Marcus Wewer leitet seit über fünf Jahren die Qualitätssicherung der Bio-Eigenmarken von REWE und PENNY. Er ist seit über 30 Jahren in der Bio-Branche tätig und seit eineinhalb Jahren im Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) und vertritt dort den Lebensmittelhandel.
Oekolandbau.de: Worin bestehen momentan die größten Herausforderungen für Handelsunternehmen, das Ziel 30 Prozent Öko-Landbau bis 2030 umzusetzen?
Marcus Wewer: Grundsätzlich ist dem klassischem Lebensmitteleinzelhandel die Bedeutung und damit die Verantwortung zur Erreichung von 30 Prozent Öko-Landbau sehr bewusst. Fast Zweidrittel des Umsatzes mit Bio-Produkten werden im Lebensmitteleinzelhandel getätigt. Wenn also der Anteil des Öko-Landbaus in der Fläche steigt, müssen diese Rohwaren als Lebensmittel den Weg in die Regale und zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern finden. Das ist die Aufgabe des Handels.
Aktuell stagniert seit Jahren erstmalig der Anteil von Bio-Produkten am Gesamtabsatz von Lebensmitteln. Ansonsten sind wir es gewohnt, dass Bio-Produkte einen wachsenden Markt bilden. Dennoch bleiben die Kundinnen und Kunden Bio treu, sie wechseln aber zum Teil von Marke zu Eigenmarke und die Einkaufsquelle, vom Fachhandel Richtung Discount. Bei REWE und PENNY ist der Umsatz an Bio-Produkten stabil, allerdings auch mit zum Teil gestiegenen Preisen.
Die Diskussion um Klima und Schutz von Boden, Wasser und Luft, aber auch über Tierwohl sind die bestimmenden gesellschaftlichen Themen. Hier hat Bio die tragfähigen Antworten für die Zukunft. REWE und PENNY sind überzeugt, dass wir auch weiterhin mehr Menschen überzeugen werden, für eine nachhaltigere und zukunftsfähige ökologische Landwirtschaft Bio-Produkte zu kaufen.
Oekolandbau.de: Welche Maßnahmen wären seitens der Politik wünschenswert, um dieses Ziel zu erreichen?
Marcus Wewer: Das Ziel ist 30 Prozent Bio auf dem Acker und im Regal. Für die landwirtschaftliche Seite gibt es Förderkulissen, die auszubauen sind. Die Umstellungsberatung muss sicher ausgeweitet werden, ebenso wie die Anbauberatung für bestehende Bio-Betriebe. Die Mittel für Forschung in der Öko-Züchtung, in tierwohlgerechte Stallsystem, in Humusaufbau oder die Symbiose von Leguminosen und Knöllchenbakterien zur besseren Stickstoffbindung sind deutlich zu erhöhen.
Für den Handel ist eine Informationskampagne der Bundesregierung über die Vorzüge des ökologischen Landbaus wichtig. Seit Einführung des Bio-Siegels vor 20 Jahren durch Renate Künast hat es keine Aufklärung mehr für Bio gegeben. Warum ist Bio gut fürs Klima, was tut Bio für den Boden- und Gewässerschutz, ist Bio gut für sauberes Trinkwasser, hilft Bio Insekten zu überleben, fördert Bio die Biodiversität und heißt Bio mehr Tierwohl?
Oekolandbau.de: Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin zum Kauf von Bio-Lebensmitteln animiert werden?
Marcus Wewer: Ehrliche und authentische Antworten auf die Fragen der Zeit. Bio muss sauber bleiben, daher ist das Kontrollsystem von eminenter Bedeutung für die Glaubwürdigkeit des Öko-Landbaus und von Bio-Produkten.