Yasar Yazici, Geschäftsleiter bei lehmann natur, einem Importeur und Erzeuger von Bio-Obst und -Gemüse sowie Anbauer nach Permakultur-Richtlinien, steht der Redaktion Ökolandbau in zwei Fragen Rede und Antwort zu den aktuellen Marktentwicklungen.
Oekolandbau.de: Welche Produktgruppen sind stärker und welche schwächer von der momentanen Kaufzurückhaltung der Kundschaft betroffen?
Yasar Yazici: Wir als Lehmann Natur sind Spezialist für Bio-Obst und -Gemüse und können so auch nur über diese Produktgruppen sprechen. Wir haben es nicht nur mit den klassischen Krisenfolgen zu tun, die wir im Trockensortiment sehen. Für die Bio-Landwirtschaft im Bereich Obst – und Gemüse sind die negativen Implikationen des Klimawandels akut spürbar, zum Beispiel Trockenheit und Starkregen-Ereignisse. Die krisenbedingten Preiserhöhungen führten zudem zu erheblichen Marktstörungen, da die Verfügbarkeit von Waren eingeschränkt war. Preissteigerungen haben wiederum zu Kaufzurückhaltung beim Konsumenten geführt – sowohl bei Bio- als auch bei konventionellen Artikeln. Wir sehen durch diese negative Entwicklung eine zusätzliche Steigerung der Produktionskosten. Produktgruppen, bei denen die Produktionskosten nicht gestiegen sind, entwickeln sich stabil. Zudem sehen wir eine Kaufzurückhaltung im Bereich der Premium Bio-Produkte, beispielsweise bei Demeter-Ware. Hier spielt die Preisstellung eine wesentliche Rolle. In den letzten Wochen beobachten wir aber auch im Bereich Premium Bio einen Silberstreif am Horizont. Kundinnen und Kunden sind langsam wieder bereit, für hohe Qualität den entsprechenden Aufpreis zu zahlen. Nichtsdestotrotz entwickelt sich der Bio-Preiseinstiegsbereich wesentlich stärker als die Qualitätsware der Anbauverbände.
Oekolandbau.de: Welche Aktionen des Naturkostfachhandels in Zusammenarbeit mit seinen Liefernden könnten der Branche zu einem Aufschwung verhelfen?
Yasar Yazici: Wir müssen den Naturkostfachhandel im Gesamtbild des Lebensmitteleinzelhandels betrachten. Wenn wir nun sehen, dass im LEH Produkte in Aktionen bis zu 50 Prozent rabattiert werden, ist es der falsche Weg des Naturkostfachhandels sich mit Preiseinstieg-Bio dem klassischen LEH entgegenzustellen. Hier kann der Naturkostfachhandel nur verlieren.
Aus unserer Sicht sind gezielt geplante Belohnungsaktionen für die kaufkraftstarke Kundschaft des Naturkostfachhandels sinnvoll, da so bessere Erfolge für das Images des Naturkostfachhandels zu erwarten sind. Für die treue Premium-Bio-Kundschaft wäre es eine Belohnung, die hochpreisig gekauften Produkte einmal reduziert zu kaufen, beispielsweise eine Demeter-Banane.
Kreative Maßnahmen, die keine Preissenkungen erfordern und den Umsatz im Fachhandel steigern können, sind beispielsweise Aktionsangebote mit speziellen Größen oder die Kombination mit Gewinnspielen und parallele Unterstützung durch Social-Media-Marketing.
Warum sollten andere Mechanismen im Naturkostfachhandel gelten als im LEH? Natürlich herrscht im Naturkostfachhandel Exklusivität für Bio und die unserer Meinung nach wesentlich bessere Beratung für ökologische Produkte. Dieser Pluspunkt wiegt aber besonders stark, wenn der Preisunterschied zum LEH vernachlässigbar ist.