CO2-neutral, bienenfreundlich oder gar klimapositiv produziert – die Versprechen von Labels, Siegeln, Prüf- und Gütezeichen sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Einkauf das Gefühl geben, etwas Gutes zu tun. So steigt laut einer Studie von Splendid Research die Bereitschaft, für ein gelabeltes Produkt mehr Geld auszugeben, um vier Prozent. Auch die Kaufbereitschaft für ein Produkt mit Gütesiegel liegt um fünf Prozent höher als für dasselbe Produkt ohne Gütezeichen. Für Unternehmen also ein lukratives Geschäft: In der EU gibt es mehr als 230 Nachhaltigkeitslabel. Doch die freiwillige und privatwirtschaftliche Kennzeichnung hat ihre Lücken – im Gegensatz zur gesetzlichen Bio-Kennzeichnung. Sie garantiert, dass Bio-Produkte aus umweltschonender ökologischer Produktion stammen.
In vielen Fällen fehlt den Umweltaussagen zur Produktion eine fundierte wissenschaftliche Überprüfung. Bereits im Jahr 2020 hat die EU-Kommission die Verlässlichkeit dieser Aussagen geprüft (siehe Pressemitteilung "Verbraucherschutz: nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglichen und Greenwashing beenden").
Das Ergebnis:
- 53 Prozent der Aussagen sind vage, irreführend oder unbegründet.
- Für 40 Prozent der Aussagen wurden keine Belege gefunden.
Das Landgericht Karlsruhe hat im Juli 2023 entschieden, dass die Drogeriekette dm ihre Eigenmarke nicht mehr als "klimaneutral" oder "umweltneutral" bezeichnen darf. Dem Urteil zufolge könnten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehen, wie die behaupteten Kompensationszahlungen die Klima- bzw. Umweltbelastung neutralisieren sollen. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) (siehe Pressemittelung der DUH). Deren Geschäftsführer Jürgen Resch sprach von einem Meilenstein für den Verbraucherschutz.
EU plant Richtlinie gegen Greenwashing
Um dem sogenannten Greenwashing einen Riegel vorzuschieben und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen, hat die EU-Kommission im März 2023 einen Vorschlag für gemeinsame Kriterien gegen Greenwashing und irreführende Umweltaussagen vorgelegt. Demnach sollen Unternehmen bei Umweltaussagen zu ihren Produkten gesetzlich festgelegte Mindeststandards einhalten, diese mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegen und von akkreditierten Organisationen überprüfen lassen. Denn letztlich ist eine neutrale Produktion nicht möglich – Umweltauswirkungen gibt es immer. Diese zu reduzieren oder auszugleichen, muss transparent und fundiert kommuniziert werden.
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) begrüßt den neuen Entwurf der EU-Kommission und schlägt vor, dass ein an den planetaren Grenzen orientiertes Label, das die Vorteile einer extensiven Landwirtschaft berücksichtigt, wie zum Beispiel der Planet-Score, die Grundlage für eine EU-weit einheitliche Nachhaltigkeitskennzeichnung von Lebensmitteln wird.