Wie fördert der Handel die Artenvielfalt?

Was kann der Handel zur Förderung der Artenvielfalt beitragen?

Auch wenn der Lebensmitteleinzelhandel keine landwirtschaftlichen Produkte erzeugt, kann er einen wertvollen Beitrag zum Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt leisten. Welche Maßnahmen ergreift der Handel bereits, um die Artenvielfalt zu fördern und wie wird die Kundschaft im Markt darauf aufmerksam gemacht?

Die Artenvielfalt ist ein entscheidender Faktor für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten. Sie beeinflusst nicht nur die Gesundheit der Ökosysteme, sondern auch die Lebensgrundlage der Menschen. In den vergangenen Jahrzehnten ist jedoch die Artenvielfalt kontinuierlich zurückgegangen. Dabei gibt es Möglichkeiten, landwirtschaftliche Flächen so zu bewirtschaften, dass sie Lebensraum für wildlebende Tier- und Pflanzenarten bieten. Insbesondere der ökologische Landbau leistet einen hohen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt aufgrund vielfältiger Fruchtfolgen und des Verzichts auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und mineralische Stickstoffdünger.

Für die landwirtschaftlichen Betriebe kann die Umsetzung der Maßnahmen mit Ertrags- oder Qualitätseinbußen sowie Erschwernissen bei der Bewirtschaftung verbunden sein. Um die Vermarktungschancen der erzeugten Produkte zu verbessern und die Naturschutzmaßnahmen für die Betriebe ökonomisch tragbar zu machen, spielt der Handel als wichtiger Vermittler zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben und den Konsumentinnen und Konsumenten eine entscheidende Rolle beim Schutz der Artenvielfalt. Durch die Zusammenarbeit von landwirtschaftlichen Betrieben, Naturschutzverbänden und Handelsunternehmen können gezielte Maßnahmen dazu beitragen, die Artenvielfalt zu fördern.

"Landwirtschaft für Artenvielfalt": Kooperation aus EDEKA, WWF und Bio-Anbauverbänden

Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gibt es vermehrt Initiativen zur Förderung der heimischen Artenvielfalt und Biodiversität. So gibt es das Programm "Landwirtschaft für Artenvielfalt". Rolf Lange, Leiter der Unternehmenskommunikation der EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG, führt aus, wie genau das Programm umgesetzt wird.

Oekolandbau.de: Was zeichnet das Programm "Landwirtschaft für Artenvielfalt" aus?

Rolf Lange: Das Programm "Landwirtschaft für Artenvielfalt", kurz LfA, ist eine in dieser Form im deutschen Lebensmitteleinzelhandel einzigartige Kooperation zwischen EDEKA, dem WWF und Bio-Anbauverbänden wie Biopark, Demeter, Naturland und Bioland.

Ziel ist es, die Vielfalt wildlebender Tier- und Pflanzenarten in der deutschen Agrarlandschaft zu erhöhen und dem Rückgang der Artenvielfalt entgegenzuwirken – das geht nur zusammen mit der Landwirtschaft. Die teilnehmenden Bio-Betriebe setzen daher zusätzliche Naturschutzmaßnahmen um, um die Artenvielfalt auf ihren Flächen zu fördern. Bewertet werden die Maßnahmen nach ihrer Wirksamkeit für die Artenvielfalt. Naturschutzfachberatende stehen den Betrieben dabei mit Rat und Tat zur Seite. 

Die Produkterzeugnisse wie Fleischwaren, Mehl oder Apfelsaft aus dem Programm werden bei EDEKA vermarktet und tragen zur besseren Orientierung das Programmlogo. Darüber hinaus sind sie mit dem WWF-Logo gekennzeichnet. Mit dem Kauf dieser Produkte können unsere Kundinnen und Kunden also etwas Gutes für den Artenschutz tun und bei der nachhaltigen Entwicklung einer langfristig ökologischen Wertschöpfungskette helfen.

Oekolandbau.de: Wie wird das Logo "Landwirtschaft für Artenvielfalt" bei der Kundschaft aufgenommen? Wie ist die Resonanz?

Rolf Lange: Die Resonanz ist sehr positiv. Das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Relevanz des Erhalts der Artenvielfalt ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Mit den LfA-Produkten fördern wir die Sensibilisierung und das Bewusstsein der Kundschaft. Auf den Produkten verweisen wir mittels Links beziehungsweise QR-Codes auf mehr Informationen über das Programm und die entsprechenden Betriebe. So können Kundinnen und Kunden sehen, von welchen Betrieben ihr Produkt stammt und was diese Betriebe an Naturschutzmaßnahmen auf ihren Höfen umgesetzt haben.

Oekolandbau.de: Welche Erfolge konnte das Programm bisher aufweisen und soll es in nächster Zeit ausgeweitet werden?

Rolf Lange: Dank des mehrjährigen Monitorings lassen sich die Erfolge des LfA-Programms genau messen. Untersuchungen zeigten beispielweise, dass in ungemähten Wiesen und Weideflächen – eine unserer Maßnahmen – mehr als achtmal so viele Insekten, rund 20-mal so viele Schmetterlinge und sogar etwa 100-mal so viele Wildbienen wie auf gemähten Flächen gefunden wurden. In Kleingewässern auf Betrieben konnten jährlich bis zu neun Amphibienarten nachgewiesen werden – von 21 Amphibienarten, die es überhaupt in Deutschland gibt. Auf diese Ergebnisse sind wir sehr stolz, denn darunter befinden sich auch einige Arten, die gemäß der Roten Liste als gefährdet oder stark gefährdet gelten. Einen besonderen Erfolg unseres Programms stellt auch die im Jahr 2020 gegründete Initiative von Landwirtschaft für Artenvielfalt für den ökologischen Obstanbau dar. So stammen mittlerweile unsere heimischen EDEKA Eigenmarken Bio-Äpfel fast vollständig aus unserer LfA-Initiative. Darüber hinaus bieten wir seit 2023 auch erstmals Gemüse und Geflügel im Programm an. Perspektivisch wollen wir weitere Produkte ergänzen und das Sortiment stetig ausbauen.

ALDI und Naturland fördern zusammen die Artenvielfalt

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der Bio-Anbauverband Naturland. Er hat in Zusammenarbeit mit dem Discounter ALDI das Förderprogramm "Für mehr Artenvielfalt" ins Leben gerufen. Laut ALDI SÜD werden durch das Programm weitere Anreize für die Betriebe gesetzt: "Das Naturland-Förderprogramm zielt darauf ab, Landwirtinnen und Landwirte zu fördern, die Maßnahmen zur Stärkung der Artenvielfalt unternehmen." ALDI SÜD zahlt für jedes verkaufte Naturland-zertifizierte Produkt einen bestimmten Betrag in einen Fonds ein und unterstützt das Naturland Förderprogramm gemeinsam mit ALDI Nord als exklusiver Partner. Aktuell haben sich bereits rund 100 Naturland-Betriebe für das Programm angemeldet. Um das Programm und den Einsatz für mehr Artenvielfalt für die Kundschaft transparent zu machen, kennzeichnet ALDI SÜD alle Produkte, die unter die Naturland-Kooperation fallen, mit dem neuen Logo "Für mehr Artenvielfalt".

NABU und Rewe entwickelten das PRO Planet-Biodiversitätsprojekt

Da der konventionelle Anbau in Deutschland einen Großteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche ausmacht, sind Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt auch hier besonders wichtig. Die Initiative PRO Planet- Biodiversitätsprojekt wurde von der REWE Group und dem NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) ins Leben gerufen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Biodiversität im konventionellen Obst- und Gemüseanbau zu fördern und den Austausch zwischen Handel, Naturschutz und Landwirtschaft zu verbessern. Teilnehmende landwirtschaftliche Betriebe legen zur Förderung der Artenvielfalt Blühstreifen oder Nisthilfen an und bieten damit Insekten, wie Wildbienen Nahrungsangebote und Lebensräume. Obst- und Gemüsebetriebe profitieren direkt von diesen Maßnahmen, denn Wildbienen und Insekten fungieren beispielsweise als Bestäuber und tragen zum Erhalt der Ökosysteme bei. Zudem können die Landwirtinnen und Landwirte ihre Produkte mit dem PRO PLANET-Label für mehr Artenvielfalt in den REWE-Filialen anbieten.

Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie kennen weitere Initiativen des Lebensmitteleinzelhandels, die die Artenvielfalt fördern und stärken? Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail mit weiteren Informationen an info@oekolandbau.de.

Letzte Aktualisierung 22.05.2024

Nach oben
Nach oben