Weiteres zentrales Betriebsmittel des Systems ist Komposttee, der aus einer geringen Menge Kompostmaterial hergestellt wird und dessen Mikroorganismen in warmer Melasse sowie Wasser stark vermehrt werden. Komposttee wird nach Bedarf mit (Mikro-) Nährstoffen angereichert und stark verdünnt mit niedriger Dosierung auf Boden oder Blätter ausgebracht.
Laut Näser führt man dem Boden dadurch zusätzliche Mikroorganismen zu und erzielt so besonders deutliche Effekte bei der Förderung des Bodenlebens.
Nährstoffe im optimalen Gleichgewicht
Die Düngung zielt beim Regenerativen Ackerbau darauf ab, Gleichgewichte beziehungsweise optimale Verhältnisse zwischen den Nährstoffen herzustellen – etwa zwischen Kalzium, Magnesium und Kalium. Die sogenannten Mikronährstoffe wie Bor oder Zink sind laut Näser genauso wichtig für ein ausgewogenes Bodenleben wie die Hauptnährstoffe. Um die Verhältnisse im Blick zu behalten, sind regelmäßige Bodenproben unerlässlich, die diese Elemente erfassen (zum Beispiel nach Albrecht/Kinsey).
Die Bedarfsdüngung orientiert sich dagegen an Pflanzenanalysen. Über den Zuckergehalt des Blattsaftes lässt sich die Photosynthese-Aktivität der Pflanzen messen. Liegt diese zu niedrig, erfolgen auf mehreren Probeflächen Blattspritzungen mit verschiedenen Mischungen (meist Komposttee mit ausgewählten Nährstoffen). Die Pflanzen reagieren innerhalb weniger Stunden mit gesteigerter Photosynthese. Das Präparat mit der besten Wirkung wird durch einen weiteren Blattsafttest bestimmt und anschließend zur Vitalisierung auf der ganzen Fläche angewandt.
Nach Näsers Erfahrung lässt sich der Düngeraufwand durch das System nachweislich verringern. Grundsätzlich seien die benötigten Nährstoffe im Boden vorhanden und würden durch das angeregte Bodenleben immer besser und schneller pflanzenverfügbar gemacht. Auch in Bezug auf Beikräuter würden sich deutliche Vorteile ergeben. Denn das starke Bodenleben unterdrücke die Keimung von Beikräutern, genauso wie der angestrebte durchgehende Pflanzenaufwuchs auf dem Acker.
Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz möglich
Laut Näser können konventionelle Betriebe, die das System anwenden, nach einer etwa vierjährigen Übergangszeit komplett auf chemischen Pflanzenschutz verzichten. Das gilt auch für die Bekämpfung von Krankheiten und Schaderregern. Denn durch den verbesserten Humusgehalt, die optimalen Bodenverhältnisse und die Präparate zur Vitalisierung würden die Pflanzen so vital, dass kein zusätzlicher Pflanzenschutz mehr erforderlich sei.
Ein ausgewogenes Bodenleben ist laut Näser bei einem Humusanteil von etwa fünf Prozent erreicht, von dem etwa die Hälfte sogenannter aktiver Humus sein sollte. Bei richtiger Umsetzung der Maßnahmen könne man mit jeder Vegetationsperiode sichtbare Fortschritte erzielen, unter anderem einen nachweisbaren Anstieg des Humusgehaltes.
Fazit
Regenerativer Ackerbau ist neben anderen Teilbereichen der Regenerativen Landwirtschaft wie beispielsweise Agroforst und ganzheitlich geplanten Weidemanagement ein Baustein einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Er bündelt überwiegend bekannte Maßnahmen zum Humusaufbau beziehungsweise zur Verbesserung des Bodenlebens und wendet diese sehr konsequent an.
Verschiedene konventionelle und ökologische Betriebe haben damit bisher weitgehend positive Erfahrungen gemacht. Dabei ist die Umsetzung einzelner Maßnahmen, etwa Untersaaten bei verschiedenen Hauptkulturen, anspruchsvoll und erfordert viel Erfahrung. Die vorgesehene Übergangszeit von vier Jahren erscheint deshalb etwas optimistisch.
Da das System erst seit knapp fünf Jahren praktiziert wird, gibt es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen für mitteleuropäische Bedingungen, die die positiven Effekte bestätigen. Die Firma CarboCert hat aber bereits mit der professionellen Dokumentation und Zertifizierung des Humusaufbaus begonnen. Interessierte im Bereich Ackerbau können sich auf Bodenkursen und Workshops des Entwicklerteams einen eigenen Eindruck von den Grundlagen dieses Pflanzenbausystems verschaffen.
Text: Jürgen Beckhoff