzliches Einkommen durch Führungen oder Seminare.

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren

Wie jedes landwirtschaftliche System bringt auch der Erwerbswaldgarten spezifische Herausforderungen mit sich. Besonders in der Anfangsphase ist ein hohes Maß an Planung, Engagement und Fachwissen erforderlich.

Eine der größten Herausforderungen besteht in der langen Anlaufzeit. Bis ein Waldgarten in vollem Umfang Erträge liefert, vergehen mehrere Jahre. Gerade in den ersten Jahren ist die Etablierung arbeitsintensiv: Junge Pflanzen müssen gepflegt, Konkurrenzvegetation reguliert und die Bodenstruktur beobachtet werden.

Außerdem sind die Anfangsinvestition für das Pflanzmaterial nicht zu unterschätzen. Dafür muss der Betrieb erstmal in Vorleistung gehen, denn ein Rücklauf durch Ertrag ist – insbesondere bei den größeren Bäumen – erst nach Jahren zu erwarten.

Darüber hinaus erfordert ein solches System Kenntnisse in Pflanzenökologie, Bodenkunde und gestufter Mischkultur. Da es bislang kaum standardisierte Vorlagen für Erwerbswaldgärten gibt, muss jeder Betrieb ein auf den Standort und die betrieblichen Ziele abgestimmtes Konzept entwickeln. Auch die Vermarktung braucht Kreativität und Know-how.

Fortbildung und Beratung

Für den erfolgreichen Aufbau und Betrieb eines Erwerbswaldgartens kann daher die Teilnahme an spezifischen Fortbildungen sinnvoll sein. Es gibt inzwischen Seminare, Praxiskurse und Online-Schulungen dazu. Auch der Austausch mit erfahrenen Betrieben – etwa im Rahmen von Netzwerken oder Feldtagen – kann wertvolle Einblicke geben.

Eine erste Anlaufstelle für Informationen rund um das Thema Waldgärten ist das Web-Portal waldgarten.gobal , das von Reinhard Engelhart, einem Waldgarten-Pionier aus Traisental in Österreich gegründet wurde.

Eine Übersicht über das Beratungsangebot in Sachen Waldgarten sowie Agroforst in Deutschland findet sich beim Agroforst-Beratungsnetzwerk.

"Einfach anfangen!" – Wie Waldgärten wirtschaftlich gelingen können

Was braucht es, um einen Waldgarten wirtschaftlich tragfähig zu machen? Permakultur-Experte Jonas Gampe erklärt im Interview, worauf Betriebe bei Planung, Förderung und Umsetzung achten sollten – und warum es sich lohnt, anzufangen.

Autor: Jörg Planer


Letzte Aktualisierung 27.06.2025

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