Oekolandbau.de: Herr Gampe, worauf sollten Betriebe achten, um mit einem Waldgarten wirtschaftlich erfolgreich zu sein?
Jonas Gampe: Grundsätzlich sollte bei einem Waldgarten, wie bei jeder soliden Permakultur-Planung, möglichst der gesamte Betrieb betrachtet und berücksichtigt werden und dann passend für den jeweiligen Kontext geplant werden. Also passend zum jeweiligen Boden, Wetter, Standort, passend zu den Bewirtschaftern, passend zur Region und zu den potenziellen Kunden und auch betriebswirtschaftlich passend. Denn schließlich stehen ja unzählige Möglichkeiten zur Verfügung, aus denen gewählt werden kann: tausende Pflanzenarten als mögliche Kulturen, verschiedenste Vermarktungsstrukturen, allerlei Produktpaletten und so weiter.
Am Ende kommt dabei dann in den meisten Fällen eine Mischung aus verschiedenen Agroforst-Systemen oder Waldgarten-Flächen mit Gemüse-, Kräuter- sowie Speisepilz-Bereichen heraus. Oft auch mit regionalem Kooperations-Netzwerk zur Weiterverarbeitung und regionaler Direktvermarktung. Entsprechend muss man je nach Betrieb und Region auf sehr unterschiedliche Dinge achten, um Erfolg zu haben.
Oekolandbau.de: Wie viel Fläche und welche Pflanzen braucht ein wirtschaftlich tragfähiger Waldgarten?
Jonas Gampe: Waldgärten können sehr extensiv oder auch sehr intensiv betrieben werden. Das variiert vor allem darin, wie die Bodenebene genutzt wird. Sie kann als einfache Wiesen- und Krautschicht belassen bleiben oder auch als flächendeckendes Intensiv-Gemüsebeet bewirtschaftet werden. Bei extensiver Nutzung nur mit Gehölzen als Kulturen, wird man rund einen Hektar Fläche benötigen, um eine Vollzeitstelle damit finanziert zu bekommen. Bei intensiver Bewirtschaftung können auch schon 2.000 Quadratmeter für eine Vollzeitstelle genügen. Wobei das auch hier sehr von den unterschiedlichen Details der Vermarktung und Betriebsführung abhängt.
Oekolandbau.de: Welche Voraussetzung sollten Betriebe mitbringen?
Jonas Gampe: Es genügt, Lust auf das Thema zu haben und mit Nachdruck einen gut funktionierenden Waldgarten anlegen zu wollen. Das passende Konzept für die Fläche und den Betrieb kann man entweder selbst entwickeln oder von Fachleuten entwickeln lassen. Je mehr man sich zu Beginn schon selbst mit essbaren Gehölzen auskennt und gärtnerische Fachpraxis beherrscht, desto leichter fällt einem das natürlich. Aber auch Laien können mit entsprechender Unterstützung gut starten.
Oekolandbau.de: Wie sieht es mit Fördermöglichkeiten aus?
Jonas Gampe: Leider sind mögliche Förderungen extrem unübersichtlich, da es zu jeder Zeit und in jeder Region andere Förderungen gibt. Es gibt potenzielle Förderungen auf Gemeinde-, Landkreis-, Länder-, Bundes- und EU-Ebene und oft auch zeitlich beschränkt. Zudem gibt es verschiedenste Stiftungen und private Initiativen, die bestimmte Dinge unterstützen. Entsprechend muss man sich jeweils selbst schlau machen, welche Fördermöglichkeiten aktuell für die jeweilige Region angeboten werden und in Frage kommen.
Grundsätzlich ist es aber sehr gut zu wissen, dass die Anlage von Waldgärten komplett als Naturschutzmaßnahme gewertet werden kann, sofern sie auf Ackerflächen stattfindet. Meist geht das auch auf Grünland, wenn es nicht bereits sehr artenreich und schützenswert ist. Landwirtschaft und Naturschutz zu vereinen ist also ein sehr starkes Argument, das deutlich mehr Förderungen ermöglicht als reine Landwirtschaft. In manchen Regionen und für manche Zeiträume geht das bis hin zu einer 100 Prozent-Förderung, bei der die gesamte Anlage gefördert wird. Erste mögliche Ansprechpartner bezüglich Förderungen sind die zuständige Gemeinde und das örtliche Landratsamt, sowie das Amt für Ländliche Entwicklung und die Naturschutzbehörden.
Oekolandbau.de: Gibt es Einschränkungen, welche Flächen zu Waldgärten umgewandelt werden dürfen?
Jonas Gampe: Am einfachsten ist die rechtliche Lage auf Ackerflächen. Hier darf alles gepflanzt werden, was der landwirtschaftlichen Nutzung dient – entsprechend auch alle Waldgärten. Auf Grünland ist auch das meiste möglich. Allerdings darf hier nicht zu dicht gepflanzt werden. Der Boden muss noch als Wiese funktionieren. Dicht gepflanzte Streuobstwiesen mit Nussbäumen, Wildobsthecken und Beerensträuchern als Gruppen, sind auf Grünland aber überall gut möglich. Auf Forstflächen wird es schwieriger. Da müsste individuell geschaut werden, ob es Einschränkungen bezüglich der Gehölzarten gibt. Nuss-Wälder sind auf vielen Forstflächen aber möglich.
Eigentumsflächen sind immer praktischer als Pachtflächen. Aber auch auf Pachtflächen sind Waldgärten sinnvoll, wenn man eine möglichst lange Pachtdauer vereinbart und im Pachtvertrag festlegt, was mit dem langfristig entstandenen Wertholz geschieht. Im Idealfall finden die Verpächter Waldgärten sinnvoller als Monokultur-Landwirtschaft und bevorzugen diese Flächennutzung entsprechend.
Oekolandbau.de: Wie wichtig ist eine fachliche Beratung? Oder geht auch Learning by doing?
Jonas Gampe: Learning by doing geht immer. Allerdings braucht das meist auch etwas mehr Zeit, als wenn man sich direkt von Fachleuten ein passendes Konzept planen und gegebenenfalls auch anlegen lässt. Das sollte jeder Betrieb selbst durchkalkulieren, ob kleinere eigene Versuchsflächen zu Beginn mehr Sinn machen oder der Zukauf von fachgerechter Planung. Die Planung an sich ist meist auch gar kein großer Kostenpunkt und lohnt sich fast immer. Die Umsetzung ist da schon deutlich gewichtiger und kann in großen Teilen auch selbst übernommen werden. Das hängt aber wiederrum von vielen individuellen betrieblichen Faktoren ab.
Oekolandbau.de: Gibt es typische Anfangsfehler, die vermieden werden können?
Jonas Gampe: Eigentlich gibt es nur einen gravierenden Fehler: Nicht anzufangen. Ich habe noch nie gehört, dass jemand die Anlage eines Waldgartens oder eines Agroforstsystems bereut hat. Aber schon oft den Satz gehört: "Hätten wir nur damals schon angefangen mehr Bäume zu pflanzen."
Für alles, was man für die Anlage selbst noch nicht weiß, gibt es Filme, Online-Vorträge, Infos, Bücher, Ansprechpartner und auch professionelle Unterstützung.
Das Interview mit Jonas Gampe führte Jörg Planer